Asylwesen
Luzerner Regierung reagiert auf Kritik und will Abgaben für fehlende Flüchtlingsplätze senken

Der Luzerner Regierungsrat will die Ersatzabgaben für Gemeinden, die zu wenig Plätze für Flüchtlinge schaffen können, auf 15 Franken pro Tag festsetzen. Die SP spricht von einem Kniefall.

Jonas Hess
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Die Zivilschutzanlage Rönnimoos in Littau, die Flüchtenden aus der Ukraine eine Unterkunft bietet.

Die Zivilschutzanlage Rönnimoos in Littau, die Flüchtenden aus der Ukraine eine Unterkunft bietet.

Bild: Dominik Wunderli (Luzern, 21. März 2022)

Die Auswirkungen der Flüchtlingskrise auf die Gemeinden war eines der dominierende Themen des vergangenen Luzerner Politjahrs. Insbesondere die Ersatzabgaben, welche Gemeinden, die gemäss kantonalem Verteilschlüssel zu wenig Plätze schaffen können, berappen müssen, sorgten immer wieder für hitzige Diskussionen. Zu den grössten Kritikern gehörte der Verband Luzerner Gemeinden (VLG). Der Regierungsrat will nun auf dessen Kritik eingehen und zeigt sich bereit, die Asylverordnung rückwirkend per 1. Januar 2023 anzupassen.

Konkret sollen die Ersatzabgaben nicht mehr schrittweise ansteigen, sondern einheitlich auf 15 Franken pro Tag und nicht aufgenommene Person festgelegt werden. Bisher mussten betroffene Gemeinden in den ersten beiden Monaten 10 Franken, ab dem dritten bis zum vierten Monat 20 Franken, ab dem fünften bis zum sechsten 30 Franken und ab dem siebten Monat 40 Franken bezahlen.

Vorschlag des Gemeindeverbands

Die Änderungsvorschläge entstammen aus einer sogenannten Kurzvernehmlassung, die das Gesundheits- und Sozialdepartement (GSD) allen Luzerner Parteien, Gemeinden und dem VLG am 14. Dezember zustellte und die dieser Zeitung vorliegt. Auf Anfrage erklärt das GSD, dass es sich hierbei nicht um eine öffentliche Vernehmlassung handle. «Der Regierungsrat hat die Gemeinden und politischen Parteien direkt zu einer Stellungnahme eingeladen.» Gemäss dem Schreiben läuft die Vernehmlassung noch bis am 5. Januar.

Weiter betont das GSD, es handle sich bislang lediglich um einen Vorschlag des VLG. Dieser habe bereits in einem Schreiben vom 10. November gefordert, die Ersatzabgaben auf 15 Franken pro Tag anzupassen. Gleichzeitig macht Regierungsrat Guido Graf (Mitte) im von ihm unterschriebenen Vernehmlassungsschreiben klar: «Wenn die Luzerner Gemeinden grossmehrheitlich damit einverstanden sind, ist der Regierungsrat bereit, den Vorschlag des VLG umzusetzen.»

Darüber zeigt sich Ludwig Peyer, Geschäftsführer beim VLG, erfreut. «Wir sind sehr dankbar, dass die Regierung auf unseren Vorschlag eingeht.» Man sei nun auf die Antworten der Gemeinden gespannt. Das Ziel der Forderung sei, eine Beruhigung der Lage herbeizuführen, so Peyer. «Die Gemeinden waren wegen der hohen Ersatzabgaben häufiger mit ihren Finanzen als den Plätzen für Flüchtlinge beschäftigt.»

SP kritisiert «Kniefall» vor VLG

Anderer Meinung ist die SP. Die Kantonalpartei hat bereits schriftlich Stellung zu den Plänen der Regierung genommen und damit die laufende Vernehmlassung an die Öffentlichkeit gebracht. Die vorgeschlagenen 15 Franken pro Tag erachtet die SP als zu tief. «Nur wenn die Taxe auch spürbar ist, entfaltet sie ihre gewünschte Wirkung.» Man bezweifle daher, das Ziel an ausreichenden Unterbringungsmöglichkeiten zu erreichen.

In ihrer Mitteilung spricht die Partei von einem «regierungsrätlichen Kniefall vor dem VLG». Dieser stelle nicht das Wohl der geflüchteten Menschen, «sondern das finanzielle Wohlergehen unsolidarischer Gemeinden in den Vordergrund». Zu den grossen Verlierern des Systemwechsels gehöre etwa die Stadt Luzern, die mit Abstand am meisten Unterbringungsplätze habe.

VLG-Geschäftsführer Ludwig Peyer bezeichnet die Kritik der SP als «unhaltbaren Vorwurf». Die Gemeinden seien die Letzten, welche nicht genügend Plätze schaffen wollten. Um das zu erreichen, müsse man die Maluszahlungen entschärfen. «Sie sind ein Hemmnis.»

Zur Stadt Luzern sagt Peyer, dass man mit dem Stadtrat gesprochen habe. «Wir hätten unseren Vorschlag nicht so forciert, wenn von dieser Seite ein Veto gekommen wäre.»

Auf Anfrage bestätigt Urs Purtschert, Stabschef der Bildungsdirektion: «Die Stadt Luzern hat sich in ihrer Stellungnahme mit der Änderung der kantonalen Asylverordnung einverstanden erklärt.»