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Wirtschaft
Die Nervosität über den Wolken steigt angesichts der Virus-Ausbreitung. Die Fluggesellschaft Swiss reagiert gleich mit mehreren Massnahmen. Und das Kabinenpersonal äussert neue Forderungen.
Das Programm stand schon. Unter dem Motto «Eine rot-weisse Freundschaft» plante die Swiss am kommenden Sonntag den feierlichen Erstflug nach Osaka, mit 2,5 Millionen Einwohnern Japans drittgrösste Stadt. Eine rund 40-köpfige Delegation wäre an Bord gewesen mit Vertretern der Airline, darunter Swiss-Verwaltungspräsident Reto Francioni, Partnerfirmen und Journalisten (Anm. d. Red.: auch CH Media wäre eingeladen gewesen).
Doch soweit kommt es nicht: Am Mittwoch entschied die Lufthansa-Tochter, den fünftägigen Firmenausflug abzusagen. Der Flug findet zwar statt, aber ohne Swiss-Delegation. Grund ist das Corona-Virus, beziehungsweise eine entsprechende Weisung des japanischen Premierministers Shinzo Abe, der Firmen aufgefordert hat, ihre Eventpläne zu überdenken.
Die Absage des feierlichen Programms ist sinnbildlich für die Nervosität, die derzeit in der Aviatik herrscht. Der internationale Luftverkehrsverband Iata rechnet wegen des Corona-Virus mit einem Branchen-Defizit von rund 30 Milliarden Dollar. Und: Erstmals seit den Krisenjahren 2008 und 2009 könnten die Buchungen global zurückgehen.
Die Swiss hat ihre China-Flüge bereits vor einem Monat gestrichen, vorerst bis Ende März. Nun reduziert sie auch die Flüge nach Hongkong. Ab nächster Woche bedient sie die Metropole nicht mehr täglich, sondern nur noch fünf Mal pro Woche, und zwar mit einer Airbus-340, die rund 30 Prozent weniger Passagiere fasst als die zuvor eingesetzt Boeing-777. Der angepasste Flugplan gilt bis Ende Mai. Gestern gab zudem Air China bekannt, fast alle Direktflüge nach Genf zu streichen.
«Die Leute sind intern derzeit extrem angespannt», sagt ein Swiss-Insider. «Täglich verlieren wir hunderttausende von Franken wegen der gestrichenen Flüge.» Die Swiss dürfte froh sein, wenigstens Osaka als neue Destination gewählt zu haben. Denn ursprünglich war Seoul in der Poleposition. Südkorea weist derzeit deutlich mehr Corona-Fälle auf als Japan.
Inzwischen haben zahlreiche Länder Reisewarnungen für Destinationen ausgesprochen, in denen das Corona-Virus verifiziert wurde. Weitere Restriktionen drohen. Dadurch erleidet die weltweite Reisetätigkeit, die in den letzten Jahren stetig zunahm, einen erheblichen Dämpfer. Und je weniger geflogen wird, desto eher kommt es zum Preisdumping.
Die Mutter-Gesellschaft der Swiss rechnet nicht mit einer raschen Besserung. Lufthansa-Vorstandsmitglied und Ex-Swiss-Chef Harry Hohmeister hat im deutschen «Handelsblatt» ein grosses Sparpaket für Lufthansa bekannt gegeben. Die nach Umsatz grösste Airline-Gruppe Europas will alle geplanten Neueinstellungen überprüfen und möglicherweise sogar auf Eis legen. Erst Anfang Jahr hiess es noch, man wolle dieses Jahr über 4500 Personen neu einstellen.
«Wir werden ausserdem auch nicht verhindern können, einzelne Projekte zu streichen und in der Verwaltung bei den Ausgaben zu sparen», sagt Hohmeister. Derzeit sind 13 Flugzeuge der Gruppe aufgrund der Corona-Krise gegroundet. Über die finanziellen Folgen dieser Massnahmen will die Firma bei der Bilanzpräsentation Mitte März informieren.
Unabhängig vom Lufthansa-Sparpaket hat auch die Swiss entschlossen, den Angestellten die Möglichkeit anzubieten, Teilzeit zu arbeiten und unbezahlten Urlaub zu beziehen. Derweil ist die Anspannung auch an Bord zu spüren. Laut Sandrine Nikolic-Fuss, Präsidentin der Swiss-Kabinen-Gewerkschaft Kapers, trägt mehr als die Hälfte der Passagiere auf Flügen nach Hongkong oder Tokio einen Mundschutz. «Die Lage ist sehr turbulent, da stündlich neue Informationen eintreffen.»
Man sei mit der Swiss in engem Austausch und vertraue ihrem Krisenmanagement. «Dennoch haben wir zusätzliche Massnahmen verlangt», sagt Nikolic-Fuss. Die Kapers hat den Antrag gestellt, dass Flight Attendants keine heissen Feucht-Tücher mehr verteilen müssen, da sich die Passagiere damit Gesicht und Hände waschen, und die Tücher dann wieder eingesammelt werden. «Dies ist derzeit bestimmt nicht sinnvoll.»
Zudem verlangt Kapers, dass die Menge an Desinfektionsmitteln für das Kabinenpersonal auf allen Flügen verdoppelt wird. Flugbegleiter erhalten auf Wunsch neu auch Masken auf den Flügen nach Norditalien. «Die Masken mögen zwar nicht das beste Schutzmittel sein laut Experten, doch sie helfen nur schon etwas, die Angst zu nehmen», sagt die Gewerkschafterin. Denn Angst dürfe von Flight Attendants gemäss Gesamtarbeitsvertrag als Grund angegeben werden, falls man eine gewisse Destination nicht anfliegen und auf einem anderen Flug eingesetzt werden wolle.