Startseite
Wirtschaft
Kurz vor dem offiziellen Impfstart wurde der Südafrikanische Milliardär Johann Rupert im Thurgau geimpft. Dies, nachdem er zuerst erfolglos versucht hat, sich in einer Klinik in Luzern impfen zu lassen. Die Aktion stösst vielen sauer auf – Reaktionen aus der Politik folgten prompt.
(lsf/evw/lex) Johann Rupert ist der reichste Mann Südafrikas (acht Milliarden Dollar Vermögen) und flog vor Weihnachten in die Schweiz, um sich hier gegen Covid-19 impfen zu lassen. Nachdem er es erst erfolglos in einer Klinik in Luzern versucht hatte, wurde er kurz vor dem offiziellen Impfstart in Frauenfeld geimpft, wie der «Tagesanzeiger» berichtet.
Die Hirslanden-Gruppe, die im Thurgau den Auftrag für die Impfkampagne erhalten hat, bestätigt gegenüber der Zeitung die Impfung von Rupert. Dieser zähle «zur Kategorie der Risikopatienten», obwohl er erst 70-jährig ist. Der Unternehmer aus Südafrika gehörte zu zwölf Personen, die vor dem offiziellen Impfstart im Rahmen von Tests den Coronaimpfstoff erhielten, erklärt ein Hirslanden-Sprecher dem «Tagesanzeiger».
Auch der Milliardär äussert sich über die Impfaktion. Es liege ihm daran, für alle Mitarbeitenden in seinen Unternehmen ein Zeichen zu setzen. Seine Botschaft sei: «Nur über die Impfung werden wir es schaffen, aus dieser Krise herauszukommen.»
Wie es weiter heisst, war die Vorzugsbehandlung des Milliardärs wohl nur möglich, weil sich die Hirslanden-Spitalgruppe über ein Firmengeflecht im Besitz von Rupert befindet. Die Gruppe habe im Thurgau zudem den Zuschlag für den Aufbau und die Durchführung von Covid-Impfungen erhalten.
Die Hirslanden beschäftigt über 10'000 Mitarbeiter. Die Gruppe betreibt 17 Kliniken in zehn Kantonen und macht einen Umsatz von 1,8 Milliarden Franken. Sie ist zudem eine Tochtergesellschaft der südafrikanischen Mediclinic International, die an der Londoner Börse kotiert ist. Diese wiederum wird von der südafrikanischen Remgro kontrolliert – die Mehrheit daran besitzt die Familie Rupert. Zum Imperium des reichsten Südafrikaners gehören neben Spitälern und Industriebeteiligungen auch die grössten Uhren-, Schmuck- und Modekonzerne der Welt.
Johann Rupert ist Verwaltungsratspräsident der Genfer Compagnie Financière Richemont, zu der Luxusmarken wie Cartier, Chloé, Lancel, Montblanc und Dunhill sowie zahlreiche Uhrenhersteller wie IWC, Piaget, Jaeger-LeCoultre, Officine Panerai, Piaget oder Vacheron Constantin gehören. Gemäss Handelsregister hat der Unternehmer seinen offiziellen Wohnsitz seit 2018 in Satigny bei Genf. (red.)
Der Thurgauer Gesundheitsdirektor Urs Martin bestätigt im Artikel des Tagesanzeigers, dass die Hirslanden AG die Erlaubnis des Kantons hatte, vor dem offiziellen Start am 12. Januar paar wenige Impfungen zu Testzwecken vorzunehmen, um die Handhabung des «komplexen Impfstoffs zu erproben». In die Auswahl der Testpersonen sei er nicht involviert gewesen. Auf Twitter schreibt er:
Danke dem @tagesanzeiger für die fundierte Recherche. Deren Inhalt verursacht auch bei mir Stirnrunzeln. https://t.co/aZ9sFTLbwi
— Urs Martin (@Oberthurgau) January 21, 2021
Urs Martin selber war bis zu seiner Wahl in den Regierungsrat vergangenen März der Leiter in Public Affairs bei der Hirslanden-Gruppe.
Die erste Reaktion aus dem Thurgau auf die Impfaktion lässt nicht lange auf sich warten: Nina Schäfli, Kantonsrätin und Parteipräsidentin SP Thurgau, macht ihrem Ärger über Twitter Luft. Sie empfindet das Ganze als Affront für alle Thurgauerinnen und Thurgauer.
Testimpfung hin oder her: Ein Affront für alle Thurgauerinnen und Thurgauer, die seit Wochen auf einen Impftermin warten. https://t.co/gXYD7699Ab
— Nina Schläfli (@NinaSchlaefli) January 21, 2021