Er richtet mit der grossen Kelle an

Gerade einmal 26 Jahre alt war Samuel Vörös, als er die Geschäftsführung der Tavolago übernommen hat. Knapp acht Jahre ist das her, und die SGV-Tochter hat sich unter seiner Führung seither steil entwickelt. Der Umsatz kletterte von 9 auf 23 Millionen Franken, die Anzahl Mitarbeiter von 150 auf 400.

Emanuel Thaler
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Tavolago-Geschäftsführer Samuel Vörös im Luzerner Café Luz. (Bild Pius Amrein)

Tavolago-Geschäftsführer Samuel Vörös im Luzerner Café Luz. (Bild Pius Amrein)

Im Schnitt liess sich jeder Fahrgast letztes Jahr für 5.30 Franken bewirten. 2005, im letzten Jahr vor Vörös’ Antritt, lag der Wert noch bei 4.02 Franken. «Diese Kennzahl ist für uns sehr wichtig, weil sich daran unabhängig vom Wetter ablesen lässt, wie wir uns entwickeln», sagt Vörös. Zentral für das Wachstum war, dass Vörös die Produktion eingelagert hat. Was auf den 21 Schiffen serviert wird, stammt heute aus der Grossküche in der Luzerner SGV-Werft. «Wir produzieren heute alles frisch», sagt Vörös.

Entwicklung über die Ufer hinaus

Noch rasanter war das Wachstum zu Land: Tavolago übernahm die Gastronomie bei der Luzerner Messe auf der Allmend und in der Eissporthalle im Tribschen, konzipierte die Bistros in Luzern, Brunnen und Flüelen neu und baute die Cateringsparte laufend aus. «Wir konnten einen Grossteil des Catering-Geschäfts des Casino Luzern übernehmen und möchten in diesem Bereich noch weiter zulegen», sagt Vörös. Tavolago interessiere sich beispielsweise für das Eventzelt auf Rigi Staffel.

Das Wachstum war dringend nötig. Denn mit der neuen Grossküche hatte Tavolago hohe Produktionskapazitäten aufgebaut, die nicht ausgelastet waren. «Das hat die Firma recht stark belastet», sagt Vörös im Rückblick, «doch dank des Wachstums können wir sie nun voll auslasten.» Ein zweiter Vorteil sei, dass Mitarbeiter zwischen den Standorten ausgetauscht werden können.

Baustopp beim Hotel-Umbau

Zu guter Letzt übernahm Tavolago 2011 auch das Hotel Stern vis-à-vis der Franziskanerkirche. Den Umbau ging Vörös zu rasant an: Weil die Baubewilligung noch nicht vorlag, als die ersten Arbeiter Wände und Decken herausrissen, verfügte die Stadt im Februar 2012 einen kurzzeitigen Baustopp. Nachdem die Bewilligung doch noch eintraf, konnte der Restaurant- und Hotelbetrieb schliesslich im April 2012 eröffnet werden. «Unser Zeitplan war zu ambitioniert», räumt Vörös rückblickend ein. Er habe den Umbau möglichst zügig durchführen wollen, weil mit jedem Tag Einnahmen entgingen.

Folgen dem «Stern» nun weitere Restaurants ins Tavolago-Portfolio? «Mir wird jede Woche ein Betrieb angeboten», sagt Vörös schmunzelnd. Doch wachsen wolle die SGV-Tochter nicht um jeden Preis. «Für uns kommen nur Betriebe in Frage, die wir richtig inszenieren können», sagt der Tavolago-Chef. Denn Vörös ist überzeugt: «Die Zeit, in der man ins Restaurant ging, um einen Teller zu bestellen, damit man genug gegessen hat, ist vorbei.» Der Gast leiste sich den Restaurantbesuch heute, um an einem schönen Ort zu sein und etwas zu erleben. Klassische Restaurants würden deshalb immer stärker aussterben.

Selbst lebende Schafe importiert

Wichtig war Vörös schon immer, mehr von der Wertschöpfungskette abzudecken. «Die heutige Grösse erlaubt es uns, auch grössere Projekte zu stemmen.» Tavolago importiert deshalb selber Wein – und hält sogar lebende Schafe. Der Anstoss dafür war simpel: «Lammrücken war in der gewünschten Qualität in der Schweiz nicht erhältlich.» Meist wird deshalb Lammrücken aus Neuseeland importiert, doch damit wollte sich Vörös nicht begnügen. Unter Mithilfe des Urner CVP-Ständerats Isidor Baumann gleiste er ein Projekt auf, um die Versorgung mit Lammfleisch zu garantieren. «Es lohnt sich, den einen oder anderen zusätzlichen Gedanken zu machen und sich nicht mit der erstbesten Lösung – hier dem Import – zufrieden zu geben», ist der Tavolago-Chef überzeugt.

Die Schafe verbrachten den Sommer auf der Göscheneralp im Kanton Uri, bevor sie in der Region geschlachtet wurden. In den Seebistros stand fortan eine scharfe Lammfleischwurst auf der Karte, auf den Kursschiffen ein Lammvoressen. Im Hotel Stern gingen Lammleberli über den Tresen, auf dem Mittagsschiff der Lammrücken – und die Lammfelle sind an die Mitarbeiter verkauft worden. Bereits nach drei Monaten waren die 80 Lämmer restlos verwertet und verkauft. «Wir waren selbst überrascht vom Grosserfolg», so Vörös. Fürs nächste Jahr hat Tavolago nun gleich 300 Lämmer bestellt. «Für uns war diese Geschichte etwas vom Lässigsten, das wir machen konnten.»

Voraussichtlich in diesem Jahr wird Tavolago erstmals gleich viel Geld zu Lande wie auf dem Wasser erwirtschaften. Als grösste Schwierigkeit sieht Vörös die Suche nach qualifiziertem Personal. «Wir haben es in diesem Jahr schon viermal erlebt, dass Leute einfach aus dem Vertrag ausgestiegen sind, ohne uns vorher Bescheid zu sagen. Am Tag X sind sie einfach nicht erschienen», schildert Vörös. Offenbar würden gut ausgebildete Leute gleich an mehreren Orten Verträge unterschreiben und sich am Ende für die attraktivste Stelle entscheiden. Weil die Arbeitnehmer auswählen könnten, müssten sich die Arbeitgeber immer stärker um die Mitarbeiter kümmern.

Pensum reduziert – weils gut läuft

Mit dem operativen Geschäft hat der Geschäftsführer mittlerweile nicht mehr viel zu tun. «Ich greife nur noch ein, wenn etwas nicht funktioniert», sagt Vörös. So, wie diese Woche, als im Café LUZ am Luzerner Landungssteg bei Spitzentemperaturen die Kühlanlage ausfiel. «Natürlich passiert das immer dann, wenn die eigentlich dafür zuständigen Leute in den Ferien sind», sagt Vörös lachend. Ansonsten beschäftigen Vörös Organisationsfragen, innovative Ideen wie der Schafimport und die Akquisition von neuen Aufträgen und Betrieben. «Jetzt, wo alle Betriebe neu eröffnet sind und eine neue Software eingeführt ist, nehme ich mir auch einmal heraus, nur 60 Prozent zu arbeiten», sagt Vörös, im Wissen, dass es auch bald schon wieder 140 sein können.