Die Umsetzung der Minder-Initiative erhöht die Anforderungen an börsenkotierte Unternehmen. Viele kleinere Schweizer Firmen ziehen sich deswegen von der Börse zurück.
Die Berner-Oberland-Bahnen (BOB) lassen sich bei der Berner Börse dekotieren. Das wurde am Freitag bekannt. Der Grund: Mit der Annahme der Minder-Initiative sind die Anforderungen an kotierte Gesellschaften stark angestiegen. «Die erforderliche Umstellung ist mit personellem Aufwand und Kosten verbunden, die in keinem Verhältnis zu unserer Unternehmensgrösse stehen», so eine Sprecherin auf Anfrage.
Gleichzeitig sei das Handelsvolumen sehr gering, weshalb der Verwaltungsrat der BOB entschieden habe, die Aktien per 31. Dezember 2013 zu dekotieren und nur noch über die Nebenwerteplattform OTC-X der Berner Kantonalbank zu handeln.
Vier Firmen werfen das Handtuch
Die BOB sind mit ihrem Börsenabschied nicht alleine. Ähnlich tönt es bei der Bahngesellschaft BLS. «Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass eine Börsenkotierung weder dem Unternehmen noch unseren Aktionären einen Mehrwert bringt. Zudem würde die Umsetzung der Minder-Initiative zu steigenden finanziellen und personellen Aufwendungen führen», so eine BLS-Sprecherin gegenüber der «Nordwestschweiz». Auch die BLS zieht sich deshalb von der Berner Börse zurück.
«Wir hatten in diesem Jahr schon vier Unternehmen, die die Minder-Initiative als einen der Dekotierungsgründe erwähnten», sagt Luca Schenk, Geschäftsführer der Berner Börse BX Berne eXchange. Dabei handelt es sich um Swisstech Invest, die Gondelbahnen Grindelwald-Männlichen, die BLS und die Berner-Oberland-Bahn. «Ich kann nicht ausschliessen, dass andere Unternehmen folgen werden», sagt Schenk.
An der Berner Börse sind kleinere Nebenwerte kotiert, sie kennt aber die gleichen Transparenzvorschriften wie die grosse Schwester SIX Swiss Exchange in Zürich. Der Geschäftsführer ärgert sich über die Abgänge auf seinem Kurstableau. «Die Minder-Initiative ist bestimmt gut für grosse Unternehmen. Kleinere Unternehmen haben vor den strengen Anforderungen und strafrechtlichen Konsequenzen grossen Respekt», so Schenk.
BX hat sich deshalb bei der Vernehmlassung zur Umsetzung der Minder-Initiative beim Bundesamt für Justiz dafür eingesetzt, dass kleinere Unternehmen Erleichterungen respektive mehr Zeit bei der Umsetzung erhalten. Es sei kontraproduktiv, Schweizer KMU den Zugang zum Kapitalmarkt zu erschweren. «Die kleineren Unternehmen leiden nun wegen der Lohnexzesse der gross kapitalisierten Firmen, gegen die die Minder-Initiative gerichtet ist», so Schenk. Die Initiative greife damit bei den falschen Unternehmen. Bei der SIX ist es dagegen wegen Minder in diesem Jahr bisher zu keinen Dekotierungen gekommen.