Seit Corona sind Sharing-Plattformen hoch im Kurs. Eine ist besonders gefragt: Die Miet- und Vermietplattform Sharely zählt bereits über 40'000 Nutzerinnen und Nutzer. Das Bedürfnis nach Besitz wird in der Schweiz aber trotzdem hoch bleiben.
Eine Festbank, ein Hochdruckreiniger oder eine Kameraausrüstung: Es gibt etliche Dinge, die man maximal einmal im Jahr braucht. Wer sich diese leiht statt selber kauft, fährt deshalb meist günstiger und nachhaltiger. Dieses Kundenbedürfnis wird in der Schweiz von einer wachsenden Anzahl an Sharing-Plattformen bedient. Seit der Coronapandemie, in der sich die Leute vermehrt handwerklichen Projekten widmen oder neue Sachen ausprobieren, haben sie enormen Auftrieb erhalten.
Eine wird in Foren und auf Nachhaltigkeitswebsites besonders häufig genannt: Die Plattform Sharely, über die sich Alltagsgegenstände für wenige Franken pro Tag mieten und vermieten lassen. Zum Beispiel ein Rasenmäher für 10 Franken, ein E-Bike für 15 Franken oder ein Autoanhänger für 35 Franken.
Vor sieben Jahren gegründet erfreut sich Sharely inzwischen an einer Community von 40'000 Personen – und diversen Auszeichnungen, wie dem Publikumspreis 2019 in der TV-Show «Höhle der Löwen Schweiz», in welcher Startups um Investoren buhlen.
Mit Lucie Rein stiess jüngst eine in der Nachhaltigkeitsszene bekannte Persönlichkeit zum Unternehmen. 30-jährig, aufgewachsen in Frankreich, wohnhaft in Zürich und mit einem ansteckenden Enthusiasmus ist Lucie Rein Mitgründerin und ehemalige Chefin der Plattform «Too good to go Schweiz», die sich gegen Food Waste einsetzt. Als Chefin von Sharely sagt sie jetzt der Ressourcenverschwendung und dem Überkonsum den Kampf an.
Ihre Ziele sind hochgesteckt. Bislang werden auf der Plattform lediglich Privatpersonen zusammengebracht. Doch Lucie Rein will mehr: Analog zum Konzept von «Too good to go», bei dem Händler und Konsumenten über eine App verbunden und kurz vor Ablauf stehende Lebensmittel vergünstigt angeboten werden, will sie den Schweizer Handel für die Idee von Sharely gewinnen.
Dazu ist das Unternehmen mit der Migros eine Partnerschaft eingegangen: Vier «Do it + Garden»-Filialen der Genossenschaft Zürich bieten ausgewählte Objekte über Sharely zum Mieten an. Gespräche mit weiteren potenziellen Partnern im Bereich Elektronik, Sport und Freizeit sowie Heim und Garten seien weit fortgeschritten.
«Wir wollen Läden dazu befähigen, über uns ein Mietgeschäft aufzubauen und so die Kreislaufwirtschaft anzukurbeln», sagt Lucie Rein. Doch wie soll das gehen? Während Sharely unnötige Käufe vermeiden und die Umweltbelastung senken will, sind Händler in erster Linie an Absatzzahlen interessiert, wenn auch zunehmend auf eine nachhaltige Art und Weise. Rein sieht darin keinen Widerspruch:
«Objekte zu vermieten, die eine tiefe Marge haben oder letztlich sogar vernichtet würden wie Retouren oder Ausstellungsstücke, lohnt sich auch für die Händler. Die Zusammenarbeit mit uns ist für sie eine zusätzliche Einnahmequelle und stösst auf grosses Interesse.»
Fakt ist, dass Händler und andere Unternehmen tatsächlich zusehends Anstrengungen in Richtung Kreislaufwirtschaft unternehmen. Man denke etwa an recycelte PET-Flaschen, Mehrweggeschirr, Projekte zum Recycling von Textilien, Möbel-Abos oder den Car-Sharing-Trend. Sharely trifft mit seinem Konzept den Zeitgeist und wird nach Aussagen von Lucie Rein demnächst mit einer weiteren Investitionsrunde belohnt.
Fakt ist aber auch, dass die Sharing Economy im Heimbereich noch immer eher ein Nischenthema ist. So greifen Leute in der Schweiz bei Gegenständen, die sie nur vereinzelt brauchen, zwar vermehrt auf Sharing-Portale wie Sharely zurück. Gleichzeitig scheint das Bedürfnis nach Besitz und einem hübschen Hausrat aber unverändert.
Einen Anhaltspunkt dafür bietet die Hausratversicherung, die ein breiter Teil der Bevölkerung abgeschlossen hat: Trotz Nachhaltigkeitstrend ist die Versicherungssumme in den letzten Jahren nicht geschrumpft, heisst es bei den Versicherungen Zurich, Axa und Mobiliar auf Anfrage. Auch seit der Pandemie stellen sie keine spürbare Veränderung fest.
«Viele Schweizerinnen und Schweizer besitzen ihre Hausrat-Objekte nach wie vor gerne selber», sagt eine Axa-Sprecherin. Dies liege einerseits an den deutlich tieferen Kosten im Vergleich etwa zu Fahrzeugen, die öfter geteilt oder gemietet würden. Andererseits funktioniere bei Rasenmähern, Werkzeugen und ähnlichen Objekten auch die Unterstützung unter Nachbarn und Bekannten sehr gut.
«Es ist deshalb nicht nötig, diese Gebrauchsgegenstände über Plattformen wie Sharely zu mieten.» Trotzdem glaubt Axa, dass das Thema Sharing ein grosses Zukunftspotenzial aufweist, verortet dieses aber eher in den Bereichen Mobilität und Immobilien (etwa Airbnb).
Es gibt in der Schweiz mehrere Sharing-Plattformen. Neben Sharely lassen sich Alltagsgegenstände auch über Leihbar mieten (aber nicht vermieten). Leihbar wurde in Bern von der Stiftung für Konsumentenschutz eröffnet und funktioniert über ein Abo.
Dann gibt es die Webseite pumpipumpe.ch zum Leihen von Dingen in der Nachbarschaft. Zahlreich sind zudem Onlineportale, über die man Fahrzeuge teilen kann: Ubeeqo ist ein Marktplatz zum Mieten und Vermieten von Privatautos, Blablacar, E-Carpooling und Idosh vermitteln Fahrgemeinschaften.
Dann gibt es natürlich noch Mobility, das grösste Carsharing-Unternehmen der Schweiz. Schliesslich lassen sich über My Camper Wohnmobile, Wohnwagen und Camper von Privaten mieten.