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Wirtschaft
Trotz warnender Stimmen: Das Allfinanz-Modell in der Schweiz hat bisher kaum jemals funktioniert. Dennoch versuchen es Swiss Life und Valiant. Swiss Life hat bereits Milliarden mit anderen Allfinanz-Abenteuern in den Sand gesetzt.
«Allfinanz ist gescheitert, zumindest als umfassende Vision zur Risikodiversifikation, zur Nutzung von Synergieeffekten und zum Aufbau einer eigentlichen Finanzdienstleistungsindustrie mit neuer Dimension». Das sagte Hansjörg Frei, damaliger Präsident des Schweizerischen Versicherungsverbandes anlässlich der Generalversammlung im Juni 2003 in Winterthur.
Dennoch versucht man es immer wieder. «Valiant und Swiss Life, führender Anbieter von umfassenden Vorsorge- und Finanzlösungen, haben eine Absichtserklärung unterzeichnet», hiess es in der Mitteilung zum Halbjahresabschluss. «Ziel ist es, bis im Herbst 2013 einen Rahmenvertrag für eine strategische Partnerschaft auszuarbeiten.»
Die Valiant Bankengruppe hat dank eines Beteiligungsverkaufs im ersten Halbjahr mehr verdient. Der Reingewinn stieg nach dem Taucher im Vorjahr um 3,5 Prozent auf 65,4 Mio. Franken. Der Verkauf der Verarbeitungsplattform der Regionalbankengruppe RBA, bei der Valiant mitmacht ist, spülte einige Millionen in die Kasse.
Der übrige ordentliche Erfolg schoss von 9,6 Mio. auf 37 Mio. Fr. nach oben. Im April hatten die RBA-Gruppe und die Berner Kantonalbank (BEKB) die Firma Entris, die im Zahlungsverkehr und Wertschriftengeschäft für rund 50 Banken tätig ist, an die Swisscom verkauft. Über den Verkaufspreis wurde Stillschweigen vereinbart. Aber auch 2012 hatten Einmaleffekte das Ergebnis hochgedrückt. (sda)
Nach dem turbulenten 2012 sei dieses Jahr das Jahr der Erneuerung für Valiant. Dabei sei die Partnerschaft mit der Swiss Life ein nächster Meilenstein, erklärte Valiant-Präsident Jörg Bucher: «Wir passen zusammen.»
Gemeinsam bestehe Potential, die Kundenbasis auszubauen sowie neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln. Neben dem Erschliessen neuer Märkte und der geografischen Expansion ermögliche die Kooperation Valiant auch, die Refinanzierungsmöglichkeiten zu stärken. Im Rahmen der Partnerschaft erwäge die Swiss Life auch eine kleine Beteiligung an Valiant von unter 3 Prozent. Diese Meldung hat auch eine personalpolitische Seite: In diesem Jahr ist Ivo Furrer, CEO von Swiss Life Schweiz, neu in den Valiant-Verwaltungsrat aufgerückt.
«Allfinanz ist in der Schweiz gescheitert, und es ist nicht ersichtlich, weshalb das bei Swiss Life und Valiant anders sein sollte, hatte der emeritierte Zürcher Bankenprofessor Hans Geiger diese sich abzeichnende Kombination im Mai gegenüber der «Handelszeitung» eingeschätzt. «Dass die beiden Gesellschaften gut zusammenpassen würden, kann ich mir nicht vorstellen.»
Skeptische Analysten
«Allfinanz» und «BankAssurance» sind längst Schreckensworte für Schweizer Analysten, welche die Finanzbranche abdecken. Es gibt zwar Analysten, die nicht ausschliessen, dass dem Gespann Swiss Life und Valiant diesmal mehr Glück beschieden sein wird als anderen, die das auch schon ausprobiert hatten. Und in regelmässigen Abständen wird das Modell wieder versucht, obwohl es eigentlich nur in den Benelux-Staaten und teilweise in Frankreich funktioniert. Als relativ geglücktes Beispiel gilt die Kombination von Bâloise und SoBa. Allerdings funktioniert in diesem Fall laut Analysten beides, das Versicherungsgeschäft und das Banking, eher trotz, und nicht dank den Besitzverhältnissen.
Lang ist die Liste von gescheiterten Vorhaben. Oft versuchten es die gleichen Player mehrfach. Spektakulärstes Beispiel war das Gespann Credit Suisse/Winterthur-Versicherungen. Axa Winterthur versuchte es später noch einmal mit einer Bank, um Vorsorgegelder zwischen Verträgen zwischenlagern zu können. Trotz der finanzkräftigen und in Sachen BancAssurance erfahrenen Konzernmutter war diesem Vorhaben wenig Erfolg beschieden.
Noch schillernder ist die Erfahrung von Swiss Life. Swiss Life hatte selber anno 1999 mit der Banco del Gottardo einen Vermögensverwalter erworben und sich drei Jahre später wieder vom Allfinanz-Modell verabschiedet. Die Bank ging später an die BSI, die jetzt eine Generali-Tochter ist und dort ebenfalls zum Verkauf steht. Etwa zeitgleich kam bei Swiss Life die Abenteur Redsafe-Bank, eine Internet-Bank, hinzu. Redsafe brachte einen Abschreiber von 150 Millionen Franken, Und AWD, ein weiteres Allfinanzabenteuer von Swiss Life, das 2007 los ging, brachte ebenfalls einen saftigen Wertverlust im neunstelligen Bereich.