Der gelernte Gartenbauer und ehemalige Chauffeur Helmut Angst führt den Truck-Stop-Imbiss auf dem Rastplatz Knutwiler Höhe.
Helmut «Heli» Angst (59) hat 15 Jahre als Lastwagenchauffeur gearbeitet. Als der Luzerner die Freude an seinem Beruf verlor, kaufte er den Imbiss an der A2.
Trucks auf Parkplätzen sind Garanten für eine gute Küche. Vor Ihrem Imbiss stehen immer Lastwagen. Haben Sie eine Goldgrube?
Helmut Angst: Anfänglich lief es ordeli super. Mittlerweile hat’s abgenommen. Hier stehen zwar immer Lastwagen, die meisten warten aber auf Aufträge. Einige stehen mehrere Tage hier.
Auch die müssen essen!
Viele sind aus Osteuropa. Die vermögen nicht, auswärts zu essen. Sie haben, was sie brauchen, und benutzen nur die Toilette.
Stinkt Ihnen diese Situation?
Stammgäste können nicht parkieren, wenn die Plätze belegt sind. Das passt mir sicher nicht.
Im Februar wird der Rastplatz erneuert. Freuen Sie sich über neue Parkplätze?
Die Toilette wird umgebaut, es gibt eine Betonplatte beim Imbiss und auch acht neue Parkplätze. Ob ich mich freuen kann oder nicht, sehen wir dann.
Erlebt man auch Kurioses in 13 Jahren an der A2?
Und ob. Einmal hat ein Fahrer einen 50-Tonnen-Bagger verloren. Die A2 war über Stunden gesperrt. Leute aus dem Stau standen in Dreierreihe vor dem Imbiss. Meine damalige Partnerin und ich rannten den ganzen Tag. Der Umsatz war grandios.
Was für Räubergeschichten tischen Ihnen Gäste auf?
Ein kleiner Tscheche füllte einmal seinen Wasserkanister hier beim Brunnen. Ich half ihm, den schweren Behälter in die Kabine zu heben. Dabei sah ich, dass anstelle eines Fahrersitzes eine Holzkiste montiert war. Der Typ sagte, sein Chef habe kein Geld für neue Reifen locker gemacht, so habe er den Sitz verkauft und selber neue Gummis besorgt.
Mich dünkt, hier im Imbiss schwebt ein Hauch Fernweh.
Am Anfang hat es mich gebissen. Jetzt begehre ich das Fahren nicht mehr. Der Stress für die Chauffeure ist gewaltig. Mein Fernweh befriedige ich im Dezember, wenn ich irgendwohin verreise, wo es warm ist.
Können Sie den Ansturm im Ferienverkehr bewältigen ?
Die Touristen frassen mir früher fast die Haare vom Kopf. Heute kommen die meisten nur, um zu schauen, wie teuer das Essen ist, und verziehen sich wieder. Nicht mal einen Gruss lassen sie da.
Die wissen vorher ja nichts von einem Imbiss. Warum weist keine Tafel darauf hin?
Früher war ein Piktogramm mit einer Kaffeetasse bei der Autobahnausfahrt angebracht. Das musste aber weg. Es hiess, Werbung sei verboten.
Es wird auch nicht auf das WC hingewiesen. Sie sind aber vorbereitet. Das Menü liegt in sechs Sprachen auf. Sogar in Russisch. Warum?
Falls sich doch ein Chauffeur aus dem Osten zu mir verirrt, sollte er wissen, was ich anbiete.
Gibt es Fahrer, welche die A2 auf der Gegenfahrbahn bei Sursee verlassen, um einen Country Burger oder Chauffeur Hot Dog zu essen?
Es gab solche, die den Umweg fuhren. Den Fahrern sitzt heute aber der Disponent im Nacken, wenn sie Pausen einlegen.
Warum tauschten Sie das Lenkrad mit dem Kochlöffel?
Die Zeiten änderten sich. Die Konkurrenz, der Stress und die Überwachung für Fahrer wurden zu gross. Ich hatte einfach keine Lust mehr.
Die Romantik ist weg?
Fernfahrerromantik war einmal. Die ist im Diesel verraucht.
Gartenbauer und Chauffeur sind andere Berufe als Wirt oder Koch. Warum wurden Sie Gastgeber?
Bereits als Lehrling wollte ich selbstständig werden. Als Gartenbauer hätte ich aber Maschinen anschaffen müssen. Davor hatte ich Respekt. Der Imbiss war eine Gelegenheit, die ich nutzen wollte und konnte.
Wie gross war das Risiko?
Den Schritt konnte ich wagen, weil mein Chef bei Sidler Transporte sagte, dass ich sofort wieder einsteigen könne, wenn es nicht klappe mit dem Imbiss.
Wie frei sind Sie?
Ich bin mein eigener Chef. Und die Chauffeure freuen sich, wenn sie mit jemandem reden können, der weiss, wovon sie sprechen. Ich arbeite gerne und würde mit niemandem tauschen wollen. In meinem Fall wäre etwas mehr Arbeit angesagt.
Würden Sie nochmals von vorne beginnen?
Vielleicht hätte ich früher loslegen sollen. Aber bis dahin war das Fahren ja ein guter Job für mich. Ob ich heute noch einen Imbiss eröffnen würde? Ich glaube anhand meines Alters eher nicht. Vielleicht, wenn ich eine bahnbrechende Idee hätte.
Reicht Ihr Atem denn bis zur Pensionierung?
Wenn es die Gesundheit und die Umstände zulassen, hänge ich sogar noch ein Jahr dran. Dann habe ich 20 Jahre und schliesse mit einem Jubiläumsfest ab.
Beizer war nie ein Thema?
Dafür fehlt mir die Übersicht. Ich bin kein Wirt. Ich habe gerne Kontakt zu meinen Gästen, das ginge als Beizer nicht.
Was machen Sie während den Bauarbeiten?
Mein Ex-Chef zählt auf mich.
Und wenn Sie das Fernweh wieder packt?
Das wird nicht geschehen. Ich reise nur noch aus Freude.