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Mit dem Projekt namens Landparade soll das Potenzial für regionale und nachhaltig erzeugte Lebensmittel erschlossen werden. Zum Auftakt wird nun in Buttisholz Safran angebaut.
Nachhaltigkeit in diversen Bereichen des Lebens: Dieses Ziel haben viele Personen vor Augen – doch oft hapert es an der Umsetzung. Sei es, weil der Weg zur Nachhaltigkeit zu teuer, zu kompliziert oder aufgrund der vorhandenen schlicht unmöglich ist. Dies wird der neue Verein Zukunftsgemeinde (www.zukunftsgemeinde.ch) mit Sitz in Buttisholz grundlegend ändern. Er beabsichtigt, auf lokaler Ebene in diversen Bereichen Reallabore ins zu Leben zu rufen (siehe Kasten).
Unter Reallaboren versteht man Realexperimente, an denen sich verschiedene Akteure aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft beteiligen. Dies im Sinne der Nachhaltigkeitsforschung. Dabei wird lokales Wissen angewendet. Der neue Verein Zukunftsgemeinde plant innerhalb der nächsten vier Jahre sieben Reallabore respektive Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen vor Ort in den Bereichen Energie, Lebensmittel, Soziales, Kultur, Wirtschaft, Gesundheit und Bildung. Eines der Reallabore existiert seit 2021: Der Energie Hub Buttisholz ist ein Reallabor für die Energiewende auf lokaler Ebene (www.energie-hub.ch) . Dabei werden neue Gemeinschafts-, Ertrags- und Energiemodelle realisiert. Der Energie Hub will bis 2035 die Energiewende schaffen. Das in Reallaboren erarbeitete Know-how hat Modellcharakter und kann auf andere Gemeinden übertragen werden.
Eines der Reallabore wird nun unter dem Namen Landparade in Buttisholz realisiert. Geplant ist ein Local Food Hub – eine Einrichtung, die regionale Lebensmittel produziert, hergestellt, verarbeitet und vermarktet. Damit soll ein Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung der lokalen Landwirtschaft und des verarbeitenden Gewerbes in der Region Sempachersee geleistet werden. Das Einzugsgebiet der Landparade orientiert sich an der Tourismusregion Sempachersee und dem regionalen Entwicklungsträger RET Sursee-Mittelland.
Die gesetzten Ziele der Landparade sind hoch. So sollen bis im Jahr 2030 15 bis 20 Geschäfte in der Region mit je 40 bis 120 Quadratmetern Verkaufsfläche entstehen. Für das Reallabor sollen 15 bis 30 Partnerbetriebe aus der Gastronomie gewonnen werden. Ebenso 200 lokale Lieferanten, die ein Sortiment von 400 bis 800 Artikeln ermöglichen. Zudem ist ein Onlineshop sowie ein Logistikzentrum vorgesehen. Ein weiteres Ziel ist es, regelmässig Wochenmärkte durchzuführen.
Projektleiter der Landparade ist René Ziswiler. Der 59-jährige Buttisholzer hat sich intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandergesetzt und ist Gründer des neuen Vereins Zukunftsgemeinde. Er ist überzeugt, dass viele Entwicklungsziele betreffend Nachhaltigkeit auf lokaler Ebene besser erreicht werden können als auf nationaler oder internationaler Ebene. «Nachhaltigkeit ist enorm komplex», sagt Ziswiler.
Er erläutert dies am Beispiel des morgendlichen Kaffees und Brötchens. «Wenn der Strom aus der Steckdose, das Wasser aus der Leitung und der Kaffee in der Maschine nicht nachhaltig sind, der Bus zur Bäckerei mit Diesel betrieben und das Brötchen nicht mit einheimischem Mehl gebacken wird, ist es für Konsumentinnen und Konsumenten sehr teuer oder schier unmöglich, Nachhaltigkeit zu leben.»
In einem kleineren Lebensraum wie beispielsweise einer Gemeinde sei es besser möglich, diese Komplexität aufzuschlüsseln und hierarchische Strukturen aufzubrechen. Ziswiler sagt:
«Zudem kann auf lokaler Ebene das Mass der Bereitschaft, Nachhaltigkeit zu fördern, einfacher erhöht werden als auf nationaler oder internationaler Ebene.»
Ein wichtiger Aspekt der Landparade ist laut Ziswiler die Preispolitik. «Bei uns sollen die Produzentinnen und Produzenten den Preis festlegen können.» Dabei helfen soll auch die Digitalisierung. «Wenn ein lokaler Produzent auf einer App sieht, dass seine Zwetschgen für den von ihm gesetzten Preis nicht verkauft werden, kann er sich selber entscheiden, mit ihm herunterzugehen.»
Der Local Food Hub startete auf dem Gassareal in Buttisholz. Denn die Landparade ist eine Initiative des dort bestehenden Begegnungszentrums «Gass 1911», das vor Ort bereits verschiedene Ideen realisiert. «Gass 1911» soll der Ort für den lokalen Gemüse- und Früchteanbau, für einen Laden, ein Restaurant, eine Geschäftsstelle sowie das Wissenszentrum des Reallabors sein. Bis Ende Jahr soll die Trägerschaft für die Landparade stehen. Am 31. August gibt es auf dem Gassareal von 19.30 Uhr bis 20.30 Uhr eine Informationsveranstaltung für alle Interessierten zur Lancierung des Local Food Hub.
Zum Auftakt der Landparade wurde am Mittwoch hinter dem Gassareal ein Versuchsfeld mit Safran angepflanzt; der erste Buttisholzer Safran soll bereits im Oktober gepflückt werden. Laut Ziswiler ist dies vor allem ein symbolischer Akt. Denn:
«Wir müssen vom Denken ins Handeln kommen. Das wollen wir damit signalisieren.»
Am 17. September findet in Buttisholz von 9.30 bis 17 Uhr die Lewe-Tagung (Lewe: lebenswertes Leben) mit 15 lokalen Ausstellenden, einem Workshop, Referaten, Mittagessen und Apéro statt. Anmeldung unter: www.zukunftsgemeinde.ch. Teilnehmende können selber entscheiden, ob sie 250, 100 oder 50 Franken bezahlen.