Steuerwettbewerb verschärft sich: Zentralschweizer Standortvorteile werden geringer

Die Zentralschweiz bleibt für Unternehmen steuergünstig. Doch andere Regionen holen auf. Basel, Zürich und Aargau machen Boden gut.

Rainer Rickenbach
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Die Zentralschweiz behandelte in den zurückliegenden Jahren die Wirtschaftsbetriebe von Grossunternehmen bis hin zu Einpersonenfirmen steuerlich pfleglich und zollte ihnen viel Aufmerksamkeit. Das zahlte sich aus. Es entstanden in den meisten Regionen der Zentralschweiz überdurchschnittlich viele neue Arbeitsplätze und die Bevölkerungszahl wuchs.

Die jüngsten Entwicklungen würden in der behaglichen Wirtschaftsregion am Zuger- und Vierwaldstättersee den Steuervorteil schrumpfen lassen, stellt nun die Grossbank Credit Suisse in einer neuen Studie in Aussicht. Ursache ist die von den Stimmberechtigten am 19. Mai genehmigte Steuergesetzreform. Weil sie die steuerlich privilegierte Bevorzugung der ausländischen Statusgesellschaften nicht mehr zulässt, haben zahlreiche andere Kantone ihre Firmensteuern bereits gesenkt oder planen dies (Grafik). Der Grund: Sie wollen verhindern, dass die ausländischen Gesellschaften ihre Zelte anderswo in Europa aufschlagen und dort Steuern zahlen.

Grosse Städte holen bei den Standortqualitäten auf

Dass es zu Veränderungen kommt, ist keine Überraschung. Die Verschiebungen waren schon im Abstimmungskampf im Frühling ein Thema. Doch nun zeigt sich, in welche Richtung sich das neue Firmensteuerregime der Schweiz bewegt.

Die Credit Suisse präsentierte in der am Dienstag vorgestellten Regionalstudie erste Erkenntnisse. «Die Zentralschweiz ist steuerlich nach wie vor attraktiv und finanzstark, aber ihr Steuervorteil schrumpft», sagte Studienautorin Sara Carnazzi Weber in Luzern.

Credit-Suisse-Studienautorin Sara Carnazzi Weber bei der Präsentation der Studie.

Credit-Suisse-Studienautorin Sara Carnazzi Weber bei der Präsentation der Studie.

Bild: Jakob Ineichen (Luzern, 3. Dezember 2019)

Die Nivellierung der Tarife bleibt für die Standortqualität nicht ohne Folgen. Nebst den Steuern spielen dort die verfügbaren Fachkräfte, die Verkehrslage, der Immobilienmarkt und weitere Merkmale der Umgebung eine Rolle. Auch so gerechnet wird Zug in fünf Jahren noch Spitzenreiter sein. Doch danach folgen wirtschaftliche Schwergewichte wie Basel, Zürich, Genf und Aargau. Wegen ihrer vergleichsweise hohen Steuern waren sie bisher trotz der Wirtschaftsstärke eher in den mittleren Plätzen zu finden. Das wird sich in den nächsten fünf Jahren ändern. Erst auf den Mittelfeldplätzen 7, 8, und 10 folgen Nidwalden, Schwyz und Luzern. Obwalden und Uri sind im hinteren Mittelfeld angesiedelt. Die Zentralschweiz werde aber auch künftig eine recht wichtige Rolle in der nationalen Wirtschaft spielen, ist Carnazzi Weber überzeugt. So sei es ihr von 2012 bis 2017 gelungen, insgesamt fast 26000 neue Stellen zu schaffen. «Damit gehört die Zentralschweiz zusammen mit dem Genferseeraum zu den ­dynamischsten Regionen der Schweiz», so die Studienautorin. Der vergleichsweise geringe Arbeitsplatzrückgang in der Industriebranche führt sie auf eine «krisenresistente» Struktur mit Flugzeugbau in Nidwalden, Elektrotechnik in Obwalden sowie Medizinaltechnik und Pharmaindustrie in Zug zurück. Der starke Franken und der weltweite Protektionismus können nach ihrer Einschätzung diesen Unternehmen und Branchen nicht viel anhaben.

Für die nächsten Jahren als besonders wichtig bezeichnet Carnazzi Weber die Unternehmenslandschaft.

«In der Zen­tralschweiz ist sie sehr innovativ. Gemessen an der Zahl der Einwohner hat Zug bei weitem die höchste Start-up-Dichte des Landes.»

Die bereits etablierten Firmen investierten zudem viel in Forschung und Entwicklung. Vor zwei Jahren waren es 1,6 Milliarden Franken, das sind 44 Prozent mehr als noch 2012.