Detailhandel
Konsumentenschützer erstatten wegen Pferdefleisch-Skandal Anzeige

Die Allianz der Schweizer Konsumentenschutz-Organisationen erstattet im Pferdefleischskandal Anzeige gegen Unbekannt - wegen unlauterem Wettbewerb. Auf diese Weise sollen die Behörden die Möglichkeit erhalten, ihre Untersuchungen auszudehnen.

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Aus nationaler Bedeutung habe man am Mittwoch eine Anzeige beim Kanton Bern eingereicht, sagte Sara Stalder, Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS), gegenüber der Nachrichtenagentur sda. "Sie richtet sich absichtlich nicht gegen einen einzelnen Anbieter."

Zwar seien zahlreiche Unternehmen - auf Ebene der Produktion, des Transports oder des Verkaufs - beschuldigt worden, doch die Verantwortlichkeiten blieben indes unklar. Es gelte die Untersuchung zu beschleunigen und aus Fehlern entsprechende Lehren zu ziehen. Klar sei, dass die Bussen verschärft werden müssten.

Kanton Waadt erwägt Strafklage

Eine Strafklage in Aussicht gestellt hat letzte Woche auch der Waadtländer Kantonschemiker Bernard Klein. Ein allfälliger Gang vor die Justiz wäre Sache der Kantonschemiker jener Kantone, wo die betroffenen Firmen ihren Sitz haben.

Gegen Ende Woche werden die Untersuchungsergebnisse aus mehreren Kantonen erwartet. Davon hänge ab, ob man rechtlich vorgehen werde, sagte Christian Richard, Stellvertretender Kantonschemiker des Kantons Waadt, auf Anfrage der sda.

Die Konsumentenschützer ihrerseits fordern, dass die Kantone bei den Lebensmittelkontrollen koordinierter vorgehen. "Es geht nicht an, dass sie im Extremfall alle die gleiche Lasagne prüfen, aber andere Produkte ausser Acht lassen", sagte Stalder. Aus ihrer Sicht braucht es mehr Vorgaben vom Bund.

Stalder begrüsst zwar die für 2014 geplante Zusammenlegung der Lebensmittelsicherheit und des Veterinärwesens in einem neuen Bundesamt. Mit den verbesserten kantonalen Kontrollen hätte diese allerdings nur am Rand zu tun, da die Kantone über die finanziellen Ressourcen der Labors entscheiden.

Öffentlichkeit umfassend informieren

Mit der Anzeige soll auch der Druck auf die Behörden erhöht werden, die Öffentlichkeit umfassend über die Untersuchungsergebnisse zu informieren. Stalder befürchtet, dass die im Lebensmittelgesetz verankerte Schweigepflicht dies verhindern könnte. "Sofern Anbieter nicht von sich aus an die Öffentlichkeit treten, sind den Behörden die Hände gebunden."

Ob Resultate der Lebensmittelkontrollen veröffentlicht werden sollen, war in der Vernehmlassung zur Änderung des Lebensmittelgesetz sehr umstritten. Die Gastrobranche und der Detailhandel befürchten, dass Betriebe wegen kleiner Beanstandungen im Internet blossgestellt werden könnten.

In Parlament zeichnet sich hitzige Debatte ab

Das Parlament wird in der Frühlingssession, die nächste Woche beginnt, über die Revision debattieren. Angesichts der Vorfälle in den vergangenen Wochen dürfte sich eine hitzige Debatte abzeichnen.

Die Gesetzesänderungen dienen dazu, Schweizer Recht mit dem europäischen in Einklang zu bringen. So soll das Bewilligungsverfahren für Lebensmittel vereinfacht werden. Zudem könnte die Schweiz am Schnellwarnsystem der EU für Lebensmittel- und Produktesicherheit teilnehmen.

Aus Sicht von Stalder ist das neue Gesetz grundsätzlich eine "gute Sache". Wesentliche Punkte würden dadurch neu oder auf Gesetzesstufe und nicht wie bisher nur in einer Verordnung geregelt.

Ein Dorn im Auge ist Stalder hingegen die geplante Ausnahmeregelung bei der Deklarationspflicht von stark verarbeitenden Lebensmittel. "Das ist der falsche Weg." Die Konsumentenschützerin zeigt sich allerdings zuversichtlich: Politisch finde - auch dank des Pferdefleischskandals - langsam ein Umdenken statt.