KMU: Strom vom Dach für das Elektroauto

Die Unternehmen investieren in erneuerbare Energien. Das grosse Geschäft ist damit zwar noch nicht zu machen. Dafür ist es gut für den Ruf des Betriebs.

Rainer Rickenbach
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Rolf Hunkeler, Chef der 1a Hunkeler (links), bei der Installation der Fotovoltaik-Anlage auf dem Firmensitz in Ebikon. (Bild: Nadia Schärli)

Rolf Hunkeler, Chef der 1a Hunkeler (links), bei der Installation der Fotovoltaik-Anlage auf dem Firmensitz in Ebikon. (Bild: Nadia Schärli)

Keinen Tropfen Öl braucht Trisa mehr, um täglich eine Million Zahnbürsten herzustellen. Denn seit Jahresbeginn sind brennende Holzschnitzel die wichtigste Energiequelle des Familienunternehmens. Die Stromrechnungen im Trienger Stammhaus fallen schon seit 1998 niedriger aus, seit dort eine Solarzellen-Anlage in Betrieb ist.

Das macht sich beim Betriebsaufwand mit eindrücklichen Zahlen bemerkbar: Mit der erneuerbaren Energie sinkt der gesamte Energieverbrauch um 1,25 Millionen Kilowattstunden Strom – was einem Durchschnittsverbrauch von 255 Einfamilienhäusern entspricht. Und die Ölhändler verlieren einen Kunden, der zuvor 120 000 Liter Heizöl pro Jahr bestellte. Fossiler Brennstoff spielt bei Trisa nur noch bei der Produktion von Kunststoffteilen eine Rolle. «Die Energiekosten sind zwar höher, aber auf lange Sicht sollte es sich nicht nur für die Umwelt, sondern auch ökonomisch auszahlen», ist Trisa-Chef Adrian Pfenniger überzeugt.

Aufbruchstimmung bei den KMU

Trisa ist ein Industriebetrieb, der sich mit seinen über tausend Mitarbeitenden nicht an KMU-Massstäben messen lässt. Doch auch immer mehr kleinere Betriebe kommen auf den Geschmack. «Wir stellen bei den KMU eine Aufbruchstimmung fest. Die Unternehmer erkennen, dass sie brach liegende Flächen wie Dächer oder Fassaden für die Energiegewinnung nutzen können», sagt Adrian Kottmann, Geschäftsführer von BE Netz. Die Ebikoner zählen zu den grössten Solaranlagen-Betreiber der Schweiz. Ihre 50 Mitarbeitenden entwickeln und installieren Anlagen für erneuerbaren Energien. Kottmann: «Die Hälfte unserer Kunden sind KMU.»

Der Holzbau- und Fensterbauer 1a Hunkeler gehört zu den Unternehmen, die momentan auf ein fortschrittliches Energieregime umstellen. Die neue Holzschnitzelheizung ist bereits in Betrieb. Diese Woche begannen die Monteure, eine Solarzellenanlage auf dem Betriebsdach zu installieren. Die ermöglicht einen internen Energiekreislauf. «Bald decken wir rund die Hälfte unseres Strombedarfs selber ab und laden die Elektrofahrzeuge mit unserem Solarstrom», sagt Rolf Hunkeler.

Selber nutzen und verkaufen

Die Haus- und Bautechniker der Arthur Weber AG in Seewen sparen mit ihrer grossen Solarzellenanlage jährlich etwa 28 000 Franken Stromkosten, weitere 12 000 Franken nehmen sie vom lokalen Elektrizitätswerk ein, in dessen Netz sie Strom einspeisen. Die Schwyzer müssen vorderhand ohne Subventionen auskommen, sie sind auf der Warteliste der «Kostendeckenden Vergütung für Solarstrom» (KEV). Das Alpnacher Handels- und Dienstleistungsunternehmen Credimex hingegen bezieht keinen Strom von seinem Dach, sie liefern ihn zu staatlich garantierten Preisen an das Elektrizitätswerk Obwalden. Das bringt jährlich einen Nettoertrag von 3000 bis 4000 Franken ein. Ähnlich verhält es sich beim Biscuits- und Backwaren-Bäcker Hug in Malters.

Viel investiert, wenig verdient

Den Investitonen von mehreren hunderttausend Franken stehen also Einnahmen und Einsparungen von mehreren zehntausend Franken gegenüber. Die KMU brauchen einen langen Atem, um ihren Geld-Einsatz in erneuerbare Energien abzuschreiben. «Aus rein finanziellen Überlegungen rechnet sich mit den aktuellen Öl- und Strompreisen eine Investition in die Solartechnik trotz den Einspeisevergütungen nicht», sagt denn auch Credimex-Inhaber Beat Imholz. Die andern befragten KMU-Chefs kommen zum gleichen Schluss. «Bei Neueinrichtungen können Lösungen mit erneuerbaren Energien auch aus Kostengründen interessant sein. Die Umrüstung von herkömmlichen Systemen wird hingegen oft zu teuer», sagt Fritz M. Steiner vom Familienunternehmen Hug.

Trotzdem sind sich die KMU-Partons sicher, dass Solarzellen auf dem Dach und Holzwärme unter dem Dach gut investiertes Geld sind. Imholz: «Nebst dem Nutzen für die Umwelt sind die Anlagen gut für das Image.» Credimex informiert die Besucher im Empfangsbereich auf einem Bildschirm über den Stand der Stromproduktion im eigenen Haus. Das ist auch beim Familienunternehmen Hug so. Fritz Steiner von Hug, Rolf Hunkeler von 1 a Hunkeler und Kuno Reichmuth, stellvertretender Geschäftsleiter bei der Arthur Weber AG, betonen: Erneuerbare Energien passen zu ihren Firmenkulturen. Adrian Pfenniger von der Trisa ist gar der Meinung, der Imagegewinn zahle sich indirekt schon heute in Franken und Rappen aus: «Unsere Kunden wissen umweltgerechtes Verhalten zu schätzen. Es kann so betrachtet auch einen Wettbewerbsvorteil darstellen.»

Auf jedem Dach eine Anlage

Bei der BE Netz ist man überzeugt: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Einnahmen aus dem Solarstrom die KMU-Kassen klingeln lassen. «In zwanzig Jahren steht auf jedem Dach eine Solaranlage – und zwar, weil es wirtschaftlich ist. Die Betriebe werden in der Lage sein, den Stromverkauf als Nebengeschäft zu betreiben», sagt Geschäftsführer Adrian Kottmann. Denn die Anlagen würden immer effizienter und der Strom im Vorfeld des Atomenergie-Ausstiegs vermutlich stets teurer. Trotz des rasanten technologischen Fortschrittes lohne es sich für die Unternehmen durchaus, bereits heute Geld für umweltschonende Energiequellen locker zu machen.

Den Behörden stellt Kottmann ein gutes Zeugnis aus, was die Baubewilligungen angeht. Diese Einschätzung deckt sich mit den Erfahrungen der von unserer Zeitung befragten Betriebe. «Für Solaranlagen etwa braucht es seit diesem Jahr sogar keine Baubewilligungen mehr», so Kottmann. Mehr Mut wünscht er sich indes von den Kreditgebern. «Wir stellen fest, wie einige Banken die neuen Technologien bloss sehr zurückhaltend unterstützen. Von ihnen wünsche ich mir mehr Engagement», sagt Kottmann.

So viel Geld investieren regionale Unternehmen

INVESTITIONEN rr. Etwas mehr als ein Fünftel der verbrauchten Energie stammten 2012 in der Schweiz aus erneuerbaren Quellen (Grafik). Das sind rund fünf Prozent mehr als drei Jahre zuvor. Bei den Wirtschaftsverbänden schätzt man, dass Industrie und Gewerbe etwa einen gleich hohen Anteil ausweisen.

Solarenergie und Fernwärme
Längst nicht alle, aber doch zahlreiche Firmen in der Region rund um den Vierwaldstättersee investierten in erneuerbare Energien. «Ich schätze, dass jeder dritte KMU sich zumindest Gedanken darüber macht, wie er erneuerbare Energie nutzen kann», sagt Adrian Kottmann, Geschäftsführer von BE Netz. Die Ebikoner zählen zu den bedeutendsten Solaranlagen-Betreiber der Schweiz. Detaillierte statistische Zahlen gibt es nicht. Unsere Auswahl steht stellvertretend für die zahlreichen KMU und Industriebetriebe, die auf neue Energieformen setzen.

Trisa: Die Trienger Bürsten-Hersteller investierten 4 Millionen in eine Holzschnitzelfeuerung im Wärmeverbund. Mit ihrer Fotovoltaikanlage sparen sie zudem Stromkosten für jährlich 135 000 Kilowattstunden. Die Lüftung kommt nun mit mehr als einem Drittel weniger Energie aus.

1a Hunkeler: Der Ebikoner Holzbau- und Fensterspezialist investiert über 1 Million Franken in eine neue Holzschnitzelheizung und eine Dachsanierung mit Fotovoltaik-Anlage. Die Heizung mit Staubfilter ist in Betrieb. Die Fotovoltaik-Anlage geht im Mai ans Stromnetz. Sie erstreckt sich über 1285 Quadratmeter und produziert jährlich 150 000 Kilowattstunden Strom, was dem Stromkonsum von 35 Durchschnittshaushalten entspricht.

Hug: Die Biscuits- und Dauerbackwaren-Bäcker in Malters investierten über 300 000 Franken in eine Solarstrom-Anlage, diverse Abwärmenutzungen und eine Umgebungsgestaltung, in der möglichst viel Regenwasser versickern kann.

Arthur Weber AG: Die Haus- und Bautechniker in Seewen gaben vor drei Jahren 800 000 Franken für eine 2015 Quadratmeter grosse Solarzellenanlage aus. Sie produziert 330 000 bis 360 000 Kilowattstunden Strom im Jahr. Knapp drei Viertel nutzt das Unternehmen selber und spart so Stromkosten in der Höhe von jährlich 28 000 Franken. Den restlichen Strom liefert die Firma an das Elektrizitätswerk des Bezirks Schwyz, das bringt im Jahr zirka 12 000 Franken ein.

Credimex: Die Alpnacher Handels- und Dienstleistungsfirma liess letztes Jahr eine Fotovoltaik-Anlage auf ihrem Neubau installieren. Kosten: 120 000 Franken. Den Solarstrom liefert sie an das Elektrizitätswerk Obwalden. Das Gebäude wird über eine Holzschnitzel-Fernwärmeanlage geheizt.

Rolf Hunkeler, Chef der 1a Hunkeler (links), bei der Installation der Fotovoltaik-Anlage auf dem Firmensitz in Ebikon. (Bild: Nadia Schärli / Neue LZ)

Rolf Hunkeler, Chef der 1a Hunkeler (links), bei der Installation der Fotovoltaik-Anlage auf dem Firmensitz in Ebikon. (Bild: Nadia Schärli / Neue LZ)