Der Immobilienhype klingt ab. Die Auswahl an inserierten Eigentumswohnungen nimmt zu. Kaufinteressierte sollten sich aber genügend Zeit lassen.
Kalkulator: Informationen und einen Kalkulator finden Sie auf www.luzernerzeitung.ch/bonus
RAINER RICKENBACH
Ansgar Gmür ist Direktor des Hauseigentümerverbandes Schweiz. Er stand zahlreichen Freunden und Bekannten beratend zur Seite, als diese den Traum der eigenen vier Wände verwirklichten. Nicht alle wurden dabei glücklich. «Oft überlegen sich die Leute zu wenig, was sie eigentlich genau wollen. Oder sie handeln überstürzt», so Gmür. Den Wohnungs- oder Hauskauf vergleicht er mit einer Ehe. «Man geht eine langfristige Verbindung ein. Da ist es lohnenswert, sich vor dem Entscheid ein paarmal hinzusetzen und der Frage nachzugehen, wie das Wohneigentum eigentlich auszusehen hat.»
Der Zeitpunkt, sich auf die Suche nach einer Eigentumswohnung oder einem Haus zu begeben, ist nicht schlecht. Der Immobilienboom klingt langsam ab, die Preise stabilisieren sich, in einigen Fällen sind sie sogar leicht rückläufig. Gmür: «Es ist eine gute Sache, sich nun nach passenden Gelegenheiten umzuschauen.» Das Preisniveau sei zwar nach wie vor hoch. «Doch die Auswahl ist grösser geworden», schätzt Robert Weinert vom Immobilienberatungsunternehmen Wüest&Partner die Befindlichkeit des Immobilienmarktes ein.
Die Gefahr, dass auf die Preisberuhigung gar ein Absturz des Immobilienmarktes folgt und Neukäufer im Schuldenelend landen könnten, hält Weinert für gering. «Bei den Preisen ist die Luft nach oben zwar dünn geworden. Doch das Fundament ist stabil», ist er überzeugt. Es macht darum seiner Einschätzung nach keinen Sinn, auf stark fallende Preise in den nächsten ein, zwei Jahren zu spekulieren.
Mieten oder kaufen? Diese Frage könne sich stellen, wer in der Lage sei, genug Geld für Wohneigentum aufzubringen, sagt Gmür. Mit einem Kalkulator auf seiner Webpage hilft der Hauseigentümerverband Kaufinteressierten auf die Sprünge. Ausgangspunkt bildet die heutige Miete. Sie gibt Aufschluss darüber, wie stark die Finanzierungskosten das Budget belasten dürfen. Der Kalkulator rechnet dann aus, wie teuer das Kaufobjekt sein darf und wie viel Eigenkapital notwendig ist, um die geforderten 20 Prozent des Kaufpreises aufzubringen (siehe Grafik).
Ein konkretes Beispiel: Ein junges Paar mit zwei Gehältern leistet sich eine Mietwohnung für 3200 Franken monatlich. Bei gleichen Kosten in einer Eigentumswohnung dürfte das Kaufobjekt nicht teurer als 817 000 Franken ausfallen. Davon müssen die jungen Leute 163 509 Franken oder einen Fünftel als Eigenkapital einbringen. Die Hälfte davon können sie aus der Pensionskasse entnehmen, wenn dort schon so viel angespart ist. Um die Kosten zu stemmen, ist ein Einkommen von insgesamt 115 200 Franken notwendig. Der Hypothekarzins ist in dem Beispiel mit 5 Prozent veranschlagt – das ist viel mehr, als heute angeboten wird, doch die Banken rechnen mit diesem Zinssatz, wenn sie die Tragbarkeit ergründen.
Je weniger Wohnkosten drinliegen, desto günstiger muss das Objekt sein. Ein weiteres Beispiel: Geht man von einem Mietpreis in der Höhe von 2000 Franken aus, darf die Eigentumswohnung rund eine halbe Million Franken kosten. Das notwendige Eigenkapital beläuft sich auf rund 102 200 Franken.
«Es macht keinen Sinn, knapp zu kalkulieren. Mit den Wohnkosten allein ist es nämlich noch nicht getan. Denn mit den Gebühren, Versicherungen und dem Eigenmietwert kommen noch weitere Ausgaben auf den Wohnungskäufer zu, die nicht zu unterschätzen sind», sagt Gmür vom Hauseigentümerverband.
Er rät Kaufwilligen, beim Erwerb einer Immobilie «von hinten her zu rechnen». Wer kauft, sollte sich vorher bereits Gedanken machen, wie sich die Wohnung oder das Haus zu einem guten Preis verkaufen lässt. «Es kommt häufig vor, dass Scheidungen, gesundheitliche Schwierigkeiten oder der Verlust des Arbeitsplatzes zum ungeplanten Verkauf zwingen. Ein Notverkauf birgt die Gefahr, unter dem Kaufpreis veräussern zu müssen», sagt Gmür. Eine finanzielle Rückstellung hilft, den Verkaufsdruck zu überstehen und nicht das erstbeste Angebot annehmen zu müssen.
Wer bei der Suche auf eine passende bestehende Wohnung gestossen ist, ist gut beraten, ihren Zustand genau zu prüfen. Gmür: «Da müssen Fachleute ran. Jeder hat in seinem Bekanntenkreis einen Architekten oder sonst einen Immobilienfachmann, der den Zustand einer Wohnung beurteilen kann. Versteckte Mängel sind für einen Laien meistens nicht erkennbar.» Er rät, sich die Wohnung auch bei Nebel- und Regenwetter anzuschauen («Bei Sonnenschein gefallen alle Wohnungen»). Es hilft auch, zu verschiedenen Tageszeiten zur Wohnung zu pilgern, um herauszufinden, wie es sich dort mit der Besonnung oder dem Strassenlärm verhält.
Beim Erwerb von Stockwerkeigentum ist es wichtig, sich über den Erneuerungsfonds schlauzumachen, aus dem der gemeinsame Hausteil mit den anderen Eigentümern finanziert wird. Der Vorbesitzer sollte seinen Beitrag vor dem Verkauf geleistet haben, sonst muss der neue Besitzer in die Lücke springen, wenn zum Beispiel eine teure Dach- oder Fassadensanierung ansteht.
Schickt sich jemand an, eine Neubauwohnung zu reservieren, empfiehlt der Hauseigentümerverband, bei den Reservationszahlungen den Betrag von 30 000 Franken nicht zu überschreiten. Bei späteren Anzahlungen während der Bauphase genügt es, wenn der Käufer Geld für Leistungen vorschiesst, die bereits getätigt wurden. Die Hypothekarzinsen bewegen sich zurzeit auf tiefstem Niveau: Zehnjährige Festhypotheken gibt es diese Woche für unter 1,8 Prozent, fünfjährige für weniger als 1,2 Prozent (Ausgabe vom Dienstag). Wer geschickt verhandelt, hat gute Chancen, mehr herauszuholen.
«Ist ein Teil des Kredites mit Libor finanziert, kommt es zu Zinsbewegungen auf tiefem Niveau», sagt Gmür. Das tiefe Zinsniveau spricht indes nach wie vor für einen Immobilienkauf. «Zinsprognosen sind zwar schwierig. Doch momentan deutet wenig auf einen starken Zinsanstieg hin», sagt Robert Weinert von Wüest&Partner.