Bisher mussten viele Privatkunden von Postfinance nichts für die Führung ihres Kontos zahlen. Das ist nun vorbei. Durch die neuen Gebühren könnte der gelbe Riese fast 80 Millionen Franken mehr einnehmen. Für Kunden kann sich ein Wechsel lohnen.
Die Postfinance stemmt sich gegen eine weitere Gewinnerosion und bittet dafür die Kunden zur Kasse. Ab Anfang des kommenden Jahres werden alle Privatkunden mit einer Kontoführungsgebühr von 5 Franken pro Monat belastet. Bislang bezahlte nur, wer weniger als 7500 Franken Vermögen bei der Postfinance liegen hatte. Verschont wird niemand. Selbst die Inhaber eines Privatkontos Plus, das immerhin einen Mindestsaldo von über 25 000 Franken verlangt, sollen künftig den Fünfliber für die Kontoführung zahlen. Von der neuen Kontoführungsgebühr sind gemäss Unternehmensangaben 950 000 Kunden betroffen. Unter der Annahme, dass alle Kunden die Kröte schlucken, fliessen der Postfinance 2019 zusätzliche Einnahmen von 57 Millionen Franken zu.
Und das ist noch nicht alles. Kostenpflichtig werden neu auch die monatlichen Kontoauszüge auf Papier. Sie werden mit einem Franken pro Monat verrechnet. Gemäss Postfinance-Angaben lassen sich bislang 700 000 Kunden die Kontoauszüge postalisch zustellen. Bleiben sie dabei, winken der Postfinance auch hier Mehreinnahmen von 8,4 Millionen Franken. Sogar die Saldo-Auskunft am Postschalter oder am Telefon soll im nächsten Jahr nicht mehr gratis sein. Vier Franken pro Abfrage will die Postfinance neu auch für diesen Service verlangen. Betroffen sind 80 000 – vermutlich vorwiegend ältere – Kunden, die keine Karte besitzen, um den Saldo gratis abzufragen. Angenommen, die Betroffenen ändern ihr Verhalten auch 2019 nicht und lassen sich einmal pro Monat am Schalter oder am Telefon über den Saldo aufklären, ergeben sich für die Postfinance Mehreinnahmen von 3,8 Millionen Franken. Mehr zahlen sollen aber auch die Geschäftskunden. Diesen stellte Postfinance bisher zwei PostFinance-Cards gratis zur Verfügung. Ab 1.1.2019 kosten die Karten je 30 Franken pro Jahr – macht neun Millionen Franken Mehrertrag für die Postfinance.
Die Gebührenerhöhungen könnten der Postfinance 2019 unter der Annahme eines unveränderten Kundenverhaltens und einer gleichbleibenden Anzahl Kunden zusätzliche Einnahmen von 78,2 Millionen Franken in die Kasse spülen. Mit dieser Rechnung liebäugelt der bundeseigene Finanzkonzern aber nur insgeheim. Offiziell sagt Mediensprecher Johannes Möri: «Wir sind uns bewusst, dass die Massnahmen zum Verlust von Kunden führen können.» Doch wohin sollten diese Kunden gehen?
Konkurrenzvergleiche zeigen, dass die Postfinance auch mit dem massiv verteuerten Gebührensystem immer noch zu den günstigsten Anbietern auf dem Schweizer Markt gehört (siehe Tabelle). Schweizweit tätige Banken wie die UBS, Credit Suisse oder Raiffeisen bleiben in der Gesamtrechnung deutlich teurer. Von den in allen Kantonen tätigen Instituten hat immerhin die Migros Bank ein deutlich günstigeres, normales Privatkonto anzubieten als die Postfinance. Vor den den nationalen Anbietern liegen generell lokal tätige Banken wie etwa die Luzerner Kantonalbank. Die kleineren Kantonalbanken könnten zu den Nutzniessern des Politikwechsels der Postfinance werden.Doch Angesichts der letztlich noch allzu grossen Preisunterschiede kann sich der Gelbe Riese Hoffnungen machen, dass die geheime Rechnung am Ende doch noch aufgeht. Die tiefen Zinsen machen der Postfinance schwer zu schaffen. Immer mehr Kundengelder, die derzeit noch zu akzeptablen Konditionen in Obligationen und anderen zinstragenden Anlagen mit langer Laufzeit angelegt sind, werden fällig und müssen zu sehr tiefen Zinsen frisch angelegt werden. Daraus entstünde der Postfinance ein Einnahmenausfall von 80 Millionen Franken pro Jahr, sagt Firmensprecher Möri. Dass sich die voraussehbaren Ertragsausfälle und die erhofften Zusatzeinnahmen fast genau decken, ist kaum Zufall.
Die Postfinance wehrt sich nach Kräften gegen eine weitere Gewinnerosion. 2017 hatte das Institut einen Vorsteuergewinn von 463 Millionen Franken erzielt – knapp 15 Prozent weniger als im Jahr davor. Seither hat sich die Lage deutlich verschärft. Im ersten Halbjahr 2018 betrug der Vorsteuergewinn noch 125 Millionen Franken, nachdem er in der gleichen Zeitspanne des Vorjahres noch 372 Millionen Franken betragen hatte. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Umwandlung der Postfinance in eine vollwertige Bank mit einem eigenen Kreditgeschäft kann die Situation bestenfalls in einigen Jahren beeinflussen.