Wirtschaft
Warum es der Schweiz besser geht

Immigration, solid finanzierte Unternehmen und Medikamente als Exportschlager: All das kam der Schweiz in der Krise zugute.

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Aymo Brunetti

Aymo Brunetti

Daniel Imwinkelried

Die Krise würde gar die Grosse Depression der 30er-Jahre in den Schatten stellen, befürchteten Ökonomen, als die Industrie-Aufträge 2009 ins Bodenlose fielen und die Arbeitslosigkeit emporschnellte. Doch nun hat sich herausgestellt, dass sie trotz hoher Arbeitslosigkeit nicht ganz so verheerend war wie befürchtet. 2009 ist das Schweizer Bruttoinlandsprodukt (BIP) nur um 1,5 Prozent geschrumpft und in den zwei letzten Quartalen des Jahres hat es sogar wieder leicht zugenommen. Damit hat die Schweiz die Krise weit besser überstanden als die meisten Industrieländer. Das verdankt sie glücklichen Umständen.

Finanzierung: Viele Schweizer Firmen haben den Boom genutzt, um Eigenkapital anzuhäufen. Davon zehren sie nun. Auch erhalten die meisten Unternehmen von ihren Banken ausreichend Kredite. Im Ausland harzt es dagegen vielerorts. Britische und amerikanische Institute haben mit Immobiliendarlehen so horrende Verluste erlitten, dass sie finanziell ausgepumpt sind. Sie halten die Unternehmen knapp.

Immobilien: Der Zusammenbruch der Liegenschaftspreise war der Brandbeschleuniger dieser Rezession. Wenn Banken am Abgrund stehen, hat das noch keine Wirtschaft unbeschadet überstanden. Zudem machen Immobilienkrisen auch die Einwohner eines Landes ärmer, was den Konsum lähmt. Die Schweizer Banken haben mit Immobilien zuletzt fast keine Verluste erlitten. Vielmehr forcieren sie das Hypothekargeschäft munter weiter. Dabei würde es aber sicher nichts schaden, wenn sie langsam etwas vorsichtiger würden.

Konsum und Bau: In der Schweiz ist laufend mehr konsumiert worden - im vergangenen Jahr 1,2 Prozent. Das hat die Wirtschaft gestützt. Mehr Konsum heisst aber nicht, dass die Schweizer nun wie die Amerikaner der Kaufwut verfallen wären. Im vergangenen Jahr ist nämlich auch die Anzahl der Einwohner um 1,1 Prozent gewachsen, und diese Menschen besuchen Restaurants, gehen zum Coiffeur und brauchen Möbel. Der gleiche Effekt spielt zu- gunsten der Bauindustrie. Auch diese schon oft totgesagte Branche hat die Krise der Wirtschaft gemildert. 2009 stiegen die Bau-ausgaben um 1,3 Prozent, zu einem grossen Teil ebenfalls dank den Immigranten.

Export: Die Maschinenindus-trie ist von der Krise so hart getroffen worden wie nie zuvor. Die wichtigste Schweizer Exportbranche hat von der Rezession dagegen nichts gespürt: Die Pharmafirmen produzieren auf Hochtouren. Die Branche bestreitet einen Drittel der Schweizer Ausfuhren, wobei Tabletten in Krisen anders als Industriegüter keinen Preisdruck spüren.

Doch obwohl die Rezession in der Schweiz rein statistisch gesehen ausgestanden ist, weist die Schweiz weiterhin Krisensymptome auf. So liegt die Arbeitslosigkeit mit 4,5 Prozent auf einem für hiesige Verhältnisse hohen Niveau. Auch Konkurse sind noch weit verbreitet. Richtig schlecht geht es schliesslich weiterhin der Industrie. Obwohl die Aufträge wieder leicht angezogen haben, bleibt die Auslastung fast so niedrig wie nie zuvor. Aymo Brunetti, Leiter Direktion für Wirtschaftspolitik im Seco, zieht daher ein durchzogenes Fazit aus den neuesten BIP-Zahlen: Diese hätten zwar positiv überrascht, Vorsicht sei aber weiterhin angebracht. Auch Claude Maurer von der Credit Suisse prognostiziert keinen rasanten Aufschwung. Die Nachfrage aus Asien belebe zwar die Schweizer Wirtschaft, die Binnenwirtschaft werde ihr Tempo aber kaum halten können.