Bischof Vitus Huonder vom Bistum Chur will kein Frauenpriestertum und beruft sich dabei auf Rom. Und er sagt: Die Hierarchiestufe, die wir erreichen, sei vor Gott unwichtig.
Bischof Vitus Huonder, innerhalb der katholischen Kirche sind Frauen nicht als Priesterinnen zugelassen. Wie stehen Sie dazu?
Vitus Huonder*: Ich stelle mich ganz hinter Papst Franziskus. Er hat kürzlich im Schreiben Evangelii Gaudium betont, dass Frauen und Männer die gleiche Würde haben. Dennoch sagt er klar, dass das den Männern vorbehaltene Priestertum als Zeichen Christi, des Bräutigams, der sich in der Eucharistie hingibt, eine Frage ist, die nicht zur Diskussion steht. Das steht in Einklang mit der Verfügung von Jesus, der das Priestertum den Zwölf Aposteln und ihren Nachfolgern, also Männern, übertragen hat.
Wäre die katholische Kirche nicht reicher und glaubwürdiger, wenn Frauen ebenfalls zum Priesteramt zugelassen wären?
Huonder: Die Kirche hat seit 2000 Jahren einen grossen Reichtum an beeindruckenden Frauengestalten hervorgebracht, angefangen bei Maria, der Heiligen Mutter Gottes, bis hin zu Mutter Teresa. Dieser Reichtum wird weiter wachsen. Er ist nicht vom Frauenpriestertum abhängig.
Das tönt ganz danach, als überlasse man den Frauen gerne die «Büez» und verwehre ihnen die entsprechenden Schaltstellen, um ihr Gedankengut breit streuen zu können ...
Huonder: Wer um Jesu Willen das gute Beispiel des Christen gibt, der tut es aus Liebe zu Gott. Priester und Laien sind gleichermassen zu diesem Zeugnis aufgerufen, aber komplementär. Sie ergänzen sich.
In Deutschland wird darüber diskutiert, ob man für Frauen ein speziell auf sie zugeschnittenes Diakonenamt schaffen soll. Was sagen Sie dazu?
Huonder: Dieses auf die Frau zugeschnittene «Diakonenamt» besteht schon lange. Was die Frau bisher in der Diakonie geleistet hat, ist nicht zu übersehen. Ich denke an die vielen Orden, wo Frauen in Spitälern, Ausbildung, Katechese und Caritas schon lange tätig waren. Das soll auch in Zukunft und noch vermehrt so sein. Die Frau soll aber nicht klerikalisiert werden.
Warum nicht? Viele Seelsorgerinnen würden gerne die heilige Eucharistie spenden?
Huonder: Weil es so ist, wie Papst Franziskus sagt: Das Priestertum ist den Männern vorbehalten, als Zeichen Christi, des Bräutigams, der sich in der Eucharistie hingibt.
Frauen stellen im Theologiestudium die Mehrheit. Nach dem Studium können sie dann aber höchstens als Pastoralassistentin tätig sein. Was halten Sie davon?
Huonder: Dieses «höchstens als Pastoralassistentin» finde ich sehr abwertend. Eine solche Einschätzung kommt von einem falsch verstandenen Priestertum, welches nicht als Dienst, sondern als Auszeichnung oder Belohnung betrachtet wird. Jeder Dienst in der Kirche ist von der Würde des Menschen her betrachtet gleich, auch wenn die Aufgaben und Kompetenzen verschieden sind.
Sie selber sind in der Hierarchiestufe weit oben. Insofern lassen sich solche Aussagen leicht machen. Oder wie sehen Sie das?
Huonder: Letztlich wird für uns Christen einmal nicht zählen, welche Hierarchiestufe wir auf dieser Welt erreicht haben. In der Logik des Glaubens zählt allein, dass wir Gott und den Mitmenschen gedient haben und so zu Gott finden, heilig werden, wie das Zweite Vatikanum betont hat. In dieser letztlich allein relevanten Perspektive gibt es für alle Getauften eine absolute Chancengleichheit.
Der Anteil der Pastoralassistentinnen liegt bei rund 18 Prozent. Noch vor dreissig Jahren war er bei 3 Prozent, wie das Pastoralsoziologische Institut errechnet hat. Wie erklären Sie sich diesen Zulauf?
Huonder: Wenn man vom Begriff «Pastoralassistentin» ausgeht, mögen diese Zahlen stimmen. Sie haben sicherlich mit dem Zweiten Vatikanum zu tun. Doch vom Engagement der Frau her betrachtet, wie es sich etwa in den vielen Frauenkongregationen seit dem 19. Jahrhundert gezeigt hat, sieht das Bild anders aus. Der Zulauf war schon früher da, aber unter anderen Formen. Das Berufsbild hat sich verändert, das Engagement der Frau war aber glücklicherweise auch früher ausgeprägt vorhanden.
Warum ist gemäss Ihrer Einschätzung die Quote im Bistum Chur viel tiefer?
Huonder: Das Bistum Chur hat eine Nivellierung von Priestern und Laienmitarbeitern immer vermieden.
Warum hat das Bistum Chur eine Nivellierung vermieden?
Huonder: Weil es einen durch das Sakrament der Weihe begründeten wesenhaften Unterschied zwischen Priester und Laien gibt, wie auch das Zweite Vatikanische Konzil bestätigt hat. Der Geweihte dient allen Getauften, wie Papst Franziskus betont hat. Er sagte: Das Amtspriestertum ist eines der Mittel, das Jesus zum Dienst an seinem Volk einsetzt, doch die grosse Würde kommt von der Taufe, die allen zugänglich ist.
In Ihrem jüngsten Hirtenbrief sagen Sie, dass der Genderismus der Frau schade. Sie suche nach Gleichheit mit dem Manne, statt sich auf ihre Mutterrolle zu konzentrieren. Heisst das, dass sie per se zu Hause bleiben soll?
Huonder: Ich sage nichts dergleichen. Es geht darum, dass die Frau heute nicht nur aufgrund ihrer Erwerbsarbeit geschätzt und respektiert werden darf, sondern auch wegen ihres Einsatzes als Mutter. Oft erleben wir heute eine richtiggehende Abwertung der Mutterschaft. Frauen, die sich ganz ihren Kindern widmen, wird mit Geringachtung begegnet, als seien sie keine vollwertigen Mitglieder der Erwerbs- und Konsumgesellschaft. Das geht nicht.
Frauen könnten als Priesterinnen ihre weiblichen, sanften Seiten einbringen. Es wären Ansichten, die vermehrt auch Frauen ansprechen würden.
Huonder: Papst Franziskus sagt in Evangelii Gaudium: Die Kirche erkennt den unentbehrlichen Beitrag an, den die Frau in der Gesellschaft leistet, mit einem Feingefühl, einer Intuition und gewissen charakteristischen Fähigkeiten, die gewöhnlich typischer für die Frau sind als für die Männer. Dennoch hält er daran fest, dass das den Männern vorbehaltene Priestertum nicht zur Diskussion steht. Das Priestertum ist auf der Ebene der Funktion anzusiedeln und bedeutet vor allem die Vollmacht, das Sakrament der Eucharistie zu spenden. Es ist nicht der Ort, um geschlechtsbezogene Gaben und Ausprägungen einzubringen.
Papst Franziskus hat gesagt: «Wir wollen uns nicht verändern, und es gibt sogar Stimmen, die nicht vorwärts wollen, sondern zurück. Das ist dickköpfig (...).» Wäre es nicht an der Zeit, auch in Bezug auf die Rolle der Frau in der Kirche eine Veränderung herbeizuführen?
Huonder: Papst Franziskus hat sich klar gegen das Frauenpriestertum ausgesprochen. Was er meint, ist eine neue Art von Liebesbekenntnis zu Gott und zu den Menschen. Ein neues Feuer für den Glauben, der missionarisch ist.
Warum macht Chur hier keinen Schritt vorwärts, sondern eher einen Schritt zurück?
Huonder: Auch in Chur sind wir ganz auf der Linie von Papst Franziskus. Was könnte in dieser gegenwärtigen Zeit wünschenswerter sein?
Hinweis
* Zum Bistum Chur, dem Bischof Vitus Huonder (71) vorsteht, gehören die Zentralschweizer Kantone Nidwalden, Obwalden, Uri und Schwyz.