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Wirtschaft
Thomas Jordan verteidigt die Politik der Schweizer Nationalbank. «Wir intervenieren nie im Devisenmarkt um einen Wettbewerbsvorteil für die Schweiz zu erlangen», sagt er.
Das amerikanische Schatzamt hat die Schweiz in dem am Mittwoch veröffentlichten halbjährlichen Bericht über die Wirtschafts- und Währungspolitik wichtiger Handelspartner auf die Liste der zu beobachtenden «Währungsmanipulatoren» gesetzt.
Dort stehen neben China und neuerdings auch Vietnam neun weitere Länder. Auf die Liste kommen Länder, die erstens mit den USA einen hohen Handelsbilanzüberschuss aufweisen, zweitens im wirtschaftlichen Austausch mit der Welt mehr einnehmen als ausgeben (Leistungsbilanzüberschuss) und drittens eine Wechselkurspolitik mi umfangreichen Interventionen am Devisenmarkt betreiben.
Die Schweiz ist das einzige kleine westliche Land, das auf dieser Liste auftaucht und dies nicht zum ersten Mal. Die zweifelhafte Ehrung kommt auch diesmal nicht überraschend. Im ersten Halbjahr hatte die Nationalbank mehr als 90 Milliarden Franken ausgegeben, um Dollars, Euros und andere ausländische Währungen zu kaufen. Auf diese Weise konnte das Noteninstitut eine stärkere Aufwertung des Frankens verhindern.
Genau das ist nun das Problem. Ein zentrales Kriterium zur Identifizierung von Währungsmanipulatoren ist das Ausmass der Devisenkäufe, mit deren Hilfe der Aussenwert der eigenen Währung tief gehalten wird. Eine Notenbank kann diese Devisenmarktinterventionen gezielt betreiben, um den Unternehmen im eigenen Land auf unfaire Weise einen Wettbewerbsvorteil im Export zu verschaffen.
Diesen Vorwurf wies Nationalbank-Chef Thomas Jordan auf einer Telefonkonferenz am Donnerstag zur letzten geldpolitischen Lagebeurteilung im laufenden Jahr aber vehement zurück. «Wir machen Devisenmarktinterventionen nur im Ausmass, das nötig ist, um die Preisstabilität zu erreichen und nie, um einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen», entgegnete der oberste Frankenhüter den fragenden Journalisten mehrfach in verschiedenen Formulierungen.
In der Tat hat sich der Franken in den vergangenen Jahren im Vergleich zum Euro und zum Dollar konstant aufgewertet, wie Jordan betonte. Gleichzeitig sind die Inflationsraten in der Schweiz seit Jahren deutlich tiefer als in allen anderen westlichen Industrieländern und oft negativ. Auch im laufenden Jahr erwartet die SNB eine negative Teuerung von -0,7 Prozent, im kommenden Jahr von 0 Prozent und erst 2022 sollte es wieder zu einem Anstieg des generellen Preisniveaus kommen. «So sieht kein Bild eines Währungsmanipulators aus», sagte Jordan.
Dennoch wird der der Nationalbank-Chef nicht darum herumkommen, bei den Amerikanern einmal mehr um Verständnis für die besondere Situation der Schweiz zu werben. Der Franken als Fluchtwährung, die lange Geschichte der Schweizer Direktinvestitionen im Ausland, die einen ständigen Ertragsbilanzüberschuss generieren, der kleine inländische Kapitalmarkt, der keine umfangreichen Anleihenkaufprogramme zulasse, wie sie die Notenbanken in den USA und in Europa betreiben, die begrenzten Möglichkeiten der Fiskalpolitik zur Steuerung der Schweizer Wirtschaft – all das wird Jordan bald wieder in Gesprächen mit dem amerikanischen Schatzamt vorbringen müssen, um zu verhindern, dass es nicht doch noch einmal zu Sanktionen kommt.
Diese werden in den USA immer wieder in die Diskussion gebracht. «Die Kommunikation ist nicht einfach» räumte Jordan unumwunden ein. «Die Schweiz befindet sich in einer speziellen Situation, die man immer wieder gut erklären muss.»