Öffentlicher Verkehr
Massenrücktritt aus SBB-Verwaltungsrat - Kritik an unkoordiniertem Vorgehen

Bei den SBB treten gleich fünf von neun Verwaltungsräte innerhalb eines Jahres zurück. Experten kritisieren das unkoordinierte Verhalten. Nun muss ein Nachfolger für Verwaltungsratspräsident Ulrich Gygi gefunden werden - Favoritin ist eine Frau.

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SBB-Zug bei der Ankunft im Zürcher Hauptbahnhof (Symbolbild)

SBB-Zug bei der Ankunft im Zürcher Hauptbahnhof (Symbolbild)

Keystone

So etwas gab es in einem grossen Schweizer Unternehmen zuletzt wohl bei der Swissair 2001, als auf einen Schlag fünf Verwaltungsräte zurücktraten. Die Swissair steckte damals im Überlebenskampf.

Bei den SBB herrscht eigentlich Courant normal, und trotzdem treten laut „Schweiz am Sonntag“ innerhalb eines Jahres fünf von neun Verwaltungsräten zurück, darunter VR-Präsident Ulrich Gygi. Ein Verwaltungsrat, Andreas Hunziker, geht schon kommenden Mai. Die anderen vier – nebst Gygi sind dies Conrad Löffel, Hans-Jürg Spillmann und Andrea Hämmerle – in einem Jahr.

«Das ist keine optimale Planung. Normalerweise erneuert man den Verwaltungsrat gestaffelt», kritisiert Headhunter und Corporate-Governance-Experte Björn Johansson. «Ein Verwaltungsrat sollte, wenn keine Krisensituation besteht, Kontinuität gewährleisten.»

Auch in Bundesbern ist man irritiert. SVP-Nationalrat Ulrich Giezendanner, Mitglied der Verkehrskommission, sagt zum Massenrücktritt: «Das ist nicht professionell. Dazu werde ich dem Bundesrat Fragen stellen.» Es ist der Bundesrat, der die SBB-Verwaltungsräte wählt.

Ulrich Gygi bestätigt die Rücktritte. Grund dafür seien die Altersbeschränkung (70 Jahre), aber auch persönliche Überlegungen. Nicht äussern will er sich gegenüber der «Schweiz am Sonntag» zur Frage, ob die bisherige Vizepräsidentin Monika Ribar ihm als Präsidentin nachfolgen werde.

SBB-intern sieht man sie in der Favoritenrolle für den Posten, er mit fast 300'000 Franken pro Jahr entschädigt wird. Sicher ist laut Gygi aber, dass eine dritte Frau in den Verwaltungsrat einziehen soll, wie es die neue Frauenquote (30 Prozent) verlangt.