Kanton Luzern
Gutschein und Anerkennungszulage: So sieht der Gegenvorschlag der Regierung zur Privatpflege- und Betreuungs-Initiative aus

Der Luzerner Regierungsrat möchte mit dem Gegenvorschlag einerseits betreuende Angehörige honorieren und die Nutzung von Entlastungsangeboten verbessern. Rund 3000 Personen würden schätzungsweise profitieren.

Fabienne Mühlemann
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Personen, die freiwillig und unentgeltlich andere Menschen pflegen und betreuen, sollen belohnt und wertgeschätzt werden. Das ist das Hauptanliegen der Privatpflege- und Betreuungs-Initiative der Mitte-Partei, die sie im März 2019 einreichte.

Personen, die freiwillig und unentgeltlich hilfsbedürftige Personen pflegen und betreuen, sollen mehr Wertschätzung erhalten.

Personen, die freiwillig und unentgeltlich hilfsbedürftige Personen pflegen und betreuen, sollen mehr Wertschätzung erhalten.

Symbolbild: Christian Beutler/Keystone

Auch der Gegenvorschlag, den die Luzerner Regierung nun erarbeitet hat und sie am Mittwochmorgen den Medien vorstellte, hat dies zum Ziel. Regierungspräsident Guido Graf, Vorsteher des Gesundheits- und Sozialdepartements, sprach dabei von einem «enorm wichtigen Thema» für die Gesellschaft.

Anerkennungszulagen und Gutscheine

Die beiden Vorlagen haben unterschiedliche Ansätze, wie das Hauptanliegen erfüllt werden soll: Während die Initiative der Mitte will, dass betreuenden Personen ein Abzug von 5000 Franken vom steuerbaren Einkommen ermöglicht wird, setzt der Gegenvorschlag in zwei Bereichen an.

Einerseits soll Angehörigen, die freiwillig, regelmässig und unentgeltlich eine Person zu Hause betreuen, jährlich eine Anerkennungszulage ausbezahlt werden. Die Höhe dieser Zulage soll sich am steuerrechtlichen Mindestabzug auf Nebenerwerb orientieren, der derzeit 800 Franken beträgt. So müsste dieses Geld nicht versteuert werden. Die betreuten Personen können dabei höchstens zwei Angehörige angeben. In diesem Fall würde die Zulage je zur Hälfte ausgezahlt, also je 400 Franken.

Darum kam es zum Gegenentwurf

Der Regierungsrat hatte dem Kantonsrat im März 2020 die Ablehnung der Privatpflege- und Betreuungs-Initiative beantragt, da er eine Honorierung der Angehörigenbetreuung über einen steuerlichen Abzug als nicht sachgerecht erachtete. Auch der Kantonsrat fand, dass ein solcher Abzug nicht die richtige Honorierung sei. Das Grundanliegen fand er jedoch unterstützungswürdig und beauftragte den Regierungsrat, einen Gegenvorschlag auszuarbeiten.

Andererseits soll den betreuten Personen jährlich ein Gutschein von mindestens 1200 Franken ausgestellt werden. Dieser kann für Angebote im Kanton Luzern wie für Hilfe im Notfall oder für Aufenthalte in Pflege- und Betreuungseinrichtungen verwendet werden.

Graf zeigte sich begeistert vom Gegenvorschlag. «Ich habe Freude und bin stolz. Die Angehörigen werden einerseits wertgeschätzt und andererseits entlastet.» Insbesondere bewege sich der Gegenvorschlag ausserhalb des Steuergesetzes, wodurch dieses nicht verkompliziert werde. Zudem handle es sich um eine anschlussfähige Lösung, da die Strukturen schon bestehen.

Weiter seien die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse der Situation von betreuenden Angehörigen eingeflossen. «Eine Sorge der Angehörigen sind beispielsweise die hohe Belastung und Überforderung. Dieser wollen wir mit dem Gutschein entgegenwirken.»

Rund 3000 Personen dürften Voraussetzungen erfüllen

Anspruch auf den Gutschein sollen zu Hause lebende betreuungsbedürftige erwachsene Personen aus dem Kanton Luzern haben, die eine Hilflosenentschädigung beziehen. Sie können angeben, von wem sie betreut werden. Diese Personen erhalten dann die 800 Franken direkt ausbezahlt. Der Vorteil der Anknüpfung an die Hilflosenentschädigung sei, dass sichergestellt werden könne, dass die Beziehenden betreuungsbedürftig sind, erklärte Edith Lang, Leiterin der Dienststelle Soziales und Gesundheit. Durch diese einkommensunabhängige Lösung würden auch Personen mit tieferen Einkommen entlastet.

Im Kanton Luzern gibt es rund 5000 Empfängerinnen und Empfänger von Hilflosenentschädigung. Etwa 2000 davon leben im Heim, 3000 zu Hause. Gemäss Lang würde der Anerkennungszuschlag die öffentliche Hand rund 2,5 Millionen Franken kosten und die Gutscheine ebenfalls 2,5 Millionen Franken. «Wir gehen bei den Gutscheinen nicht von einer vollen Ausschöpfung aus, sondern dass sie nach Bedarf eingesetzt werden.»

Die 5 Millionen Franken teilen sich der Kanton und die Gemeinden zur Hälfte, da auch die Gemeinden durch pflegende Angehörige entlastet werden. Damit sind die Kostenfolgen des Gegenentwurfs halb so hoch wie jene der Initiative der Mitte, so Graf. Die Abstimmung ist im Herbst 2023 geplant.

SP und Mitte sind grundsätzlich zufrieden

Aus der Sicht der Mitte nimmt der Gegenentwurf die wesentlichen Elemente der Initiative auf, schreibt die Partei in einer Mitteilung. Es sei wichtig, dass die finanzielle Zulage direkt an die Angehörigen ausgerichtet werde. Dass Kanton und Gemeinden die Kosten teilen, erachtet die Mitte als zielführend. Inhaltlich müsse die Vorlage noch vertieft geprüft werden. Ob die Partei die Initiative zurückzieht, werde sie zu einem späteren Zeitpunkt äussern.

Auch von der SP erhält die Regierung Lob für den Gegenvorschlag. Nicht einverstanden ist sie jedoch mit der Höhe der Beträge. «Monatlich 66 Franken für die wertvolle freiwillige Arbeit der Betreuenden ist keine Wertschätzung, sondern ein Affront», schreibt die Partei in der Mitteilung. Sie fordert eine Verdopplung der Mittel.