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Urgestein Jürg Zeltner geht nach über 30 Jahren: Ein Verlust für die UBS – ein Gewinn für Ermotti

Der Chef der Internationalen Vermögensverwaltung der UBS, Jürg Zeltner, ist gestern überraschend zurückgetreten. Er führte die mit Abstand bedeutendste Abteilung der Grossbank während der letzten neun Jahre.

Beat Schmid
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Jürg Zeltner war mehr als 30 Jahre bei der UBS. Jetzt verlässt er sie. Reuters

Jürg Zeltner war mehr als 30 Jahre bei der UBS. Jetzt verlässt er sie. Reuters

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Insgesamt war Jürg Zeltner mehr als 30 Jahre bei der Grossbank – begonnen hat er als Lehrling beim damaligen Bankverein.

Zeltner kennt somit wie kein Zweiter die Bank und das Geschäft mit den Reichen und Superreichen dieser Welt. Er ist bestens vernetzt in den aufstrebenden Märkten in Asien. Als Banker mit Stallgeruch sei er zudem nahe an der Front und bei seinen Berater-Teams, sagt ein langjähriger Wegbegleiter. «Er wird eine grosse Lücke hinterlassen.»

Der am Donnerstag in der Früh kommunizierte Abgang kam Bank-intern überraschend. Am Mittwoch sei Zeltner noch an einer Weihnachtsfeier erschienen, sagt ein UBS-Angestellter. Nichts habe darauf hingedeutet, dass er die Bank verlassen würde. Offenbar waren nur sehr wenige Manager in seine Pläne eingeweiht. Zuletzt habe es ein Gespräch zwischen Konzernchef Sergio Ermotti und ihm gegeben, das in ruhiger Atmosphäre geführt wurde. «Mit 50 wollte er einfach nochmals etwas Neues machen», sagt ein Kadermann.

Favorit für Bank Bär

Zeltner gilt nun als aussichtsreicher Kandidat für den CEO-Posten bei der Bank Julius Bär. Gestern kochte die Gerüchteküche hoch, dass das UBS-Urgestein schon bald für Boris Collardi, der zu Pictet geht, nachrücken könnte. Ob es tatsächlich auch so kommt, wird sich weisen. Hätte Zeltner bereits einen Vertrag unterschrieben, müsste Julius Bär dies wohl in den nächsten Tagen offiziell mitteilen, weil dies eine börsenrelevante Information wäre. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Zeltner etwas ganz anderes im Sinn hat.

Qualifiziert wäre er für den Job bei Bär jedenfalls. Reizen dürfte es ihn auch, endlich mal an der Spitze einer Bank zu stehen. Und motiviert wäre er sowieso: Es ist kein Geheimnis, dass Zeltner stets Ambitionen hegte, bei der UBS ganz nach oben zu steigen. Doch dort stand ihm in den letzten Jahren Sergio Ermotti im Weg. Wenn es tatsächlich zum Wechsel kommt, dann dürfte es Zeltner leicht fallen, die besten Talente und Teams zu Julius Bär zu lotsen. Er könnte so der UBS einen nicht unerheblichen Schaden zufügen.

Unmittelbar ein Problem ist das für den neuen Chef des UBS-Private- Banking, den deutschen Martin Blessing. Dieser stiess erst 2016 von der Commerzbank zur UBS und leitet seither das Schweizer Geschäft, ohne wirklich Spuren zu hinterlassen. Blessing ist in Deutschland gut vernetzt, er kennt auch UBS-Präsident Axel Weber bestens. Sein Vater war Präsident der Deutschen Bundesbank.

Doch dieses Netzwerk hilft ihm in seiner neuen Funktion herzlich wenig. Das Geschäft brummt vor allem in Asien, wo sich Blessing kaum auskennt. Er kennt auch die betuchte Klientel der Grossbank wenig, die insgesamt 1300 Milliarden Franken angelegt hat. Auch kein Pluspunkt ist, dass Blessing für die Tausenden Kundenberater ein unbeschriebenes Blatt ist. Daher ist es nicht überraschend, dass manche Insider am Paradeplatz diese Ernennung kaum nachvollziehen können. In der offiziellen Mitteilung lobt die Bank Blessing über den Klee, spricht von «starken Finanzergebnissen» und einem «Rekordzuwachs an Neukunden», doch unter ihm verringerte sich der Betriebsgewinn in den letzten beiden Quartalen gegenüber dem Vergleichszeitraum im letzten Jahr.

Mit dem Abgang von Zeltner wurde die Geschäftsleitung der UBS umgestellt. Neuer Schweiz-Chef (als Nachfolger von Blessing) wird Axel Lehmann, der seine Rolle als Chief Operating Officer an Sabine Keller-Busse abgibt, die den Bereich Human Ressources (Personal) führt.

Die Rochade an der Spitze der Grossbank trägt die Handschrift von Konzernchef Sergio Ermotti. Mit dem Abgang Zeltners dürfte er sich die Macht für die nächsten Jahre gesichert haben. Martin Blessing, den deutsche Medien bereits als Nachfolger von Ermotti sehen, wird erst einmal beweisen müssen, dass er tatsächlich für höhere Weihen geeignet ist.

Doch auch für Ermotti bleibt der Druck hoch. Denn bei einem entscheidenden Kriterium schneidet der Tessiner auffallend schlecht ab. Der Aktienkurs der Bank kommt und kommt nicht vom Fleck: In den letzten 18 Monaten dümpelte er zwischen 16 und 17 Franken. Was mager ist angesichts der üppigen Gehälter, die Bankchefs nach wie vor verdienen.