Pro & Contra
Die Debatte zur AHV-Reform

Am 25. September stimmt die Schweiz über die AHV-21-Reform ab. Die Vorlage hat zum Ziel, die Finanzierung der Renten bis 2032 zu sichern. Mitte-Ständerat Erich Ettlin ist dafür, die Grüne Nationalrätin Manuela Weichelt kontert.

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Pro: Erich Ettlin, Mitte-Ständerat (OW)

Erich Ettlin

Erich Ettlin

Florian Arnold

Die AHV-Rente ist ein wichtiger Bestandteil des Einkommens für viele Menschen. Die Renten sind aber nicht mehr gesichert, weil die Ausgaben der AHV stärker steigen als ihre Einnahmen. Die Zahl der Pensionierten nimmt schneller zu als die Zahl der Erwerbstätigen, die in die AHV einzahlen. Das führt schon zu einer Schieflage. Es kommt aber noch dazu, dass die durchschnittliche Lebenserwartung steigt. Dadurch erhöhen sich die Rentenzahlungen, weil die Renten länger ausbezahlt werden müssen. Die AHV benötigt in den nächsten zehn Jahren zusätzliche 18,5 Milliarden Franken, um ihren Verpflichtungen nachzukommen!

Das Parlament legt einen ausgewogenen Kompromiss aus Mehreinnahmen und Einsparungen vor. Eine der Massnahmen ist das Anpassen des Rentenalters von Mann und Frau auf 65 Jahre. Dies ist gerechtfertigt, weil die Frauen in der AHV nicht benachteiligt sind. Durch Erziehungsgutschriften, Splitting und einer längeren Lebenserwartung als die Männer erhalten sie durchschnittlich sogar leicht mehr Mittel als Männer aus der AHV. Die Anpassung erfolgt schrittweise. Frauen, die kurz vor der Pensionierung stehen, können sich mit reduzierten Kürzungssätzen frühpensionieren lassen, oder sie haben Anspruch auf einen Zuschlag zur AHV-Rente. Daneben erhalten alle die Möglichkeit zum flexiblen Rentenbezug und der Aufbesserung der Rente.

Es ist keineswegs so, dass die AHV auf dem Buckel der Frauen saniert wird. Die Anpassung des Rentenalters an dasjenige der Männer ist überfällig und gerecht. Zudem zahlen alle über die Mehrwertsteuer einen beträchtlichen Anteil an die Stabilisierung der AHV: 12,4 Milliarden Franken bis 2032. Die Einsparungen betragen 4,9 Milliarden.

Wir können es uns nicht leisten, mit der Reform zuzuwarten. Der Bedarf ist klar gegeben, die Bedingungen haben sich fundamental verändert. Jetzt Nein zu sagen, heisst, das Problem wie eine heisse Kartoffel vor sich her und auf die nächste Generation zu schieben. Das ist keine Alternative!

Contra: Manuela Weichelt, Grüne Nationalrätin (ZG)

Manuela Weichelt

Manuela Weichelt

pd

Die AHV-Revision kürzt die Renten der Frauen bis in zehn Jahren um 7 Milliarden, obwohl sie im Schnitt einen Drittel tiefere Renten haben. Das ist absolut inakzeptabel.

Für Menschen mit kleinen Einkommen ist die AHV-Rente entscheidend für ein würdiges Leben nach der Pensionierung. Für einen Drittel aller Frauen ist sie sogar die einzige Altersvorsorge. Die AHV muss finanziell gesichert werden. Aber nicht auf Kosten der Frauen, welche bereits heute einen Drittel weniger Altersrente erhalten und deren BVG-Renten im Durchschnitt halb so hoch sind wie jene der Männer. Auf den ersten Blick scheint die Gleichstellung der Geschlechter zeitgemäss, doch mit der tatsächlichen Gleichstellung in der Arbeitswelt hapert es gewaltig. Die meisten Frauen würden diese Rentenkürzungen hart treffen.

Laut Lohnstrukturerhebung besteht eine unerklärbare Lohndifferenz von 8 Prozent zwischen den Geschlechtern. Frauen fehlen also im Durchschnitt 684 Franken Lohn pro Monat, nur aufgrund ihres Geschlechtes. Fehlender Lohn bildet keine Rente! Frauen erhalten heute vor allem aufgrund der 2. Säule im Durchschnitt 37 Prozent weniger Rente als Männer. Die Frauen beziehen bei Rentenantritt doppelt so häufig Ergänzungsleistungen. Altersarmut ist weiblich. Wer, wie viele Frauen, die Erwerbsarbeit für Betreuungs- und Pflegearbeit unterbricht, Teilzeit oder im Tieflohnsegment arbeitet, steht auch im Alter auf der Verliererinnenseite.

Bei Lohngleichheit würden jährlich 825 Millionen mehr in die AHV fliessen. Diskussionen über eine Zusatzfinanzierung wären überflüssig. Trotz allem möchte die Mehrheit des Parlaments die Renten senken. Dies bedeutet für die Frauen, dass sie länger arbeiten und gegenüber heute mit einem Verlust von 26000 Franken rechnen müssen. Laut Verfassung muss die Rente der AHV die Existenz und jene der 2. Säule das «gewohnte Leben» ermöglichen. Das tun sie heute nicht und in Zukunft noch viel weniger. Deshalb Nein zur unfairen AHV-Reform!