POST: Die Post geht am Computer ab

Lohnabrechnungen oder Steuerunterlagen als elektronisches Dokument: Die Post macht es möglich. Doch dabei kannibalisiert sie sich selbst.

Rainer Rickenbach
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Post-Kunden können Bankauszüge mit einem Knopfdruck öffnen, statt sie aus dem Briefkasten zu fischen. (Bild: PD)

Post-Kunden können Bankauszüge mit einem Knopfdruck öffnen, statt sie aus dem Briefkasten zu fischen. (Bild: PD)

Der Pilotversuch mit 1500 Post-Angestellten ist bereits im Gang. Die Mitarbeiter erhalten ihre Lohnabrechnungen auf ihren eigenen Wunsch nicht mehr auf Papier, sondern digital. Um zu sehen, ob sich ihre Lohnerhöhung auch wirklich bis zur Lohnbuchhaltung herumgesprochen hat, brauchten sie zum Beispiel Ende Januar nicht mehr ein physisches Papiercouvert zu öffnen, es reichte ein Mausklick. Die Nachricht ihres Arbeitgebers erreichte sie freilich nicht als gewöhnliches Mail. Für vertrauliche Informationen wie über den Lohn gibt eine gesicherte Internet-Plattform. Zu ihr findet der Adressat mit einem Passwort Zugang.

Lohnabrechnung per sicheres Mail

«Im Sommer bieten wir dieses Produkt den ersten Kunden an», stellt Post-Konzernleitungsmitglied und Postmail-Chef Ulrich Hurni in Aussicht.

Man muss sich diese Internet-Plattform wie ein ganz normales Büro vorstellen. Erscheint die besagte Lohnabrechnung auf der Plattform und kann der Arbeitnehmer nach dem ersten Blick darauf nichts mehr damit anfangen, drückt er einfach die Löschtaste. Das Dokument verschwindet dann buchstäblich von der Bildfläche. Führt er aber ein pedantisches Ordnungsregime mit den Lohndokumenten, hat er die Möglichkeit, auf der Plattform einen Ordner zu erstellen und die Post des Arbeitgebers dort abzulegen. Der virtuelle Ordner ersetzt den realen Bundesordner.

Die Post nennt ihre neue Briefplattform E-Post-Office. «Den Adressaten bleibt die Wahl, welche Post mit sensiblen Inhalten sie lieber weiterhin auf Papier oder neu elektronisch erhalten wollen», sagt der Chef von Postmail. Wem die Lohnabrechnungen per Mail also recht sind, bei der Korrespondenz mit der Krankenkasse jedoch der vertrauten Briefform den Vorzug gibt, der richtet es sich per Mausklick so ein.

Rechnungen direkt ab der Plattform zahlen und sich so das mühsame Abtippen der ellenlangen Referenznummern ersparen, geht auf dieser Plattform noch nicht. «Das gehen wir später in einem zweiten Schritt an», so Hurni.

Heikle Post im Ausland per Brief

In Australien, Finnland und Norwegen betreibt die Post solche Internet-Plattformen bereits. Hurni: «Dort entschieden sich die meisten Internet-User für die herkömmliche Briefpost. Vielleicht braucht es noch eine gewisse Zeit, bis die Akzeptanz grösser ist.»

Unglücklich dürften die Post-Unternehmen in den drei Ländern über die Zurückhaltung indes nicht sein. Denn wenn heikle Post mit Lohnabrechnungen, Korrespondenz mit den Steuerbehörden oder Krankenkassen weiterhin per Papier unterwegs sind, verdient die Post mit den Briefmarken gutes Geld. Im Netz geht sie so gut wie leer aus.

Warum also verleiht die Post dem seit Jahren währenden Sinkflug der Briefpost auch noch einen Schub? Alleine im vergangenen Jahr beförderte die Post 2 Prozent weniger adressierte Briefe als im Vorjahr. Mit 2,2 Milliarden Couverts erreichte sie zwar immer noch einen stolzen Wert. Doch ein Blick über die Grenzen macht deutlich, was dem grössten Schweizer Logistikunternehmen noch blühen kann: In den Niederlanden etwa sackte das klas­sische Briefgeschäft 2013 um 11 Prozent ab. Die Deutsche Post verdiente zwar in ihrer Briefsparte deutlich mehr als im Vorjahr, doch war dazu eine Portoerhöhung notwendig. Hauptgrund dafür war ohnehin das dank dem Internethandel boomende Paketgeschäft, das die Deutschen ebenfalls unter dieser Geschäftssparte abrechnen.

«Wenn wir nicht mit der Internet-Plattform auf den Markt kommen, wird es die Konkurrenz tun», ist der Postmail-Chef überzeugt. In Frage kämen dabei Unternehmen wie die Swisscom, Banken oder gar Suchmaschinen-Giganten wie Google. «Die Herausfor­de­rung wird sein, Absender und Empfän- ger auf der Plattform zusammenzubrin-gen», sagt Hurni. Konkret: Arbeitgeber mit Arbeitnehmern, Krankenkassen mit Versicherten oder Ärzte mit Patienten.