Nach dem Taucher im März erholen sich viele Wertpapiere von Zentralschweizer Firmen. Einige schaffen es aber nicht aus der Talsohle.
Die Coronakrise hat die Märkte seit Mitte Februar arg durchgeschüttelt, wobei aber nicht alle börsenkotierten Unternehmen an Wert verloren haben – im Gegenteil. Seit März ist an der Schweizer Börse sogar wieder eine Aufwärtsbewegung im Gang. Es gibt Aktien, die in den letzten Wochen neue Rekordwerte erreicht haben. Und das in einem beispiellosen Jahr, das mit einer Rezession enden dürfte.
Ein Blick auf die wichtigsten Zentralschweizer Aktien zeigt, dass es in unserer Region einige Gewinner gibt. Breit diversifizierte Anleger mit einem Auge auf regionale Titel dürften in den letzten Wochen nicht schlecht weggekommen sein. «Die Reaktionen der Aktienmärkte auf die Coronavirus-Pandemie haben vor Augen geführt, dass sich Diversifikation über verschiedene Sektoren hinweg lohnt», sagt Reto Lötscher, Leiter Finanzanalyse der Luzerner Kantonalbank.
Nimmt man den 17. Februar als Referenzdatum, hat zum Beispiel die Aktie des Emmer IT-Logistikkonzerns Also von 176.40 Franken auf 187.40 Franken zugelegt (siehe Grafik) – das ist ein Spitzenwert.
Die Gründe für diese positive Performance sind schnell gefunden: Einerseits gehört Also zu jenen Unternehmen, die trotz drohender Rezession eine Dividende ausbezahlt haben – die Aktionäre genehmigten die achte Dividendenerhöhung in Folge. Andererseits profitiert Also als Grosshändler und Service-Dienstleister im Informatikbereich davon, dass die Digitalisierung in den letzten Wochen einen gewaltigen Schub bekommen hat. Ende Februar präsentierte Also gute Jahreszahlen und – noch wichtiger – einen guten Ausblick auf das laufende Jahr. Daraufhin hat Also «den Schweizer Aktienmarkt deutlich outperformed. Den Kurseinbruch im März hat der Titel mittlerweile aufgrund der intakten Aussichten wieder wettgemacht», so Reto Lötscher.
Auch der Nidwaldner Börsenneuling SoftwareOne profitiert vom Technologie-Schub, wenn auch im Vergleich zu Also weniger stark. Das Stanser Unternehmen verwaltet für Firmenkunden Softwarelizenzen von Grossanbietern wie Microsoft oder SAP. Innerhalb des letzten Monats hat sich die SoftwareOne-Aktie um 4 Franken auf knapp 19 Franken verteuert. Pro Anteilsschein sollen die Aktionäre diesen Frühling eine Dividende von 21 Rappen erhalten.
Bereits ausbezahlt ist die Emmi-Dividende. Auch der Milchverarbeiter hat die Ausschüttung im Vergleich zum Vorjahr erhöht. Und auch Emmi zeigt eine eindrückliche Aktienperformance: Das Wertpapier ist fast 150 Franken teurer als vor einem Monat. «Emmi profitierte von einem erhöhten Absatz von Nahrungsmitteln, da die Verpflegung ausser Haus nicht mehr möglich ist», so Reto Lötscher von der LUKB. Selbst der seit längerem angeschlagene Emmi-Konkurrent Hochdorf verzeichnet seit einigen Wochen immerhin eine Seitwärtsbewegung, was angesichts der starken Rückgänge in den letzten beiden Jahren eine beachtliche Leistung ist.
Stark in Mitleidenschaft gezogen wurde hingegen Orascom. Der Altdorfer Tourismuskonzern stand kurz vor dem Turnaround, als Ende Januar CEO Khaled Bichara bei einem Autounfall in Kairo tödlich verunglückte. Kurz darauf brach die Coronakrise aus. Seit Anfang März hat sich der Aktienkurs von Orascom kaum mehr erholt. Den Jahresabschluss wird Orascom am Montag veröffentlichen.
Ebenfalls kaum Anzeichen einer Erholung gibt es bei Komax. Der Luzerner Kabelmaschinenhersteller kämpft seit längerem mit einer schwachen Nachfrage aus der Autoindustrie. Die Coronakrise kam zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt – vor zwei Wochen musste Komax die Dividende streichen. Der Aktienkurs ist mittlerweile so tief wie seit fünf Jahren nicht mehr. «2020 wird ein sehr anspruchsvolles Jahr für Komax. Ob 2021 mit einer Trendwende zu rechnen ist, kann man momentan nicht sagen. Im aktuellen Umfeld denken die wenigsten an den Kauf eines neuen Autos», sagt Lötscher.
Auch andere Industriekonzerne wie Schindler, Metall Zug oder Bossard leiden unter der Krise, überwinden aber langsam die im März erreichten Tiefstwerte. Lötscher sieht darin Hoffnung: «Legen sich in den kommenden Wochen und Monaten die Folgen des Lockdown, werden zyklischere Werte oder Titel, die von Nachholeffekten profitieren, stärker nachgefragt sein.» Unternehmen, die zudem stark in China präsent sind – wie etwa Schindler – dürften sich laut Lötscher rascher erholen als solche, die auf Europa oder USA fokussiert sind.