UMWELT: China will nicht mehr Abfallhalde der Welt sein

Die Volksrepublik war viele Jahre lang der weltweit grösste Importeur von Abfall. Doch das soll nun ein Ende haben.

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Eine Frau sammelt Plastikflaschen in einer Abfalldeponie in Dalian, um sie vom restlichen Abfall zu trennen. (Bild: Thomas Dooley/Getty (10. Januar 2008))

Eine Frau sammelt Plastikflaschen in einer Abfalldeponie in Dalian, um sie vom restlichen Abfall zu trennen. (Bild: Thomas Dooley/Getty (10. Januar 2008))

Viele Menschen hierzulande denken, der hauseigene Abfall und Schrott lande auch auf hiesigen Abfalldeponien oder in heimischen Recyclingzentren. Doch dem ist nicht immer so. Seit Jahren wird ein Teil davon nach Fernost verschifft.

Riesige Containerschiffe, vollbepackt mit Schrott – seit Jahren ist China der weltgrösste Importeur von Abfall. Vor allem die USA, Japan und Europa haben ihren Abfall gern den Chinesen überlassen. Die wiederum recycelten einen Teil davon, fanden sie darin doch nützliche Wertstoffe. Doch damit soll es nun vorbei sein. Ab Jahresende will China keinen Abfall mehr aus dem Ausland zulassen.

Zu viel unbrauchbarer Abfall

Die chinesische Führung hat angekündigt, dass zum Schutz der Umwelt und der Gesundheit der Bevölkerung die Einfuhr von stark verschmutztem Hausabfall verboten werden soll. Das teilte die Regierung nun in einem Schreiben an die Welthandelsorganisation (WTO) mit.

In dem importierten Abfall gebe es zu viel davon, der auch für China unbrauchbar sei. Zum Teil seien darin sogar gefährliche Giftstoffe gefunden worden. Daher werde China keinen Abfall wie etwa Plastikabfall, Textilreste, Papier, aber auch Schlacke aus der Stahlproduktion mehr ins Land einführen.

Allein im vergangenen Jahr hat die Volksrepublik rund 7,3 Mil­lionen Tonnen Plastikabfall im Wert von 3,7 Milliarden Dollar eingeführt. Das entspricht 56 Pro­zent der weltweiten Einfuhren. Der meiste Plastikabfall stammt aus Japan und den USA, auf die jeweils 10 Prozent entfielen. Beide Länder sind auch Chinas grösste Lieferanten von Altpapier. Chinas Abfallimporte begannen in den frühen 1990er-Jahren. China entwickelte sich damals zur Werkbank der Welt.

Vollgefüllt mit Jeans, Turnschuhen, Kühlschränken, Plastikspielzeug und Fernsehbildschirmen verliessen die riesigen Containerschiffe die chinesischen Häfen. Zurück kamen sie zumeist ohne Fracht. Denn Waren aus dem Ausland brauchten die Chinesen nicht.

Gold in Mobiltelefonen

Ein paar pfiffige Geschäftsleute kamen damals auf die Idee, die leeren Container bei der Rückkehr mit Abfall zu füllen. Denn sie fanden heraus, dass sich in dem Abfall, besonders in dem der westlichen Industrieländer, jede Menge nützlicher Rohstoffe befinden. Tatsächlich findet sich in einer Tonne Mobiltelefone etwa 30-mal mehr Gold als in einer Tonne Gestein aus einer Goldmine. China importierte deshalb zeitweise mehr als 70 Prozent des weltweit anfallenden Elektroschrotts.

Und auch für den Plastikabfall fanden sie Verwendung. Sie heuerten günstige chinesische Wanderarbeiter an, die sich an die mühselige Arbeit machten, den Abfall zu sortieren. Dass darunter schon damals giftige Stoffe zu finden waren und sie oft auch schädlichen Gasen ausgesetzt waren, kümmerte in China lange Zeit niemanden. Umwelt- und Gesundheitsbestimmungen gab es zwar schon. Sie wurden aber meistens nicht befolgt.

Weniger Menschen wollen in Abfällen wühlen

Inzwischen hat die chinesische Regierung aber erkannt, dass der Import von Abfall und Schrott keineswegs nur lukrativ ist, sondern auch Schäden hinterlässt. Kombiniert mit dem eigenen Abfall der Chinesen, der in den letzten Jahren rasant zugenommen hat, kommen viele Recyclinganlagen und Abfallverbrennungsanlagen nicht nach, den vielen Abfall zu entsorgen. Zudem sind in China immer weniger Menschen bereit, in den Abfällen nach möglichen Wertstoffen zu wühlen.

Die rasante Industrialisierung im Zuge des chinesischen Wirtschaftsbooms hat in dem Land bereits für grosse Umweltprobleme gesorgt. Viele Gewässer sind verseucht, zahlreiche Städte leiden unter Smog. Bei der Modernisierung der Wirtschaft hat sich die Regierung daher auch den Kampf gegen die Umweltverschmutzung auf die Fahne geschrieben. Der Importstopp von Schrott und anderen Abfällen ist Teil dieser Modernisierungskampagne.

Felix Lee, Peking