Kolumne Landauf, landab
Wetternase und Adlerauge

Altnationalrat Ruedi Lustenberger berichtet von einer Wanderung, die gleich mehrere Überraschungen mit sich brachte.

Ruedi Lustenberger
Ruedi Lustenberger
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Ruedi Lustenberger, Altnationalrat aus Romoos.

Ruedi Lustenberger, Altnationalrat aus Romoos.

Bild: Pius Amrein

Wir sind in den Ferien im Goms, ein Wanderparadies der Sonderklasse. Marie-Theres meint am Morgen beim Rucksackpacken, sie nehme vorsorglich die Pelerine mit. Nicht nötig, entgegne ich, mit dem Hinweis auf Meteo von SRF.

Los geht’s. Es ist angenehm mild, ein sanfter Wind säuselt durch den lichten Lärchenwald. Wie grosse «Gufechnöpf» spriessen ganz frisch die ersten Eierpilze aus dem Erdreich. Etwas unterhalb am Wegrand äuge ich einen speziellen weissen Stein und stochere mit dem Wanderstock nach ihm. Plötzlich kullert er den steilen Abhang hinunter und bleibt dann am Weidrand stecken.

Von der Neugier gepackt, umgehe ich flink das steile Bort und finde den Stein rasch im hohen Gras. Tatsächlich, einseitig ist er schneeweiss, durchzogen mit feinen grauen Adern, auf der Fläche funkeln winzige Kristalle. Ich erinnere mich an Lionel, unser Enkelkind; er sammelt seit zwei Jahren eifrig Bergkristalle. Also wird der Stein – er wiegt bestimmt acht Kilo – in den Rucksack eingepackt.

Allmählich verdunkelt sich der Himmel, ein Donnergrollen erfüllt das Tal, nullkommaplötzlich beginnt es zu regnen. Marie-Theres nimmt ihre Pelerine aus dem Rucksack und ich – stehe buchstäblich im Regen. Die sonst allgegenwärtigen Lärchen fehlen ausgerechnet jetzt, nur ein paar Erlenbüsche bieten notdürftig etwas Wetterschutz.

Die Moral von der Geschicht: Marie-Theres’s Wetternase ist besser als Meteo von SRF und meinem Adlerauge verdankt Lionel sein Geburtstagsgeschenk.