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Der Doyen der Schweizer Modewelt hat die operative Führung abgegeben – doch das Online-Geschäft hält ihn fest.
Der Verwaltungsratspräsident des Kleiderhändlers PKZ, Olivier Burger, will mit seinem neuen Ladenkonzept die Internetwelt mit der klassischen Warenhauswelt verschmelzen. So will er der Frankenstärke und dem zunehmenden Einkaufstourismus der Schweiz begegnen.
Olivier Burger: Ich mache etwa zehn Prozent meiner Einkäufe übers Internet. Natürlich viel Mode. Und immer auch bei der Konkurrenz, um diese zu testen. Etwa die Bedienungsfreundlichkeit des Portals oder die Lieferzeiten.
Ja, Hemden, Socken, auch mal eine Jeans – Kleidungsstücke, die ich oft brauche. Denn wie viele Männer gehe ich nicht so gerne einkaufen. Online geht das rasch, denn ich weiss, welche Grössen ich habe.
Er nimmt stark zu und beträgt heute bald fünf Prozent des Umsatzes. Vorletztes Jahr betrug das Wachstum 50 Prozent, letztes Jahr 20 Prozent. Drei meiner fünf Kinder leben in den USA. Dort deckt der Onlinehandel mittlerweile fast alle Lebensbereiche ab. Das ist auch die Zukunft in der Schweiz.
Weil in der Schweiz noch immer über 90 Prozent der Kleider über Läden verkauft werden. Der Online-Anteil liegt unter 10 Prozent. In Deutschland ist er etwa doppelt so hoch, obwohl wir in der Schweiz die höchste Dichte an Smartphones in Europa haben. Keine Ahnung, wieso die Schweiz hinterherhinkt.
Frauen machen zirka 60 Prozent unserer Kunden aus. Ihr Durchschnittsalter liegt mit 35 Jahren etwa 10 Jahre unter jenem des stationären Handels. Überdurchschnittlich viele dieser Kundinnen haben Kinder – und kaum sind die Kinder im Bett, steigen die Zugriffsraten in unserem Onlineshop.
Je genauer die Produktbeschreibung und optische Darstellung, desto weniger Retouren. Ein ständiges Problem sind aber die Grössen. Bei Accessoires, wo es keine Grössen gibt, haben wir auch viel weniger Retouren.
Zalando ist in der Schweiz der stärkste Mode-Onlinehändler. Die Gratis-Retouren sind sein Trumpf. Wir hingegen liefern gratis, doch für die Retouren muss der Kunde das Porto begleichen. Er kann Artikel, die nicht passen, aber auch in einem PKZ-Laden zurückgeben oder umtauschen.
Nein. Wir müssen schneller sein, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis anbieten und einen guten Markenmix haben. Es gibt zudem Kunden, denen ist Zalando zu gross, zu unübersichtlich. Auch das ist unsere Chance.
Nein, der richtige Weg ist ein Multichannel-Konzept. Viele Kunden wollen sich online auch nur orientieren, bevor sie in den Laden kommen. Unsere rund 50 Filialen besuchen pro Jahr etwa 5 Millionen Kunden, online sind es 2,5 Millionen. Der Unterschied: Jede fünfte Ladenbesucherin kauft auch ein, online ist es nur jede fünfzigste bis hundertste.
Mühe bekunden kleinere und mittlere Center in der Agglomeration, vor allem, wenn sie sich nicht erneuern. Die grossen und jene in Innenstädten laufen zufriedenstellend. PKZ hat sich nie in die Kleinen eingemietet. Wir konzentrieren uns auf 1A-Standorte in Innenstädten oder in den grossen Centern wie hier in Spreitenbach, im Glatt oder Sihl-City.
An einigen wichtigen Lagen sind wir Eigentümer der Liegenschaft. Das hilft, auch wenn wir eine Markt-Miete rechnen müssen. Aber ich gebe zu, die Situation ist anspruchsvoll.
Allerdings. Schon vor der Aufhebung des Euro-Mindestkurses nahm der Einkaufstourismus dem Schweizer Detailhandel jährlich 10 Prozent des Umsatzes weg. Das wird weiter zunehmen. Der kleine Schweizer Markt wird dieses Jahr kaum wachsen. Das zwingt uns, Marktanteile zu gewinnen. Das versuchen wir mit neuen Läden wie dem PKZ Men and Women in Spreitenbach.
Wir haben die Augen offen. Der Moment für Akquisitionen ist günstig, weil einige Mitbewerber Probleme haben.
Namen will ich keine nennen. Aber es gibt nach wie vor einige interessante Marken. Teils regionale Player, teils auch starke Einzelgeschäfte.
Die Grossen müssen genau gleich rechnen wie wir. Im Vergleich zu den Grosskonzernen haben wir aber den Vorteil, dass wir flexibler sind. Wir sind wie ein Motorboot, das schnell wenden kann. Die Grosskonzerne dagegen sind Tanker, bei denen es sehr lange geht, bis sie den Kurs geändert haben.
Mir macht mein Beruf nach wie vor viel Spass und ich finde die Unabhängigkeit toll. Zudem sind wir gross genug, um langfristig erfolgreich sein zu können. Wir wollen unabhängig bleiben.
Es gab immer wieder Anfragen. Bisher haben wir aber immer abgewinkt und gesagt, dass wir unabhängig bleiben wollen. Solange wir Spass haben und Wachstumschancen sehen, wird das auch so bleiben.
Das wird sich zeigen. Wir wollen auf jeden Fall als Familienunternehmen weiter bestehen. Die Identifikation mit dem Arbeitgeber ist in einem Familienunternehmen stärker als bei einem Grosskonzern.
Wenn etwas anders gemacht wird, als ich das gemacht hätte, muss ich mich manchmal schon zurückhalten. Und anfangs Februar habe ich mich dabei erwischt, wie ich ein Mail zu einem operativen Thema rausgelassen habe. Manuela Beer und ich konnten dann aber darüber lachen. Die Zusammenarbeit funktioniert bisher sehr gut. Bei wichtigen Fragen kommt Frau Beer auch auf mich zu und wir diskutieren dann zusammen darüber.
Wir müssen attraktiver sein als das Ausland. Wie in der Exportindustrie geht das aber nicht über den Preis. Stattdessen müssen wir unseren Kunden besseren Service, bessere Marken und schönere Läden bieten. Kurz: Wir müssen das Einkaufserlebnis verbessern.
Wir müssen schauen, dass wir nicht zu viele Auflagen haben. In der Schweiz ist alles reguliert. Wenn ich zum Beispiel einen neuen Laden baue, habe ich sofort Heerscharen von Beamten im Haus. Ob Feuer- oder Gesundheitspolizei – alle machen Auflagen. Diese Belastung macht schwerfällig. Zudem müssen wir steuerlich attraktiver werden.
Das glauben alle, stimmt aber nicht. Als Familienunternehmer zahle ich in der Schweiz mehr Steuern als meine Kollegen in Deutschland oder Österreich. Das weiss ich aus persönlichen Gesprächen. Denn Familienunternehmer werden in der Schweiz doppelt besteuert: einmal als Privatperson und einmal das Unternehmen.