Fabian Hock zur öffentlichen Forderung des Investors Cevian, ABB in zwei Teile zu spalten: «Einiges deutet darauf hin, dass Cevian mit seinem Vorhaben nicht durchkommt.»
Ungewöhnliches passiert in dieser Woche. Der schwedische Investor Cevian, der 6,2 Prozent am Schweizer Industrieriesen ABB hält, spricht. Das macht er äusserst selten. Auch noch Klartext – was im Umfeld börsenkotierter Firmen insgesamt nicht unbedingt Amtssprache ist. Es habe viele Spekulationen gegeben hinsichtlich der Haltung Cevians zur strategischen Überprüfung der Stromnetzsparte von ABB, heisst es seitens des Investors. Im Zuge dieser prüft die ABB, ob sie die Division behalten will oder nicht. «Wir glauben es wäre hilfreich, unsere Position klar zu machen», so die Konsequenz.
Dafür hat Cevian ein knappes Papier aufgesetzt. Darin überrascht weniger die Forderung nach der Aufspaltung von ABB. Denn dass der Investor die Division Stromnetze vom Rest des Unternehmens getrennt sehen möchte, ist nunmehr seit Monaten ein offenes Geheimnis. Weniger offensichtlich war, welche Lösung Cevian für die dann abgetrennten Stromnetze vorschwebt. Jetzt ist klar: Ein Verkauf der Sparte an eine andere Firma ist nicht die favorisierte Variante. Stattdessen soll die Division als eigenständiges Unternehmen an die Börse. Die ABB-Aktionäre sollen zumindest vorläufig Eigentümer der neuen Gesellschaft bleiben. Eine eigene Geschäftsleitung hätte dann wesentlich mehr Kapazität für das Stromnetz-Geschäft, so die Idee. Bei der ABB in ihrer derzeitigen Struktur sind die Stromnetze schliesslich nur eine Division von vieren. Glaubt man Cevian, schlummert hier ein riesiges Potenzial: 35 Franken pro Aktie wären die beiden getrennten Divisionen in wenigen Jahren zusammenaddiert wert — momentan steht der Kurs bei Fr. 21.50. Bei der Berechnung, betont ein Sprecher, habe man sich an den von ABB selbst gesteckten Margenzielen orientiert. Mehr nicht. Und die Schweden stehen nicht alleine da: Kaum waren sie mit ihrer Forderung an der Öffentlichkeit, sprang ihnen der US-Fondsanbieter Artisan, der selbst 2,5 Prozent an ABB hält, zur Seite. Gestern nahm dann auch der zehntgrösste Anteilseigner Nordea die Konzernleitung in die Pflicht: Diese müsse die Vorteile des Zusammenbleibens
klar aufzeigen, mahnte Nordea.
Die grosse Frage lautet nun: Schwenkt ABB auf die Cevian-Linie ein? Am 4. Oktober werden wir es wissen. Am Capital Markets Day in Zürich will ABB über das Ergebnis der Überprüfung der Division Stromnetze berichten. Einiges deutet aus heutiger Sicht jedoch darauf hin, dass Cevian mit seinem Vorhaben nicht durchkommt – sondern bei Management und Verwaltungsrat auf Schweizer Granit beisst. Was gegen die Spaltung spricht:
Bedeckt hält sich derweil noch der grösste Anteilseigner Investor AB. Und überhaupt: Sicher ist in Sachen Stromnetze noch gar nichts, nach wie vor sind alle Optionen offen. Nur eines ist klar: Die Spannung in den kommenden zweieinhalb Wochen — sie wird weiter steigen.