Elektroauto-Pionier
Tesla plant Giga-Fabrik bei Berlin: Deutsche Autoindustrie gerät unter Druck

Der Elektroauto-Pionier will bereits 2021 mit der Produktion neuer Fahrzeuge beginnen.

Christoph Reichmuth aus Berlin
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Will nun auch in Deutschland produzieren: Tesla-Chef Elon Musk.

Will nun auch in Deutschland produzieren: Tesla-Chef Elon Musk.

Clemens Bilan/EPA/Keystone

Es ist die erste Fabrik in Europa, die der US-Elektroautohersteller Tesla bauen wird. Bereits Ende 2021 soll die ­Giga-Fabrik in der Nähe Berlins ihre Produktion aufnehmen. Dies kündigte Tesla-Chef Elon Musk überraschend im Rahmen einer Preisverleihung in der deutschen Hauptstadt an. Bis zu 10000 Arbeitsplätze sollen im ostdeutschen Bundesland Brandenburg sowie in Berlin entstehen.

Deutsche Politiker zeigten sich hocherfreut über den Standortentscheid von Tesla. «Die Gigafabrik wird Brandenburg als innovativen und internationalen Standort einen weiteren Schub und sehr vielen Menschen gute Arbeit geben», sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke. In Berlin wird Tesla die vierte Gigafactory errichten. Bisher werden sämtliche Autos am Hauptsitz im kalifornischen Fremont hergestellt. Im US-Bundesstaat Nevada baute der Konzern seine erste Gigafactory zur Produktion der Batterien. Eine zweite ­Gigafabrik steht im US-Bundesstaat New York, eine dritte wird aktuell in der Nähe von Shanghai errichtet.

Deutsche Autoindustrie im Rückstand

Neben Batterien will Tesla in Berlin das Model Y produzieren, ein Nachfolgemodell des bereits erhältlichen Mittelklasse-Wagens 3. Die ersten Fahrzeuge des neuen Modells, die bereits bestellt werden können, laufen in den USA im nächsten Jahr ab Band. In Berlin plant Tesla neben der Giga-Fabrik ein Ingenieurs- und Designerzentrum.

Der 48-Jährige Unternehmer setzt nicht zuletzt darauf, dass der Berliner Hauptstadtflughafen BER nach jahrelangen Ver­zögerungen tatsächlich im Oktober 2020 eröffnet wird. In An­spielung auf die Bauverzögerung des Flughafens meinte Musk: «Wir werden definitiv ein höheres Tempo vorlegen müssen als der Flughafen.» Teslas ­Entscheid für Deutschland ist kein ­Zufall: Das ­«Autoland» geniesst einen guten Ruf für sein Ingenieurwesen, ­zudem kann Tesla von der hier an­sässigen Auto-­Zuliefererbranche profitieren.

Tesla ist für die deutsche Automobilindustrie ein Konkurrent, haben doch die deutschen Hersteller den Umstieg auf Elektromobilität lange verschlafen. Volkswagen hat die Strategie erst jüngst angepasst. So wird das Werk in Zwickau zu einer reinen E-Auto-­Fabrik umgebaut. Andere deutsche Hersteller wie Daimler und BMW sind noch nicht soweit.

Der VW-Konzern sieht sich durch den geplanten Zuzug von Tesla in der eigenen Strategie bestätigt, wie Konzernchef Herbert Diess verlauten liess. Er teile die Vision des Tesla-Chefs, dass Umweltstandards künftig nur mit ­Elektroautos zu erreichen seien. «Wir werden Tesla jedoch auf Trab halten», sagte Diess an.

«Es ist besser, einen direkten Konkurrenten vor der eigenen Haustüre zu haben»

Deutsche Kommentatoren sehen die Ansiedlung von Tesla als «Weckruf» für die heimische Autobranche. Die Pläne des Tesla-Chefs seien «ein klares Signal an BMW, Daimler und Volkswagen: Neue Anbieter wie Tesla dringen immer weiter in ihr angestammtes Geschäft vor – mittlerweile sogar an ihren heimischen Standorten», schreibt etwa der «Spiegel».

Der Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht durch die Pläne von Tesla Chancen für die deutsche Autoindustrie und die Zulieferer-Branche, wie sagt: «Es ist besser, einen direkten Konkurrenten vor der eigenen Haustüre zu haben, als in Korea oder Indien», sagt der Experte von der Universität Duisburg-Essen. «Tesla wird die deutsche Autobranche zu schnellerem Handeln im Bereich der Elektromobilität animieren. Laut Dudenhöffer sei es vorstellbar, dass die deutsche Industrie zusammen mit Tesla etwa bei der Entwicklung der Batterie-Technik zusammenspannt. Auch die Zulieferer-Industrie werde durch Tesla profitieren.