SERVICE PUBLIC: Post-Präsident Schwaller gibt Untersuchung an Experten ab

Post-Präsident Urs Schwaller reagiert auf kritische Stimmen, die ihn für zu befangen halten, um die Postauto-Affäre aufzuarbeiten. Er gibt die Untersuchungsleitung an externe Fachleute ab.

Roger Braun
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Stand gestern im Scheinwerferlicht: Post-Präsident Urs Schwaller. (Bild: Peter Schneider/Keystone (Bern, 8. März 2018))

Stand gestern im Scheinwerferlicht: Post-Präsident Urs Schwaller. (Bild: Peter Schneider/Keystone (Bern, 8. März 2018))

Roger Braun

Was für ein Unterschied: «Ich bin die richtige Person für die Untersuchung, weil ich nicht betroffen bin. Ich garantiere Unabhängigkeit», sagte Urs Schwaller vor drei Wochen, als er das erste Mal zur Postauto-Affäre Stellung nahm. Gestern klang es ganz anders. «Ich werde mich nicht mehr direkt in die Untersuchung einbringen», sagte der Verwaltungsratspräsident der Post vor den Medien. Nachdem Politiker Zweifel an seiner Unabhängigkeit geäussert hatten, sei er in sich gegangen und habe entschieden, sich herauszunehmen, sagte er. «Ich will mich nicht dem geringsten Verdacht aussetzen, die Post wolle etwas verstecken.»

Anstelle von Schwaller werden drei externe Experten die Durchleuchtung der Post beaufsichtigen. Sie sollen herausfinden, wie es dazu kommen konnte, dass die Postauto Schweiz AG über Jahre unrechtmässige Subventionen in der Höhe von 78 Millionen Franken bezogen hatte und welche Rolle Konzernchefin Susanne Ruoff dabei spielte.

Drei Externe sollen Unabhängigkeit garantieren

Der bekannteste Kopf dieses Gremiums ist Kurt Grüter. Der ehemalige Leiter der eidgenössischen Finanzkontrolle hatte zuletzt für Bundesrat Guy Parmelin untersucht, was bei der Beschaffung des bodengestützten Fliegerabwehrsystems Bodluv schieflief. Unterstützt wird der Ökonom von den beiden Rechtsprofessoren Andreas Donatsch sowie Felix Uhlmann. Sie werden die bereits laufende externe Untersuchung der Anwaltskanzlei Kellerhals Carrard sowie der Wirtschaftsprüfer von Ernst&Young beaufsichtigen. «Wichtig ist mir, dass die Untersuchung komplett losgelöst vom Konzern erfolgt», sagte Schwaller. Der ehemalige CVP-Ständerat kündigte an, den Untersuchungsbericht sowie das Gutachten der drei Experten unverändert zu veröffentlichen. «Nur die schonungslose, unabhängige Aufklärung kann dazu beitragen, das Vertrauen in die Post wieder aufzubauen», sagte Schwaller. Spätestens im Juni, idealerweise bereits im Mai, werde die Post die Berichte publizieren und der Verwaltungsrat die nötigen Beschlüsse fällen. Dabei wird der Verwaltungsrat neben den personellen Fragen auch über die künftige Organisation des Postkonzerns befinden. Heute ist die Schweizerische Post in sechs Konzernbereiche gegliedert, die sich auf drei verschiedene Aktiengesellschaften verteilen. Diese komplizierte Struktur gelte es unabhängig von der Postautoaffäre zu hinterfragen, kündigte Schwaller an.

In der Politik kommt Schwallers Rückzug gut an. Vor drei Wochen hatte FDP-Nationalrat Thierry Burkart (Aargau) kritisiert, dass die Untersuchung nicht unabhängig sei, wenn sie vom Verwaltungsratspräsidenten geführt werde. Nun sagt er: «Dass drei externe Fachleute die oberste Verantwortung übernehmen, erhöht die Glaubwürdigkeit der Aufarbeitung.» Für Burkart bleibt jedoch ein schaler Beigeschmack. «Es entsteht der Eindruck, dass die Post nur scheibchenweise auf den Druck von Politik und Öffentlichkeit reagiert», sagt er. «Das ist der falsche Weg, um das arg angeschlagene Vertrauen in die Post wiederherzustellen.»

Postautoskandal belastet den Konzerngewinn

Schwaller gab die Neuorganisation der Untersuchung im Anschluss an die Bilanzmedienkonferenz der Post bekannt. Bereits diese hatte im Zeichen der illegalen Tricksereien der Postauto AG gestanden. 420 Millionen Franken Gewinn hat die Post im vergangenen Jahr erzielt – ein Minus von 138 Millionen Franken gegenüber dem Vorjahr. Hauptgrund für den deutlichen Gewinnrückgang ist die Rückzahlung der missbräuchlich bezogenen Subventionen für den Regionalverkehr an die öffentliche Hand.

Das Bundesamt für Verkehr hatte für die Jahre 2007 bis 2015 einen Betrag von 78 Millionen Franken errechnet, den die Post akzeptiert hat und bereits der Rechnung 2017 belastet hat. Weitere 30 Millionen hat die Post für die umstrittenen Subventionsbezüge in den Jahren 2016 und 2017 zurückgestellt. Hinzu kommen Rückstellungen in der Höhe von 18 Millionen Franken für allfällige Verzugszinsen für Bund und Kantone. Insgesamt verschlechtern die illegalen Buchungstricks der Postauto Schweiz AG das Konzernergebnis der Post um 126 Millionen Franken. «Alles, was heute bekannt ist, haben wir in der Rechnung berücksichtigt», sagte Finanzchef Alex Glanzmann. Einzig aus dem Ortsverkehr könnten noch weitere Verpflichtungen auf die Post zukommen. Hierzu sei keine Schätzung möglich, sagt Glanzmann. «Selbstverständlich werden wir die missbräuchlich bezogenen Abgeltungen auch hier vollumfänglich zurückerstatten.»

Postfinance schreibt stolzen Gewinn dank Sondereffekten

Glanzmann sprach mit Blick auf den Rechnungsabschluss von einer «guten unternehmerischen Leistung», der von den «Vorkommnissen» rund um die Postauto AG überschattet worden sei. Ohne die aufgeflogenen Schummeleien hätte die Post denn auch ein Ergebnis auf Ebene des Vorjahres ausgewiesen. Satte Gewinne weist weiterhin die Postfinance aus. Im Vergleich zum Vorjahr konnte diese den Gewinn gar noch leicht auf 549 Millionen Franken steigern. Allerdings täuscht dieses Ergebnis, denn das tiefe Zinsniveau setzt der Postbank zu. So ist der Zinsertrag im vergangenen Jahr um 117 Millionen Franken zurückgegangen. Der hohe Gewinn kam massgeblich durch einmalige Sondererträge zu Stande. So brachten Verkaufsgewinne auf zwei Aktienportfolios der Postfinance 109 Millionen Franken ein.

Tiefrote Zahlen fallen weiterhin beim Postnetz an. 159 Millionen Franken betrug das Minus im vergangenen Jahr. Im Vorjahr hatte der Verlust noch 193 Millionen Franken betragen. Die Post ist seit längerem daran, die Zahl der Filialen zu reduzieren, um das Defizit zu vermindern. Die Politik bremst indes. Schwaller sagte, die Post sei im Sinne der Grundversorgung bereit, ein Defizit bei den Poststellen zu tragen, allerdings müsse dies näher bei 100 Millionen als bei 200 Millionen liegen. Die Einzahlungen am Schalter gehen weiterhin zurück; im vergangenen Jahr betrug das Minus 6,5 Prozent. Rückläufig ist auch die Menge der verschickten Briefe. Ein Wachstumsgeschäft ist hingegen der Paketversand. Dank des Booms beim Onlinehandel stellte die Post im vergangenen Jahr 6,2 Prozent mehr Pakete zu als noch im Vorjahr.