Der öffentliche Druck auf Firmen zeigt Wirkung: Hunderte haben den russischen Markt bereits verlassen und entziehen dem Staat damit Einnahmen. Die Politik hingegen ist weiterhin halbherzig unterwegs.
Einen so schnellen Abzug von Unternehmen aus einem Land wie gerade jetzt aus Russland gab es noch nie. Auch Schweizer Firmen haben ihre Banden gekappt. Nach massivem Druck gab Nestlé am Mittwoch den Teilrückzug bekannt. Nur wenige eiern noch herum – etwa die Credit Suisse, die sowieso keine Gelegenheit auslässt, ihren schlechten Ruf zu festigen.
Die Politik hingegen zaudert. Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck betont bei jeder Gelegenheit, dass sein Land nicht ohne russisches Gas und Öl kann. Das gilt auch für die Schweiz. In normalen Zeiten überweisen wir etwa zwei Millionen Franken pro Tag für russisches Gas. Obwohl Putin seit acht Jahren Krieg in der Ukraine führt und zuvor grausame Feldzüge in Tschetschenien und Syrien lancierte, macht es mittlerweile fast die Hälfte unserer Importe aus.
Gebraucht wird das Gas vor allem fürs Wohnen. Für die wertschöpfungsintensiven Branchen unserer Wirtschaft ist es unbedeutend. Wo bleibt also das milliardenschwere Sanierungsprogramm für Heizungen, das grosse Reformpaket für den Abbau bürokratischer Hürden beim Heizungsersatz?
Ein solcher Kraftakt ist nicht in Sicht. Stattdessen betreibt der Bundesrat Pflästerlipolitik: Ueli Maurer bittet in Katar um Flüssiggas, Simonetta Sommaruga um Aufnahme ins Gas-Solidaritätssystem der EU. Das reicht nicht. Die Frist für die Unabhängigkeit von russischem Gas ist schon längst vorbei. Nicht länger die Firmen, sondern unsere warmen Wohnungen finanzieren diesen Krieg mit.