Der ehemalige Nestlé-Präsident spricht über seine Zeit nach dem Rücktritt beim Nahrungsmittelmulti. Am Hauptsitz in Vevey hat Ehrenpräsident Peter Brabeck weiterhin sein Büro – nach eigenen Angaben gehört er heute zu den grössten privaten Investoren.
Er hat Nestlé jahrzehntelang geprägt und daraus den grössten Nahrungsmittelhersteller der Welt gezimmert. Im April wurde er an der Generalversammlung nach fast 50-jähriger Tätigkeit mit Applaus verabschiedet. Seither ist das Kapitel Nestlé, das mit einem Job als Glaceverkäufer angefangen hatte, für Peter Brabeck abgeschlossen.
Immerhin: Am Hauptsitz in Vevey hat der Ehrenpräsident weiterhin sein Büro, und mit seinen über 3,5 Millionen Aktien, die er während seiner aktiven Zeit als Lohnbestandteile erhielt, gehört der geborene Österreicher nach eigenen Angaben heute zu den grössten privaten Investoren. Ein lukratives Investment, wie Brabeck betont, das eine Rendite – inklusive Dividende – von 12 Prozent abgeworfen habe.
Eigentlich könnte sich Brabeck damit in den Ruhestand zurückziehen. Dem ist aber nicht so: Am Freitag erzählte er vor dem neugegründeten Investoren-Netzwerk seines Freundes, des ehemaligen Direktors des renommierten Ausbildungszentrums IMD in Lausanne, Peter Lorange, wie seine Investitionen, aber auch seine beruflichen Tätigkeiten derzeit aussehen. Dazu gehören Investitionen in Immobilien, in Start-ups in der Schweiz und in den USA, in eine eigene Fluglinie oder auch in eine österreichische Uhrenfirma. Insgesamt seien in diesem Bereich rund 25 Prozent seines Vermögens investiert, plauderte der Spitzenmanager freimütig aus. Die Renditen seien jedoch kaum vergleichbar mit denjenigen, die er seit 1992 mit Nestlé-Aktien erwirtschaftet habe. Doch das scheint ihn kaum zu stören.
Stark engagiert bleibt der bald 72-Jährige – der noch während seiner Zeit bei Nestlé von einer hartnäckigen Krebs-Erkrankung genesen konnte – auch in anderen bekannten Institutionen: So sitzt Brabeck im WEF-Stiftungsrat, wo er diese Tage den Teilrücktritt des WEF-Gründers Klaus Schwab mitverantwortet hat und beim Klassikfestival in Verbier, wo demnächst das neue Programm bekannt gegeben wird. Auch international spielt Brabeck mit seinem Präsidium bei der Formel 1 weiterhin ganz vorne mit. «Langweilig wird mir nicht», gibt der stets braun gebrannte Manager, dessen Vermögen vom Wirtschaftsmagazin «Bilanz» auf 275 Millionen Franken geschätzt wird, im Gespräch am Rande der Veranstaltung zu.
Als schwieriger als anfänglich gedacht hat sich die Investition in die Kaviarmanufaktur Kasperskian in Susten VS entwickelt. Es ist für Peter Brabeck nicht nur eine finanzielle Investition, sondern eine Herzensangelegenheit. Denn sie verbindet die Herstellung eines Luxusprodukts mit dem Gedanken der Nachhaltigkeit: Dank einer Technik, die aus Russland stammt, müssen die Störe nicht getötet werden, um den wertvollen Kaviar zu gewinnen. Die Mitarbeiter von Kasperskian «melken» die Fische ganz einfach. Nachhaltigkeit wird auch sonst grossgeschrieben. So wird das Wasser, das für die Fischzucht gebraucht wird, wird grösstenteils rezykliert.
Kasperskian wurde 2013 gegründet. Peter Brabeck stieg 2015 als grösster Investor ein und hat sich persönlich um den Auftritt und um das Marketingkonzept der Firma gekümmert, wie er ausführt. Dazu gehört etwa, dass ein VIP-Club gegründet wurde. Hier konnte Brabeck von den Erfahrungen bei der Lancierung der NespressoKapsel profitieren. Ein weiterer Investor war der in England lebende Russe Konstantin Sidorov. Insgesamt wurden rund 30 Millionen Franken in das Unternehmen investiert.
Doch bei Kasperskian, das von der Öffentlichkeit wegen seines modellhaften Charakters und prominenten Investors nah verfolgt wird, sind offenbar die Weichen neu gestellt worden. Dies tönt Brabeck im Gespräch an.
Tatsächlich: Nach einer Aufbauphase des Unternehmens hat der CEO Renato Stefani dem Verwaltungsrat im Mai bekannt gegeben, dass er den Vertrag nicht mehr verlängere. Dies bestätigt Verwaltungsrats-Präsident Thomas Siegenthaler auf Anfrage. Man habe mit Thomas Jaeger einen Nachfolger gefunden, der zunächst als operativer Leiter tätig sei.
In den nächsten drei Monaten werden nun die Strukturen genauer überprüft: «Wir waren ein Start-up und treten nun in eine neue Phase. Das heisst, wir müssen uns stärker um den Verkauf kümmern.» Stefani bleibe jedoch Aktionär und Mitglied des Verwaltungsrats. Auch für Peter Brabeck ist klar, dass er weiterhin als Investor dabei bleibt. Dies umso mehr, als dass er den Wechsel an der Spitze sehr eng begleitet hat.
Auch nach seinem Abgang beim Nahrungsmittelmulti bleibt Brabeck also dem Thema Ernährung treu. Nicht nur mit dem Kaviar-Projekt. Sein Buch «Ernährung für ein besseres Leben» wird derzeit auf Spanisch übersetzt und Brabeck geht damit schon bald auf Lesetour – unter anderem nach Südamerika. Im Buch kritisiert er, wie sich die Bevölkerung heute ernährt. «Es ist klar, dass sich die Nahrungsmittelindustrie in Richtung wissenschaftlich orientierter Ernährung entwickelt», so Brabeck am Freitag zum Publikum. Man werde auch im Bereich der Agrarindustrie künftig darauf achten, dass man viel weniger Ressourcen benötige. Kaum verwunderlich also, dass Brabeck auch als Investor auf Unternehmen setzt, die Agrarindustrie mit neuster Technologie weiterbringen möchten.
Peter Brabecks Leben nach Nestlé ist vollgepackt mit eigenen Projekten. Gleichwohl ist er sich bewusst, dass er ein gewisses Alter erreicht hat. Seine Investitionen – und damit wohl auch sein Vermögen – wird Peter Brabeck deshalb nun in eine Stiftung einbringen, wie er ausführte. Die Details dazu würden demnächst festgelegt.