MEHRWERTSTEUER: EWL-Internetkunden gehen leer aus

Die Mehrwertsteuer sinkt nächstes Jahr um 3 Zehntelprozente. Davon haben die Internetabonnenten bei der EWL nichts. Die Strompreise indes werden leicht sinken.

Rainer Rickenbach
Drucken
Für EWL-Internetkunden gibt es nächstes Jahr keine Preissenkung. (Bild: Christof Schürpf/Keystone (Luzern, 17. September 2015))

Für EWL-Internetkunden gibt es nächstes Jahr keine Preissenkung. (Bild: Christof Schürpf/Keystone (Luzern, 17. September 2015))

Rainer Rickenbach

Die Internetkunden der Luzerner EWL erhielten vor wenigen Tagen Post. Das Energieversorgungsunternehmen teilte ihnen mit, am Preis ihres Internetabos im kommenden Jahr festzuhalten. Was auf den ersten Blick als gute Nachricht erscheint, entpuppt sich auf den zweiten als mässig erfreuliche Ankündigung.

Denn 2018 sinkt der Mehrwertsteuer-Normalsatz von 8 auf 7,7 Prozent. Das heisst: Dienstleister wie die EWL und die Detailhändler müssen 0,3 Prozent weniger von ihren Einnahmen an die Steuerkassen abliefern. Davon müssten eigentlich die Konsumenten profitieren.

EWL-Kunde wirft rechtliche Frage auf

Der Rechtsanwalt und Luzerner Hochschuldozent Ueli Grüter ist einer der Internetkunden der EWL. Er ist der Meinung, sein Internetanbieter begebe sich auf rechtlich heikles Terrain, wenn er die 0,3 Mehrwertsteuer-Prozente für sich einstreiche. Denn das komme einer Preiserhöhung ohne Vertragsänderung gleich. «Die Kunden sollten über einen Preisanstieg informiert werden und die Möglichkeit haben, den Vertrag ordentlich zu künden. Erst wenn sie das nicht tun, kann der Anbieter davon ausgehen, dass die Kunden die Preiserhöhung hinnehmen», sagt Grüter. Im Internetblog «Juristenfutter» (gsplaw.ch/blog) begründet er seine Sicht der Dinge ausführlich. Die Mehrwertsteuersenkung würde sein Internetabo von monatlich 70 Franken um gerade mal 20 Rappen vergünstigen. «Das ist ein sehr kleiner Betrag, um den geht es mir nicht. Ich werfe die rechtliche Frage auf, ob die EWL so verfahren kann», sagt Grüter. An Brisanz gewinne sie, weil es sich beim Energieversorgungsunternehmen um einen staatsnahen Betrieb handle.

Bei der EWL entgegnet man, es handle sich beim Internetabo um einen Pauschalbetrag. «Die Mehrwertsteuer ist dabei inbegriffen und wird nicht separat in Rechnung gestellt. Darum ändert die Steuersenkung nichts am Abo-Preis», sagt EWL-Sprecherin Nicole Reisinger. Zudem baue das Unternehmen seine Internet-Dienstleistung aus, ohne den Endpreis dafür zu erhöhen. Neu bietet es täglich rund um die Uhr einen Support-Dienst an. Die total 4000 Franken, die die EWL nächstes Jahr weniger an die Steuerkasse abzuliefern hat, fliessen in diesen Service-Ausbau.

Beim Strom gibt die EWL tiefere Steuer weiter

Beim wichtigsten Produkt der EWL, dem Strom, werden die Preise hingegen leicht sinken. «Anders als im Internetgeschäft hat die EWL beim Strom eine marktbeherrschende Stellung in ihrem Einzugsgebiet und weist die Mehrwertsteuer in den Rechnungen auch separat aus», erläutert Reisinger. Auch die CKW geben die 0,3 Mehrwertsteuerprozente an ihre Kunden weiter.

Ob Grüters rechtliche Einwände stichhaltig sind, wird sich weisen. Politisch ist der Fall klar: Die Bundesversammlung stellte die Weichen für tiefere Mehrwertsteuern mit der Absicht, die Konsumenten der Hochpreisinsel Schweiz profitieren zu lassen. Das bekam zum Beispiel kürzlich der Verband öffentlicher Verkehr zu spüren. Er empfahl seinen Mitgliedern zuerst, stillschweigend im kommenden Jahr die gleichen Preise zu erheben. Das hätte den dem Verband angeschlossenen 127 Transportunternehmen immerhin 20 Millionen Franken Mehreinnahmen beschert, die sie nicht für die Steuerkasse abzuzweigen bräuchten. Erst auf Druck der Konsumentenschutzorganisationen und des Preisüberwachers lenkte der Verband schliesslich ein: Die 0,3 Mehrwertsteuerprozente kommen nun doch den Bus- und Zugpassagieren zugute. Dem Verband gehören unter anderem die Zugerland Verkehrsbetriebe, die Verkehrsbetriebe Luzern und die SBB an.

Darum sinkt die Mehrwertsteuer

Die Mehrwertsteuer sinkt 2018, weil die Zusatzfinanzierung der Invalidenversicherung (IV) Ende Jahr ausläuft. Zur finanziellen ­Sanierung dieser Versicherung flossen in den zurückliegenden acht Jahren 0,4 Mehrwertsteuerprozente in ihre Kasse. Eigentlich sollten sie mit der Rentenreform der AHV zugeführt werden, doch die Stimmberechtigten hatten im Herbst die Reform abgelehnt. 0,1 Prozent kassiert nun der Bund weiterhin und steckt sie in den Ausbau der Bahninfrastruktur. 0,3 Prozent kommen den Konsumenten zugute: Der Mehrwertsteuer-Normalsatz sinkt im kommenden Jahr von 8 auf 7,7 Prozent. Verschiedene Detaillisten wie Denner, Aldi, Lidl, Migros und Coop werben bereits damit, ihre Kunden bei verschiedensten Produkten an der tieferen Steuerbelastung teilhaben zu lassen. Grosse Preisstürze dürften bei 3 Zehntelprozenten freilich ausbleiben.