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Warum auch die Bargeldhaltung nicht risikolos ist und weshalb man sein Erspartes mit Vorsicht allein nicht schützen kann.
Die Ratlosigkeit ist offensichtlich: «Wo soll man sein Geld denn in Sicherheit bringen? Edelmetalle? Aktien? Oder einfach planlos, aber lustvoll verjubeln?» Diese Fragen stellte kürzlich ein Leser dieser Zeitung. Er ist nicht der Einzige, der verwirrt ist: Ähnliche Fragen werden in der Schweiz in letzter Zeit öfters gestellt. Was soll also ein Anleger tun, wenn sich die Nationalbank gezwungen fühlt, den Leitzins noch weiter ins Minus zu drücken?
Eine repräsentative Umfrage unter 1500 Personen aus allen Landesteilen und Einkommensklassen gibt Aufschluss. Ein Blick auf jene Personengruppe, die über ein Vermögen zwischen 50'000 und 100'000 Franken besitzt, zeigt: Viele Menschen bevorzugen Bargeld, sei es bei sich zu Hause oder auf dem Bankkonto. Dies zeigt eine Umfrage des Online-Vergleichsdienstes Moneyland aus dem letzten Jahr.
Für einen hypothetischen Durchschnittssparer ergibt sich folgende Vermögensaufteilung: 62 Prozent der Ersparnisse liegen entweder auf einem Bankkonto oder bar in der Kasse – ertragslos. Rund 18 Prozent stecken in einem Säule-3a-Konto. Weitere 16 Prozent sind in Aktien oder in Anlagefonds investiert (siehe Grafik).
Mit einer solchen Anlagestrategie ist der Frust programmiert. Das veranschaulicht ein einfaches Beispiel. Legt der Durchschnittsanleger 62'000 Franken seines Vermögens auf ein Sparkonto der Postfinance, erhält er gerade mal einen Zins von 0,05 Prozent. Das wirft pro Jahr 31 Franken ab. Wird jedoch die Teuerung einbezogen, ergibt sich ein Realverlust. Bei einer geschätzten Inflationsrate von 0,6 Prozent ergibt sich ein Verlust von 372 Franken.
Im Endergebnis verliert der Sparer also 341 Franken im ersten Jahr. Aufgrund des Zinseszinseffektes nimmt der Verlust über die Jahre exponentiell zu. Unter der Annahme, dass sich die Zinsen und die Teuerung nicht verändern, schrumpft das Anfangsvermögen innerhalb von zehn Jahren um mehr als 3300 Franken.
Offensichtlicher sind die Nachteile von Aktienanlagen. Deshalb zeigen sich viele Sparer mit solchen Investitionen besonders zurückhaltend. Doch Vorsicht allein ist keine gute Strategie, wenn es um Vermögensanlagen geht. Das belegt dieses Beispiel: Der erwähnte Durchschnittssparer investiert von seinen 100'000 Franken 16 Prozent in Aktien. Angenommen, die Börse fällt in einem Jahr um 30 Prozent, was ein ausserordentlich seltenes Ereignis wäre, verlöre er dadurch 4800 Franken. Der Verlust ist zwar ärgerlich, aber er entspricht nur gerade 4,8 Prozent Gesamtvermögens.
Die Frage nach der Risikofähigkeit muss jeder Sparer für sich selber beantworten. So hängt die Antwort etwa davon ab, ob und wann eine Hypothek zur Rückzahlung fällig wird oder ob grössere Investitionen anstehen. Auch das Alter ist ein wichtiger Parameter. Jüngere Sparer haben länger Zeit, um Verluste auszusitzen. Ältere Menschen, die nach dem Ende ihres Erwerbslebens auf die Verfügbarkeit ihrer Ersparnisse angewiesen sind, können sich weniger Abenteuer leisten.
Gerade mal 0,05 Prozent Zins pro Jahr wirft ein Sparkonto bei der Postfinance und weiteren Anbietern ab. Bei anderen Banken gibt es etwas mehr, allerdings gibt es dort Rückzugslimiten.
2008, im dunkelsten Jahr der Finanzkrise, verloren die beiden wichtigen Schweizer Aktienindizes knapp 35 Prozent ihres Wertes. Doch gut vier Jahre später war das Loch wieder zugeschüttet – nicht zuletzt dank der stattlichen Dividendenzahlungen, die viele gut geführte Unternehmen auch in jenen schwierigen Zeiten fortsetzen konnten. So schnell muss ein Börsen-Comeback allerdings nicht immer ablaufen, und längst nicht alle Unternehmen überstehen Krisen unbeschadet.
Zum Schluss noch dies: Viele Aktien erscheinen nach einer mehr als zehnjährigen Aufwärtsbewegung tatsächlich sehr hoch bewertet. Es empfiehlt sich deshalb nicht, gerade jetzt im grossen Stil auf Aktien zu setzen.
Eine gute Methode ist es deshalb, via Fondskonto zeitlich gestaffelt und über einen langen Zeitraum in Dividendenpapiere zu investieren. So lässt sich nicht nur das Risiko eines Kurssturzes vermindern, man entgeht auch der Versuchung, die Titel in einem vermeintlich günstigen Moment wieder abzustossen. Der Nachteil bei Fonds sind die teils hohen Gebühren, welche die Anbieter berechnen. Hier ist eine genaue Nachfrage bei der Bank lohnenswert.