Der neue Chef Vas Narasimhan drückt dem Pharmakonzern bereits seinen Stempel auf: Für 13 Milliarden Dollar stösst man die rezeptfreien Medikamente ab.
Bisher hielt Novartis am Gemeinschaftsunternehmen mit dem britischen Rivalen GlaxoSmithKline 36,5 Prozent. Zum Joint Venture für rezeptfreie Medikamente zählen bekannte Marken wie das Muskelgel Voltaren, Otrivin-Nasenspray oder die Zahnpasta Sensodyne. Nun verkauft Novartis seinen Anteil für 13 Milliarden Dollar an GlaxoSmithKline. Mit dem Erlös will der Basler Pharmakonzern seinerseits auf Einkaufstour gehen und das Kerngeschäft ausbauen, zu dem beispielsweise Krebsmedikamente gehören.
Novartis wolle sich auf das Kerngeschäft fokussieren, teilte der Pharmakonzern gestern mit. Das Gemeinschaftsunternehmen entwickle sich gut. Jedoch sei jetzt der richtige Zeitpunkt, ein Nicht-Kerngeschäft zu einem attraktiven Preis zu veräussern, wird Konzernchef Vas Narasimhan im Communiqué zitiert. Die Transaktion sei im langfristigen Interesse der Aktionäre. GlaxoSmithKline will den Preis von 13 Milliarden Dollar in bar bezahlen, wie es hiess. Der Abschluss der Transaktion wird im zweiten Quartal erwartet.
Die Transaktion offenbart die Umbrüche in der Branche für nicht rezeptpflichtige Medikamente: Viele Pharmakonzerne wollen sich von dem Geschäft trennen – auch weil es niedrigere Renditen abwirft als hoch spezialisierte Therapien. «Man will nicht mehr wie früher alles, was mit Gesundheit zu tun hat, unter ein Dach bringen», sagt Analyst Michael Nawrath von der Zürcher Kantonalbank. «Das lukrativste Geschäft ist, bei verschreibungspflichtigen Medikamenten zu bleiben. Consumer-Produkte stören da nur», sagt Nawrath.
Auch Pfizer und Merck versuchen, ihren Pfeiler mit rezeptfreien Medikamenten zu verkaufen, bislang jedoch noch ohne Erfolg. Novartis und GlaxoSmithKline hatten die Transaktion bereits zur Gründung ihres Gemeinschaftsunternehmens 2015 vereinbart. Eine entsprechende Option gab Novartis das Recht, die Beteiligung zu veräussern. In einer mehrteiligen Transaktion kaufte Novartis zunächst die Krebsmittelsparte von GlaxoSmithKline und verkaufte im Gegenzug das Impfstoffgeschäft mit Ausnahme der Grippemittel an den britischen Rivalen. Auch von seinem Tiergesundheitsgeschäft trennte sich Novartis im Zuge seiner Spezialisierung. Offen ist die Zukunft der Augenheilsparte Alcon.
Von dem Kauf der Onkologiesparte von GlaxoSmithKline versprach sich Novartis insbesondere eine Margenverbesserung. Und mit der Übernahme der Impfstoffe durch die Briten schaffte sich Novartis ein Geschäft vom Hals, das 2013 als einzige Konzernsparte rote Zahlen geschrieben hatte. Bei den Investoren kam die gestern vereinbarte Transaktion gut an: Die Novartis-Aktie legte gut 2 Prozent zu. Analysten lobten unter anderem den hohen Verkaufspreis. Noch mehr Gefallen an der Transaktion fanden die GlaxoSmithKline-Aktionäre: Das Papier stieg gut 6 Prozent.
Noch ist das Vorhaben jedoch nicht unter Dach. Zunächst müssen die Aktionäre von GlaxoSmithKline der Transaktion zustimmen. Um diese zu stemmen, prüft der Konzern unter anderem eine Trennung von Teilen seines stark auf Indien ausgerichteten Nahrungsmittelgeschäfts.
Sollte das Geschäft zwischen Novartis und GlaxoSmithKline nicht zu Stande kommen, hat sich der britische Konzern zu einer Strafzahlung von 200 Millionen Dollar verpflichtet. Die Transaktion kommt nicht ganz überraschend. Spekulationen über einen bevorstehenden Verkauf gab es schon früher. Vor einem Jahr bereits brachte der britische «Independent» GlaxoSmithKline als möglichen Käufer ins Spiel. (sda)