Halal-Zertifizierung
Wer hats erzwungen? Die Indonesier! Mit diesen Herausforderungen kämpft Ricola im Asien-Markt

Um auf Indonesien, dem weltgrössten Inselstaat, auch in Zukunft zu wachsen, durchläuft Ricola zurzeit einen aufwendigen Zertifizierungsprozess. Bald produziert die Firma halal-zertifiziert – und ersetzt den Marketingflop «Chrüterchraft».

Philipp Felber
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Produkte, die in Indonesien vertrieben werden, müssen ab 2019 mit einem Halal-Zertifikat versehen sein.

Produkte, die in Indonesien vertrieben werden, müssen ab 2019 mit einem Halal-Zertifikat versehen sein.

Die Ricola-Werbekampagne mit Volksschauspieler Erich Vock und dem Slogan «Wer hats erfunden?» ist Kult. Über Jahre hinweg wies Vock als Werbeträger Ausländer darauf hin, dass Ricola ein echtes Schweizer Produkt sei. Die Werbebotschaft wurde 2013 abgelöst.

Danach versuchte es Ricola mit «Chrüterchraft» als neuem Slogan, der allerdings nie die gleiche Popularität erreichte. Anfang Oktober wurde diese Kampagne endgültig abgelöst. Nun wirbt Ricola mit «wish you well», auf Deutsch «alles Gute». Die marktschreierischen Zeiten Vocks sind damit endgültig vorbei.

Mit der neuen Kampagne richtet sich Ricola noch stärker an eine Kundschaft, die sich von den Bonbons Linderung ihrer Halsschmerzen oder ihres Hustens versprechen. Der Kampagnenstart Anfang Oktober kann denn auch kein Zufall sein: Die Zeit der Grippewellen und heiseren Stimmen steht bevor.

In den USA ist die Firma bereits einen Schritt weiter, den Gesundheitsmarkt abzudecken. Dort verkauft die Firma aus dem Baselbiet Immundragees, die versprechen, nicht nur das körperliche Abwehrsystem zu stärken, sondern auch beim Kampf gegen Müdigkeit zu helfen (die «Schweiz am Wochenende» berichtete). Für die Schweiz ist die Einführung solcher Dragees 2018 und 2019 nicht geplant.

Aber auch in der Schweiz bewegt sich Ricola in diese Richtung. Erst vor kurzem lancierte die Traditionsfirma hierzulande ein neues Bonbon, das Echinacea enthält. Diese Heilpflanze soll die Abwehrkräfte stärken. Die Wirkung ist aber umstritten. Vor allem auch, weil eine kleine Menge der Pflanze in den Bonbons ist.

Halal-Putzmittel

Nicht nur im wichtigen Schweizer Markt steht Ricola vor Veränderungen. In Indonesien steht die Firma vor einer ganz anderen Herausforderung. Ab 2019 müssen im Land mit der weltweit grössten Anzahl an Muslimen alle vertriebenen Produkte per Gesetz halal-zertifiziert sein.

Ricola vertreibt seit über 40 Jahren seine Bonbons in Indonesien, und die Verkäufe steigen stetig. Ricola-Sprecherin Florina Vollmeier sagt: «Wir betrachten Indonesien als wichtigen Wachstumsmarkt.» Vor allem bei der stark wachsenden Gruppe mit mittlerem bis hohem Einkommen seien die Ricola-Bonbons beliebt, sagt Vollmeier. Genaue Zahlen gibt das Familienunternehmen aus Laufen BL nicht bekannt.

Um auf dem weltgrössten Inselstaat auch in Zukunft zu wachsen, durchläuft Ricola zurzeit einen aufwendigen Zertifizierungsprozess. Mit «halal» werden im Islam Esswaren bezeichnet, die nach gewissen Vorgaben produziert wurden. So dürfen als halal gekennzeichnete Produkte zum Beispiel keinen Alkohol, kein Schweinefleisch oder Blut enthalten.

Da Ricola keine tierischen Produkte ausser Honig und Butterfett verwendet und diese nach Halal-Richtlinien unbedenklich sind, musste Ricola seine Rezeptur nicht anpassen. Aber die Firma muss beweisen, dass auch in der Produktion bis hin zum Vertrieb keine halal-widrigen Stoffe mit den Bonbons in Kontakt kommen: etwa Schmierstoffe für die Produktionsmaschinen, oder auch Reinigungsmittel.

Hinzu kommen Halal-Schulungen, regelmässige Audits und die Bildung eines Halal-Managements-Teams. Weil aber verschiedene religiöse Ausprägungen des Islams auch unterschiedliche Vorstellungen davon haben, was halal ist und was nicht, müssen verschiedene Zertifikate her.

Zuerst versucht Ricola nun das Zertifikat des Halal Food Council of Europe zu erlangen. Eine erste Überprüfung wurde vergangene Woche durchgeführt. Ricola rechnet damit, das Label in diesem Jahr zu erhalten. Für den indonesischen Markt reicht dieses aber nicht. Dies, weil Indonesien nur das Label der lokalen Zertifizierungsstelle Majelis Ulama Indonesia akzeptiert.

Dieses geht in der Striktheit über das Europäische hinaus. Den Schritt, Ricola künftig als halal zu kennzeichnen, begründet Ricola in einem Mitarbeiterheft. Es dürfe nicht vergessen werden, dass die rund 1,6 Milliarden Muslime die weltweit zweitgrösste religiöse Gruppe seien. Entsprechend gross ist das Marktpotenzial.