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Die Bundesbahnen wollen ihre Bahnhöfe zu einem Erlebnisort machen. Um diesem Ziel näher zu kommen, haben sich SBB-Leute mit Experten vom Europa-Park getroffen. Und auch Disney soll weiterhelfen.
Die grossen Bahnhöfe sind schon längstens mehr als nur ein Umsteigeort. Die SBB haben aus ihren Verkehrszentren Shoppingcenter gemacht. Dank den vielen Pendlern weisen die Shops an den grossen Bahnhöfen Quadratmeterumsätze auf, die andere Händler neidisch zurücklassen. Mit einer totalen Detailhandelsfläche von 115‘000 Quadratmetern betreiben die Bundesbahnen quasi den grössten Konsumtempel der Schweiz.
Doch das ist den SBB nicht genug, wie die Immobiliensparte in einem firmeneigenen Blog schreibt. Man sei bestrebt, die Bahnhöfe noch attraktiver zu machen: „Kunden sollen hier nicht nur innert zwei Minuten umsteigen können, sie sollen auch in kürzester Zeit ihre wichtigsten Einkäufe und Besorgungen erledigen und zum Zahnarzt oder Coiffeur gehen können.“
Um diesem Ziel näher zu kommen, beschreiten die SBB neue Wege, die auf den ersten Blick ungewöhnliche anmuten. Sie suchen Rat in der Unterhaltungs- und Freizeitindustrie. Um sich inspirieren zu lassen, habe eine SBB-Delegation im Dezember Experten des deutschen Europa-Park getroffen. Dieser sei mit rund 5,6 Millionen Besuchern im Jahr der meist besuchte Freizeitpark im deutschsprachigen Raum und seit 2014 habe er jedes Jahr die höchste Branchenauszeichnung gewonnen.
Im Blog schreiben die SBB im Nachgang zum Treffen: „Neben Informationen, wie der Europa-Park die Leute ‚verzaubert‘ und unterhält, erhielten wir diverse Ideen zur Begrünung, Farbe, Licht und wie die Digitalisierung eingesetzt werden kann, um Emotionen zu schaffen.“ Eine erfolgsversprechende Methode sei beispielsweise das so genannte Storytelling, um Informationen erzählerisch zu vermitteln.
Noel Ebhart, Sprecher des Europaparks, sagt gegenüber "20 Minuten", eine Möglichkeit, die man mit der SBB besprochen habe, sei «Location Based Entertainment». Darunter werden Anwendungen verstanden, die auf Virtual Reality beruhen. Dabei werden etwa Virtual-Reality-Brillen an einem bestimmten Ort angeboten, mit denen künstliche Räume betreten werden können.
Doch der Europa-Park ist den SBB nicht genug, wie der Betrieb im Blog schreibt. Auf der Suche nach Vorgaben, an die sich ein Freizeitpark halten sollte, sei man zudem auf „Mickey’s 10 Commandments“ gestossen – den zehn Geboten von Disney’s Mickey Mouse. Davon seien vor allem drei auch für die SBB interessant. Erstens sollten Mitarbeitende die Anlagen so oft wie möglich selber besuchen. Zweitens gelte es, alle nonverbalen Kommunikationsformen zu nutzen, wie Farbe, Form oder Textur. Und drittens müsse ein Freizeitpark – oder aus Sicht der SBB ein Bahnhof – eine klare Identität aufweisen.
Erste Schritte habe man bereits gewagt, wie zum Beispiel mit der Platzierung von Pianos in zahlreichen Bahnhöfen der Schweiz, auf denen Passanten spielen konnten. Vergangenen Herbst liessen die SBB zudem Musiker in den Bahnhöfen auftreten. Und auch die App-Funktion „Fast Lane“ für das schnellere Einkaufen wird als Beispiel genannt. Solche Neuerungen seien wichtig. Denn positive Kundenerlebnisse schaffe man nicht mit Grundleistungen wie Sauberkeit und Sicherheit.