Biersommelier Richie Waldis über Bierkultur, Lager aus der Dose und zur Frage, ob es immer Weisswein sein muss
Richie Waldis: Ein Biersommelier weiss über die verschiedenen Bierstile und deren Herkunft Bescheid. Und welches Bier zu welchem Essen passt. Er ist eine Art Bier-Botschafter.
Zu einem Rindssteak würde ich ein kräftiges Bier nehmen, am besten etwas Dunkles. Ein Münchner Dunkel oder ein englisches oder amerikanisches Ale. Die persönliche Vorliebe spielt natürlich auch eine Rolle.
Da gibt es zwei Varianten: Entweder ein Bock-Bier, etwas eher Schweres. Etwas, deren Süsse das Salzige des Käses kompensiert. Oder aber etwas Erfrischendes, zum Beispiel ein Weizenbier. Ich würde wohl eher zum Weizenbier tendieren, denn ein schweres Bock-Bier zum schweren Essen könnte auch schiefgehen.
Ich trinke nicht jeden Tag, aber doch regelmässig abends ein Bier.
Die Schweizer Bierkultur ist in den Startlöchern. Wir hatten lange ein Bierkartell, da war vieles sehr einheitlich. Jetzt kommen ganz viele kleine Brauereien, die teilweise sehr interessante Sachen machen, die auch internationale Bierstile in der Schweiz brauen, Stout oder Pale Ales. Auch Weizenbier wird inzwischen hierzulande gebraut, das gab es vor 15 Jahren so gut wie gar nicht.
Es gibt verschiedene Biertrinker. Der eine schätzt die etwas spezielleren Biere, der andere das Lagerbier. Die grossen Brauereien bedienen diese Kunden, das ist auch völlig ok. Es spielt natürlich auch eine Rolle, wo ich das Bier trinke – an einem Fussballmatch trinke ich auch ein ganz normales Bier. Es gibt aber eben auch die, die im Restaurant erst einmal nach der Bierauswahl fragen und das passende Bier zum guten Stück Rindfleisch trinken möchten – und nicht die übliche «Stange» bestellen.
Das Image des Bieres wandelt sich. Die Geschmacksvielfalt ist gross und langsam wird vielen Leuten bewusst, dass Bier nicht immer hell und bitter oder dunkel und süss schmeckt, sondern dass es eine riesige Palette von Aromen gibt, die sich im Bier finden lassen. Seien es die erfrischend fruchtigen Weizenbiere aus Deutschland oder Belgien, Früchtebiere oder Sauerbiere ebenfalls aus Belgien. Neben dem klassischen Bier gibt es vieles, das sich lohnt, auszuprobieren.
Da bin ich etwas puristisch. Bei den Biermix-Produkten geht es darum, neue Kundenkreise anzusprechen, das sind reine Marketinginstrumente. In Belgien allerdings gibt es Früchtebiere, bei denen die Früchte in den Gärtank gegeben werden und so die Aromen ins Bier gelangen. Da gehört es dazu. Aber auch bei den Mixgetränken: Schlussendlich geht es bei vielen Brauereien ums Überleben, da hängen Arbeitsplätze dran. Ob ich persönlich das nun gut finde oder nicht, man kann sagen: sie überlegen sich etwas, um weiter Bier verkaufen zu können, von daher heiligt der Zweck manchmal auch die Mittel.
Die Kleinen haben im Moment einen Bonus. Es wird aber nicht mehr Bier getrunken in der Schweiz, der Kuchen wird nicht grösser. Die Zeit wird kommen, in der einige Kleine wieder schliessen müssen, weil es sich nicht rentiert oder weil sie die Qualität nicht herbringen. Die Schweiz wird vielfältiger, aber es wird für viele schwieriger werden, zu überleben.
Das ist schwierig zu sagen. Letzten Sonntag haben wir meinen 50. Geburtstag gefeiert und haben alle Sorten, die wir derzeit trinkfertig haben, ausgeschenkt – das waren 23 Sorten.
Unseren Amber-Bock. Ein kräftiges Bier mit 7 Prozent, es hat einen schönen, vollen, malzigen Körper, aber gleichzeitig auch eine aromatische, leicht fruchtige Bittere, die den Malzgeschmack schön ausbalanciert.
Ich bin Hauswirtschaftslehrer, die meisten Schüler sind erst zwischen 14 und 15 und bei diesen ist das Interesse für Bier noch nicht so gross. Bei den älteren ab 17 ist das Interesse schon da, bei denen ist beim Bier jedoch die Menge meist wichtiger als die Qualität.