Die Spannung steigt im Kanton Schwyz. Und je näher die Nationalratswahlen kommen, desto unsicherer werden Wähler und Kandidaten.
Jürg Auf der Maur
Am Anfang schien alles unspektakulär abzulaufen. Alle Befragten – ob Parteimitglieder oder interessierte Wahlgänger auf der Strasse – kamen bei ihren Analysen zum gleichen Schluss: Der Schwyzer Wahlherbst dürfte ruhig über die Bühne gehen. Statt Wahlkampf und Emotionen führte eher Langeweile Regie.
Die Ausgangslage, auf welche sich solche Thesen stützten, war gegeben. Mit Andy Tschümperlin (SP), Petra Gössi (FDP), Alois Gmür (CVP) und Pirmin Schwander (SVP) stellen sich alle vier bisherigen Schwyzer Nationalräte nochmals zur Verfügung. Und weil die Regel, dass Amtierende selten bis nie nicht bestätigt werden, schien die Welt auch in Schwyz ihren geruhsamen Gang zu nehmen.
Doch die Ausgangslage hat sich inzwischen leicht verändert. Grund ist die im Vergleich zu den 2011er-Wahlen deutlich geringere Zahl von Kandidierenden und – das vor allem – die kleinere Zahl von Wahllisten und Listenverbindungen. Besonders ins Auge fällt dabei, dass dieses Mal die BDP nicht mehr mitmischt. Anders als 2011, als auch im Kanton Schwyz die im Ton moderatere SVP-Konkurrentin erstmals ins Wahlgeschehen eingriff, ist diese politische Kraft nunmehr inexistent.
Das wäre weiter nichts Besonderes, wenn die BDP vor vier Jahren nicht so eine entscheidende Rolle gespielt hätte. Sie erzielte damals aber aus dem Stand satte 3,45 Prozent Wähleranteil und war damit matchentscheidend. Konkret: Die FDP-Kandidatin Petra Gössi aus Küssnacht wäre ohne die Listenverbindung mit der BDP nicht nach Bern gewählt worden.
Und so kommt es, dass dieses Mal die grosse Abwesende die Nationalratswahlen einmal mehr beeinflussen wird. Die Frage stellt sich nämlich, wer die BDP-Stimmen erben wird. Sicher ist: Es ist nicht anzunehmen, dass diese bürgerlichen Stimmen zum national bekannten SP-Fraktionschef Tschümperlin gehen. Aber sowohl Gössi wie Gmür wären auf Zustupf angewiesen, denn von allen vier Schwyzer Nationalräten schaffte einzig SVP-Vertreter Pirmin Schwander die Wahl locker. Seine Partei war 2011 näher am zweiten Sitz als dass sie Gefahr lief, zu wenig Stimmen zu machen.
Auch wenn vieles für die Bisherigen spricht, die Frage, wer wie stark von Listenverbindungen und der Abwesenheit der BDP profitiert, sorgt für etwas Spannung im Kanton Schwyz.
Besonders eine Listenverbindung gibt im Kanton Schwyz zu reden und sorgt für viele Zuschriften in den Medien: Die Grünliberalen (GLP) versuchten, eine grosse Koalition gegen die SVP auf die Beine zu stellen, scheiterten jedoch mit dieser Idee. Die beiden grossen Parteien FDP und CVP lehnten ab. Sie geben sich überzeugt, ohne «fremde» Hilfe ihre Mandate zu sichern, und geben sich selbstbewusst. Sie sind einzig mit ihren Jungparteien respektive einer eigenen Wirtschaftsliste (FDP) Listenverbindungen eingegangen – genauso hält es auch die SVP.
Eine Listenverbindung der GLP kam in letzter Minute dann doch noch zu Stande. Es ist ein Zusammenschluss von GLP, Grünen und der SP. Andy Tschümperlin darf von dieser Wahlallianz Stimmen erwarten. Die Kommentare aus dem (rechts-)bürgerlichen Lager an die Adresse der GLP fallen entsprechend deutlich aus. Die GLP sei nicht mehr grün-liberal, sondern grün-sozial, wird gewitzelt.
Auch wenn die Schwyzer Delegation klein ist. Sie ist den Parteizentralen in Bern offensichtlich wichtig genug, dass die Parteipräsidenten vor Ort die Aufwartung machen und Bundesräte auffällig häufig zu Gast waren. So besuchte FDP-Präsident Philipp Müller die Küssnachter Gewerbeausstellung, SP-Präsident Christian Levrat stresste nach Schwyz, um am Parteitag seine Basis auf Kampf zu trimmen, CVP-Chef Christophe Darbellay sprach im Kantonsratssaal zur CVP 60 plus, und SVP-Präsident Toni Brunner reiste nach Gersau, um dort eine weitere Ortspartei-Taufe als Götti zu begleiten. Das Gleiche lässt sich auch von den Bundesräten sagen: SVP-Verteidigungschef Ueli Maurer besuchte gleich mehrmals die Region Sattel/Morgarten, besichtigte die Messerfabrik Victorinox oder war auf dem Rütli, während Doris Leuthard zur Energiewende sprach und Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga nach der 1.-August-Feier sich in Brunnen unter die Leute mischte und gemütlich einen Kaffee trank.
Ob die Rechnung aufgeht, wird sich zeigen. Sicher ist: Es gibt eine gewisse Spannung vor dem Wahlgang am 18. Oktober auch im Kanton Schwyz. Aus dem Bisherigen-Quartett Schwander, Gössi, Tschümperlin und Gmür kann sich eigentlich nur Schwander bereits jetzt zurücklehnen.