Europäische und amerikanische Konsumenten bescheren dem Konzern einen unverhofften Umsatzboom.
«Wir haben unsere Widerstandskraft in der Krise unter Beweis gestellt», sagte Nestlé-Chef Mark Schneider am Freitag in einem Webcast zum Geschäftsverlauf im ersten Quartal des Jahres. Ob der Deutsche diese Behauptung in den kommenden Quartalen bestätigen kann, bleibt abzuwarten. Fakt ist, dass Nestlé im Berichtsabschnitt in hohem Mass von den Hamsterkäufen der Konsumenten in Amerika und Europa profitieren konnte. Gehortet wurden Fertiggerichte, gefrorene Pizzas, Kaffee und nicht zuletzt Tierfutter.
In Lokalwährungen gerechnet steigert der Konzern die Verkäufe in Amerika im Dreimonatsabschnitt um 8,4 Prozent auf 9,2 Milliarden Franken. Im gleichen Vorjahreszeitraum war Nestlé in Amerika ohne Akquisition und Währungseffekte um 3,4 Prozent gewachsen. In Europa legte Nestlé in der Berichtsperiode um 6 Prozent auf 6,3 Milliarden Franken zu, was im Vergleich zum Vorjahr einer Verdreifachung des Wachstumstempos entspricht. Demgegenüber sorgt der restriktive chinesische Covid-19-Lockdwown für einen Rückgang der Verkäufe in Asien um 3,8 Prozent auf 5,3 Milliarden Franken.
In China selber sei das Geschäft im zweistelligen Prozentbereich geschrumpft. Inzwischen hätten die Verkäufe dort wieder angezogen, das Vorkrisenniveau aber noch nicht zurückerobert, sagte Schneider. Der CEO geht nicht davon aus, dass sich die Welt sehr rasch von der aktuellen Krise erholen wird. Die Genesung werde mehrere Quartale, wenn nicht sogar Jahre in Anspruch nehmen, glaubt er.
Die mit der Pandemie einhergehenden Veränderungen beim Konsumverhalten gehen offensichtlich weit über das Phänomen der Hamsterkäufe hinaus. So haben bei Nestlé in den ersten drei Monaten des Jahres vor allem die Verkäufe auf dem elektronischen Vertriebskanal stark zugelegt. Gemäss Firmenangaben hat das E-Commerce-Geschäft im Dreimonatszeitraum ein Wachstum von 29 Prozent verzeichnet und einen Anteil an den Gesamtverkäufen von 10,4 Prozent erreicht.
Zuzunehmen scheint mit der Krise auch die Preissensitivität der Kunden, wie Mark Schneider einräumt. Dies zeige sich vor allem in der nachlassenden Nachfrage nach Produkten im mittleren Preissegment, während diese im unteren und im oberen Segment stabil bleibe.
Im Durchschnitt sank der Preis der von Nestlé verkauften Produkte im ersten Quartal um 0,4 Prozent, sodass der Konzern mit 4,3 Prozent das höchste organische Wachstum seit fünf Jahren ausweisen konnte. Die im Berichtsabschnitt erzielten Verkäufe lagen mit 20,8 Milliarden Franken dennoch 1,4 Milliarden Franken (6,3 Prozent) tiefer als im gleichen Vorjahreszeitraum. Grund dafür war die Aufwertung des Frankens gegenüber vielen für Nestlé wichtigen Währungen sowie die 2019 erfolgten Verkäufe einzelner Geschäftsbereiche.
Für eine zuverlässige Einschätzung der Auswirkungen von Covid-19 auf die Geschäftsentwicklung sei es noch zu früh, weshalb Nestlé die bisherigen Wachstumsziele bestehen lässt. Bestätigt wurde auch das im Oktober angekündigte dreijährige Aktienrückkaufprogramm im Wert von 20 Milliarden. Schon in den vergangen drei Jahren hatte Nestlé eigene Aktien in ähnlichem Umfang zurückgekauft. Am Donnerstag beschlossen die Aktionäre zudem die Ausschüttung von Dividenden in Höhe von 7,8 Milliarden Franken.