Corona
Kantone und Bund eilen der angeschlagenen SGV zu Hilfe

Durch den pandemiebedingten Einbruch des Tourismus ist die Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees in Not geraten. Nun unterstützen die Innerschweizer Kantone die SGV mit einer Sanierungsvereinbarung.

Sandro Renggli und David von Moos
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Dunkle Wolken am Himmel: Die Aussichten für die SGV – hier ihr Motorschiff «Diamant» beim Anlegen in Hertenstein – waren schon besser.

Dunkle Wolken am Himmel: Die Aussichten für die SGV – hier ihr Motorschiff «Diamant» beim Anlegen in Hertenstein – waren schon besser.

Bild: Boris Bürgisser (Hertenstein, 27. Dezember 2020)

Die Coronapandemie hat die Reise- und Tourismusindustrie im Jahr 2020 in einem nie da gewesenen Ausmass getroffen. Stark davon betroffen ist auch die Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees (SGV), die dadurch in finanzielle Schwierigkeiten geraten ist. 2020 verzeichnete die SGV rund 55 Prozent weniger Passagiere als im Vorjahr, einen Ertragseinbruch von bis zu 18 Millionen und einen Verlust von rund 8 Millionen Franken.

Nun eilen die am Vierwaldstättersee gelegenen Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Ob- und Nidwalden dem angeschlagenen Transportunternehmen zu Hilfe, wie es in einer gemeinsamen Mitteilung vom Mittwoch heisst. Um den für 2020 prognostizierten Verlust teilweise decken zu können, beantragte die SGV beim Bund und den fünf Anrainerkantonen einen Teilverzicht im Umfang von 6 Millionen Franken auf das im Jahr 1989 der SGV gewährte, bedingt rückzahlbare Darlehen im Umfang von seinerzeit rund 12 Millionen Franken.

Anrainerkantone und Bund stimmen Sanierungsvereinbarung zu

«Die Anrainerkantone des Vierwaldstättersees haben ein hohes Interesse daran, dass die SGV ihr Leistungsangebot auch über die Coronakrise hinaus aufrechterhalten und weiter anbieten kann», so der Luzerner Regierungsrat Fabian Peter.

«Sie ist ein zentraler Pfeiler der Tourismusregion Zentralschweiz und leistet einen wichtigen Beitrag, dass die Erlebnisregion Luzern-Vierwaldstättersee weiterentwickelt werden kann.»

Die SGV Holding AG habe 2019 einen Umsatz von rund 86 Millionen Franken erwirtschaftet und sei mit 461 Mitarbeitenden (Vollzeitäquivalente) zudem ein wichtiger Arbeitgeber in der Region. Unter der Leitung des Kantons Luzern sei deshalb mit der SGV eine Sanierungsvereinbarung erarbeitet worden.

Die Anrainerkantone und der Bund gewähren der SGV den beantragten Teilverzicht im Umfang von 6 Millionen Franken, womit die SGV den prognostizierten Verlust 2020 von 8 Millionen teilweise decken kann. Von den 6 Millionen Franken übernimmt der Bund 2'215'200 Franken, der Kanton Luzern 2'485'800 Franken, der Kanton Schwyz 505'800 Franken, der Kanton Uri 269'400 Franken, der Kanton Obwalden 112'800 Franken und der Kanton Nidwalden 411'000 Franken. «Mit der Sanierungsvereinbarung kann eine drohende Überschuldung der SGV abgewendet und die SGV Holding mit ihren Tochtergesellschaften in eine sichere Zukunft geführt werden», erklärt Fabian Peter auf Anfrage.

«Wir schätzen diese Unterstützung sehr», bestätigt Stefan Schulthess, Geschäftsführer der SGV. «Das vergangene Jahr war hart für uns und die ganze Tourismusbranche.» Die Vereinbarung mit Bund und Kantonen helfe, eine Überschuldung abzuwenden. Das Problem sei damit aber nicht aus der Welt: «Wir brauchen schnell wieder mehr Gäste und Einnahmen, sonst haben wir bald ein Liquiditätsproblem.» Der Verzicht auf die Rückzahlung helfe der SGV zwar, Geld erhalte sie deshalb aber nicht. «Es ist eine buchhalterische Lösung», erklärt Schulthess. «Zudem ein bedingt rückzahlbares Darlehen im Normalfall ja ohnehin nicht zurückgezahlt werden muss.»

Über die SGV Holding AG

Zur SGV-Gruppe gehören die SGV Holding AG als Muttergesellschaft sowie die Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees AG, die Tavolago AG, die Shiptec AG sowie die SGV Express AG. 

1989 hatten die Vierwaldstättersee-Anrainerkantone und der Bund im Hinblick auf die Jubiläumsfeier 700 Jahre Eidgenossenschaft im Jahr 1991 der SGV für den Kauf von drei neuen Motorschiffen und weiteren Infrastrukturmassnahmen (Landungsanlagen) insgesamt knapp 12 Millionen Franken im Rahmen eines zinslosen, bedingt rückzahlbaren Darlehens gewährt. 

Im Gegenzug verzichtet die SGV auf Härtefallgelder

Die Sanierungsvereinbarung knüpft weiter auch an verschiedene Bedingungen an. So verpflichtet sich die SGV unter anderem, bis Ende 2024 auf Dividendenausschüttungen an die SGV Holding AG zu verzichten. Auch wird vereinbart, dass die SGV bis 2022 keine weiteren Unterstützungsmassnahmen trifft. Die SGV wird zudem angehalten, weiterhin ein attraktives Fahrplan-Angebot für den gesamten Vierwaldstättersee sicherzustellen.

«In der Hinsicht, dass wir bis 2022 auf weitere Unterstützung verzichten müssen, ist die Vereinbarung tatsächlich mit einem Wermutstropfen behaftet», so Stefan Schulthess. «Dennoch sind wir sehr dankbar. Und die Rahmenbedingungen für die Unterstützungsmassnahmen werden ja laufend angepasst. Wir haben den Kantonen darum auch mitgeteilt, dass wir je nach Situation eventuell trotzdem zusätzliche Hilfe anfordern müssen.» Momentan geht Schulthess aber davon aus, dass dies nicht nötig ist: «Wir hoffen, dass sich die SGV und der Tourismus in der Zentralschweiz in der zweiten Hälfte dieses Jahres wieder erholen kann, und dass wir 2022 auch wieder internationale Gäste empfangen können.»

Regierungsrat Fabian Peter erklärt auf Anfrage, dass die Gesamtlösung inklusive den Bedingungen mit der SGV ausgehandelt wurde: «Basierend auf dem jetzigen Kenntnisstand sollte diese Lösung kurz- und mittelfristig ausreichen, damit die SGV Holding AG mit ihren Tochterfirmen die derzeitige Covid-19-Krise finanziell bestehen kann. Wie sich die Covid-19-Situation jedoch weiterentwickeln wird, ist derzeit ungewiss.»