«Orascom befindet sich am Wendepunkt»

Der Ferien- und Immobilienkonzern Orascom hat im Sommer in Montenegro ein neues Feriendorf eröffnet. Mit ihm sinkt die Abhängigkeit vom ägyptischen Heimmarkt. Für den Standort Andermatt gibt sich CEO Khaled Bichara optimistisch.

Interview: Rainer Rickenbach
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Khaled Bichara, CEO Orascom

Khaled Bichara, CEO Orascom

Khaled Bichara, im Sommer hat Orascom seinen neuen Ferienort in Montenegro eröffnet. Wie ist der Start geglückt?

Ausgesprochen gut. Wir wussten, das Hotel The Chedi würde die Hauptattraktion von Luštica Bay in Montenegro sein. Das Interesse an der Destination und am neuen Hotel ist denn auch sehr gross.

Wie hoch war die Zimmerauslastung im «The Chedi» von Montenegro?

Seit der Eröffnung im August sind es 65 Prozent. An vielen Wochenenden erreichte die Auslastung sogar die 98-Prozent-Marke.

Montenegro ist als Ferienziel noch wenig bekannt. Wie wird Orascom den Balkanstaat auf dem Tourismusmarkt positionieren?

Montenegros Inseln wurden einst von vielen Prominenten besucht. Wir sind zuversichtlich, diesen Ruf wieder aufleben lassen zu können. Luštica Bay wird im Endausbau eine 6,9 Millionen Quadratmeter grosse, vollwertige Stadt sein. Bei der Entwicklung des Ortes stand die Bauweise mit lokalen, umweltfreundlichen Materialien im Vordergrund. Die Destination wird das erste ökozertifizierte Projekt des Landes sein.

Doch Andermatt entwickelt sich nun gut, die Verkäufe steigern sich.

In Andermatt steht ein weiterer Orascom-Ferienort vor der Vollendung. Er steht in der Schweiz, also einem Ferienland mit einer langen Tourismustradition. Trotzdem gelang es bisher nicht, die Gewinnzone zu erreichen. Woran liegt es?

Es entspricht der normalen Entwicklung unserer Ferienorte und war bei allen Oras­com-Destinationen so, vor vielen Jahren auch in El Gouna. Bevor eine De­stination die kritische Grösse erreicht, investieren wir viel Geld in die Infrastruktur und nehmen zuerst wenig ein. Doch Andermatt entwickelt sich nun gut, die Verkäufe steigern sich. Wir feiern im Dezember die Eröffnung unseres zweiten Hotels Radisson Blu mit 250 Zimmern, die Eröffnung der Piazza Gottardo mit Restaurant und Geschäften sowie die Fertigstellung der Skiliftverbindung zwischen Andermatt und Sedrun …

Läuft gemäss dem Orascom-Chef Bichara gut: das Resort in Montenegro. (Bild: PD Orascom)

Läuft gemäss dem Orascom-Chef Bichara gut: das Resort in Montenegro. (Bild: PD Orascom)

... und wann schreibt Orascom in Andermatt schwarze Zahlen?

Unser Projekt Andermatt wird bald die kritische Grösse erreichen, die notwendig ist, um ein profitables Feriendorf zu sein. Wir können nicht genau sagen, wann dieser Moment da sein wird. Aber es wird in den kommenden Jahren bereits so weit sein.

Wie entwickelt sich das Hotel The Chedi Andermatt?

Die Zimmerauslastung des «The Chedi» stieg von 35 Prozent vor drei Jahren auf 54 Prozent im vergangenen Jahr. Auch beim Umsatz verzeichnete das Hotel einen Anstieg von gut einem Drittel im Vergleich zu 2015, im zurückliegenden Jahr belief er sich auf 23 Millionen Franken. Für den Erfolg sprechen auch die zahlreichen Branchenauszeichnungen, die «The Chedi» erhielt.

Orascom -Verwaltungsratspräsident und -Besitzer Samih Sawiris investiert in Europa und am Persischen Golf in Tourismusprojekte, um sich breiter abzustützen. Denn heute entfallen fast zwei Drittel des Umsatzes auf Ägypten. Wie hoch wird der Anteil in drei Jahren sein?

Er wird dann auf jeden Fall deutlich niedriger sein als heute. Die Abhängigkeit vom Heimmarkt reduziert sich schrittweise. Ägypten beheimatet die Hälfte unseres Gesamtangebotes. El Gouna, die Vorzeigestadt, ist mit 15 Millionen Quadratmetern am weitesten entwickelt. Andere Destinationen nähern sich jetzt aber der kritischen Grösse und tragen immer mehr zum Umsatz bei. So steuerte beispielsweise Hawana Salalah im Oman mit mehr als tausend Gästezimmern im ersten Halbjahr 19,2 Millionen Franken zum Umsatz bei. Das entspricht mehr als einem Viertel des gesamten Hotelsegments. 2016 betrug der ägyptische Anteil am Gesamtumsatz 66 Prozent, schon im vergangenen Jahr sank er auf 61 Prozent.

Ägypten verkauft sich zurzeit wieder gut, die politische Lage hat sich stabilisiert. Schätzen Sie den Aufwärtstrend als nachhaltig ein?

Ja. Ende September lag die Auslastung der Hotels in El Gouna bei 79 Prozent, und ja, diese Entwicklung ist nachhaltig. Seit zwei Jahren wachsen die wichtigen Kennzahlen der Hotels in El Gouna stetig. Wir haben strategische Partnerschaften mit Reiseveranstaltern in Europa aufgebaut und unsere Hotelprodukte so aufgeteilt, dass sie den Wünschen des internationalen, regionalen und lokalen Marktes gerecht werden. Für jede Zielgruppe gibt es Angebote. Wir planen zudem ein neues Hotel mit 200 Zimmern.

Orascom verfügt zwar mit zahlreichen Tourismusimmobilien und bebaubaren Grundstücken über viel Substanz. Doch es hapert beim Ertrag.

Unsere Gruppe verfügt über Grundstücke von 100 Millionen Quadratmetern, von denen erst 34 Millionen Quadratmeter erschlossen sind. El Gouna ist unser Vorzeigeprojekt und der grösste Träger der Gruppe, was den Umsatz und die Immobilienverkäufe angeht. Die anderen Orascom-Destinationen haben aber einen ständig höheren Anteil am Umsatz. Im ersten Halbjahr 2018 trugen die Immobilien ausserhalb Ägyptens bereits die Hälfte zum Umsatz in dieser Sparte bei.

Die Investoren trauen dem sanften Aufwärtstrend von Orascom noch nicht über den Weg. Wie wollen Sie die Anleger überzeugen?

Unsere Aktie war im vergangenen Jahr einer der Top-Performer an der Schweizer Börse. Sie stieg um mehr als das Doppelte auf 11 Franken, die positive Entwicklung hält auch in diesem Jahr an. Die Strategie des neuen Managements wird von den Anlegern honoriert.

Der Aktienkurs ist mit 12.25 Franken an der Schweizer Börse aber noch immer weit entfernt von den 152 Franken, mit denen die Aktie vor zehn Jahren emittiert hatte.

Es gelang uns, die Nettoverschuldung im Verhältnis zum Betriebsgewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) stark zu reduzieren. Wir erwarten in diesem Jahr einen weiteren Schuldenabbau. Orascom befindet sich jetzt an einem Wendepunkt: Nach fast neun Jahren kontinuierlicher Verluste fahren wir seit dem ersten halben Jahr 2018 wieder operative Gewinne ein.

Der Ägypter Khaled Bichara ist für das Tagesgeschäft bei Orascom verantwortlich. Die Unternehmensgruppe von Verwaltungsratspräsident Samih Sawiris hat in Andermatt, El Gouna (Ägypten), am Arabischen Golf und in Montenegro Tourismusdörfer erstellt, die Orascom zum Teil selber betreibt. Das Interview wurde schriftlich geführt.