Die 24-jährige Iliriane Reinmann kämpft gegen Mutlosigkeit an.
Von Franz Schaible
«Ich habe Probleme, mit der Situation fertig zu werden. Ich habe immer gearbeitet und war noch nie ohne Arbeit.» Die knapp 24-jährige Iliriane Reinmann ist aber nicht geknickt, sondern blickt der eigenen, ungewohnten Situation offen in die Augen. Sie ist eine der rund 1700 Stellensuchenden in der Alterskategorie 15- bis 24-jährig im Kanton Solothurn. Seit ihrem Lehrabschluss als Kauffrau im Hotel Ibis in Winterthur vor einem Jahr hat sie rund 50 Bewerbungen geschrieben. Bislang ohne Erfolg. Wie viele andere Lehrabgänger wurde auch Iliriane Reinmann nach der Ausbildung im Lehrbetrieb nicht weiterbeschäftigt. «Ich habe aber nicht einfach nichts getan, sondern bis vor kurzem immer gearbeitet», betont die junge Frau. Bis im Juni 2009 in der Kaffeebarkette Spettacolo, dann nahm sie eine befristete Stelle in der Boutiquekette Tally Weijl in Bern an. Seit Mitte August ist die im Wasseramt wohnhafte Frau nun offiziell als arbeitslos registriert.
Iliriane Reinmann sucht eine Stelle als Kauffrau. «Ich würde eine Anstellung in einem Reisebüro bevorzugen.» Sie weiss aber, dass gerade im Reisebereich offene Jobs dünn gesät sind. Deshalb nähme sie auch eine interessante Bürostelle, etwa als Sachbearbeiterin, in einer anderen Branche an.
Die Enttäuschung ist jedesmal gross, wenn im Briefkasten wieder ein A4-Couvert mit den eingesandten Bewerbungsunterlagen steckt. «Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass wir uns für eine andere Bewerberin entschieden haben.» Diesen und ähnlich formulierte Standardsätze kennt sie inzwischen in- und auswendig. Mit der Wirtschaftskrise sei es noch schwieriger geworden, eine geeignete Stelle zu finden. «Der Kampf um die offenen Stellen ist hart, und der Arbeitgeber kann heute unter vielen Bewerberinnen und Bewerbern aussuchen», weiss die junge Frau.
Der Hauptgrund für die Absagen sei die mangelnde Berufserfahrung, schildert Reinmann. «Doch wie soll ich Berufserfahrung sammeln, ohne einen Job zu haben?», fragt sie sich. «Die Arbeitgeber möchten am liebsten eine Kandidatin frisch ab der Berufslehre mit vier Jahren Berufserfahrung, die dazu noch 20 Sprachen spricht», meint sie halb scherzend, aber auch ein wenig frustriert. Mit diesem Problem seien wohl viele Lehrabgänger konfrontiert. «Das Gefühl der Hilflosigkeit ist teilweise gross. Dabei unternehme ich alles, was ich kann. Ich versuche, gute Vorgespräche zu führen, ein gutes Bewerbungsdossier zusammenzustellen.»
Nach jeder abgeschickten Bewerbung bleibe jeweils nur eines übrig: warten, warten und nochmals warten. Vier- bis fünfmal habe sie sich persönlich vorstellen können, aber letztlich scheiterte es eben meistens an der mangelnden Erfahrung. Die Kauffrau Iliriane Reinmann gibt aber die Hoffnung nicht auf. «Ich bin motiviert und ehrgeizig, ich will eine mich auch fordernde Stelle finden.» Sie würde auch eine längere Pendlerstrecke in Kauf nehmen. «Das wäre kein Hindernis, während meiner Lehrzeit in Winterthur habe ich in Bern gewohnt.»
Dass sie für ihr berufliches Weiterkommen kämpfen könne, habe sie bereits in der Schule bewiesen. Trotz Schulzeit in der Kleinklasse und in der Realschule habe sie es geschafft und die Lehre als Kauffrau, E-Profil, mit Erfolg abgeschlossen. Wegen des zehnten Schuljahres und eines Auslandjahres in Australien zwar etwas später als ihr Jahrgang, aber das sei kein Problem für sie.
Und wenn die Frustration einmal zu gross wird, wenn die Hoffnung durch einen standardisierten Absagebrief zunichte gemacht wird, dann kann Iliriane Reinmann auf ihr familiäres und persönliches Umfeld zählen. «Ich hatte von Beginn an keine Mühe, offen darüber zu reden. Ich schäme mich nicht, sagen zu müssen, dass ich arbeitslos bin.» Es sei zwar ein Makel, aber sie lasse sich von diesem Umstand nicht negativ beeinflussen oder entmutigen. Das Umfeld wisse also um ihre berufliche Situation. «Diese Menschen stehen mir zur Seite und bieten mir ihre Hilfe an.»
Deshalb durchforstet sie weiterhin den Stellenmarkt in den Zeitungen und im Internet. Iliriane Reinmann gibt nicht auf. «Ich weiss, was ich kann.»