Luzerner Kantonsrat
Direkt aus den Parteien: Die Fraktionen äussern sich zur kommenden Session

Der Luzerner Kantonsrat tagt am 20. und 21. Juni. Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier befassen sich unter anderem mit vier dringlichen Vorstössen über die vorübergehende Schliessung von Polizeiposten während den Sommerferien. Zudem wählen sie den neuen Regierungs- und Kantonsratspräsidenten.

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Der Kantonsrat wählt in der Juni-Session den neuen Regierungs- und Kantonsratspräsidenten.

Der Kantonsrat wählt in der Juni-Session den neuen Regierungs- und Kantonsratspräsidenten.

Dominik Wunderli (Luzern, 16.05.2022)

An der von drei auf zwei Tage gekürzten Juni-Session werden der Kantonsrats- und Regierungspräsident gewählt. Dass Rolf Born (FDP, Emmen) höchster Luzerner und Gesundheits- und Sozialdirektor Guido Graf (Mitte, Pfaffnau) Regierungspräsident werden, steht ausser Frage. Offen ist nur, wie viele Stimmen sie holen. Born und Graf folgen auf Kantonsrat Rolf Bossart (SVP, Schenkon) und Bildungs- und Kulturdirektor Marcel Schwerzmann (parteilos, Kriens).

Daneben debattieren die 120 Volksvertreterinnen und -vertreter über die vorübergehende Schliessung von Polizeiposten während den Sommerferien, wozu vier dringliche Vorstösse eingereicht wurden. Auf der Traktandenliste befinden sich 34 weitere Vorstösse – von einer Motion zur Transparenz in der Luzerner Politikfinanzierung bis zu einer Anfrage über die Gesundheit von Männern. Zudem behandelt das Parlament die Rechnung 2021 und das aktualisierte Finanzleitbild.

Die Session im Kantonsratssaal an der Luzernerstrasse 15 in Luzern ist öffentlich (20.6. von 8.30 bis 12 Uhr und von 13.30 bis 18 Uhr sowie am 21.6. von 8.30 bis 12 Uhr und von 13.30 bis 17 Uhr). Sie wird unter www.lu.ch im Livestream übertragen. (nus)

Mitte: Steuer- und Finanzstrategie entfaltet ihre Wirkung

Markus Bucher, Mitte, Gunzwil.

Markus Bucher, Mitte, Gunzwil.

Bild: PD

Die finanzielle Situation des Kantons hat sich gedreht. Zum vierten Mal infolge verzeichnet er einen positiven Abschluss, im Jahr 2021 mit 201 Millionen. Das erfreuliche Ergebnis resultiert zu einem wichtigen Teil auf den stark gestiegenen Steuererträgen von natürlichen und auch juristischen Personen.

Diese Mehreinnahmen sind zu einem grossen Teil nachhaltig. Die von uns massgeblich mitbestimmte Steuer- und Finanz­strategie entfaltet ihre Wirkung nun vollumfänglich. Von den nachhaltig höheren Einnahmen soll die gesamte Bevölkerung spürbar doppelt profitieren. Zum einen durch eine materielle Steuergesetzrevision und zum anderen mit gezielten Massnahmen im Bereich Grundversorgung wie Sicherheit und Gesundheit, aber auch in der Klimapolitik und aufgrund der aktuellen Weltlage in der Sozialpolitik im Bereich Flüchtlinge.

Aber lassen wir uns von den guten Zahlen nicht zu sehr blenden. So schnell sich die Lage positiv entwickelt hat, so schnell kann es wieder drehen. So wissen wir noch nicht, ob/wann Corona wieder zurückkehrt und wie heftig. Die Auswirkungen des Ukrainekriegs sind bei uns erst oberflächlich angekommen. Sie werden auch die Schweiz spürbar treffen, wenn die Ernteausfälle die Ernährungssicherheit der Weltbevölkerung in Frage stellen. Für die Mitte-Fraktion bedeutet dies, weiterhin ein haushälterischer Umgang mit Ihrem Geld, geschätzte Steuerzahler.

SVP: Aussergewöhnliche Situation - besondere Massnahmen

Armin Hartmann, SVP, Schlierbach.

Armin Hartmann, SVP, Schlierbach.

Bild: Pius Amrein

Internationale Konferenzen und Grossereignisse im eigenen Kanton zwingen die Luzerner Polizei, ihre Ressourcen über die Sommermonate zu optimieren. Trotz zahlreicher Kompensationsmassnahmen ist die Schliessung der kleineren Polizeiposten unumgänglich. Die Massnahme ist unerfreulich, beeinflusst die Sicherheit im Vergleich zu den Alternativen aber am wenigsten. Die Luzerner Polizei bleibt trotzdem einsatzfähig. Die Kommunikation der Massnahme erfolgte zu kurzfristig, diese Kritik ist gerechtfertigt.

Die Massnahme aber als Resultat von Versäumnissen oder gar als Folge der Luzerner Finanzpolitik hinzustellen, ist billiger Wahlkampf. Die angespannte Situation zwingt alle Kantone zu einschneidenden Massnahmen. Der Kanton Luzern ist kein Einzelfall. Die SVP unterstützt eine dringliche Debatte zu diesem Thema und hat dazu selber zwei dringliche Vorstösse eingereicht. Sie will eine unaufgeregte Auskunft darüber, welche Alternativen geprüft wurden und wie die Polizei sicherstellt, dass sie ihre Leistungen für die Sicherheit und die Anliegen der Bevölkerung trotzdem erbringen kann.

Gleichzeitig fordert die SVP die Lancierung einer Kantonsinitiative, damit Bund und Kantone bei der Bewilligung und Bewältigung von Grossereignissen besser zusammenarbeiten. Eine bessere Berücksichtigung der Kapazitäten ist dabei ebenso wichtig wie eine kostendeckende Entschädigung.

FDP: Qualitäts- statt Preiswettbewerb

André Marti, FDP, Willisau.

André Marti, FDP, Willisau.

Bild: PD

Die Revision des Beschaffungsrechts ist ein wichtiges Anliegen der FDP. Die Kriterien für die Vergabe von öffentlichen Beschaffungen müssen zwingend breiter werden und dürfen nicht allein den Preis in den Vordergrund stellen. Die Aufnahme von ökologischen Kriterien forderte die FDP bereits in der Klimasession, die im Jahr 2019 stattfand. Nach der Revision der Bundesgesetzgebung legt nun der Kanton Luzern seine Anschlussgesetzgebung vor. Die Vernehmlassung dazu war noch nicht befriedigend, es fehlte eine vollständige Harmonisierung mit dem Beschaffungsrecht des Bundes, weshalb die FDP Korrekturen forderte.

Das nun angepasste kantonale Einführungsgesetz erfüllt sämtliche Forderungen der FDP. Künftig steht die Qualität von Dienstleistungen und Produkten sowie die ökonomische, soziale und ökologische Nachhaltigkeit im Zentrum und nicht lediglich der Anschaffungspreis. Dank der FDP wird auch der Wert der regionalen und nationalen Produktion gegenüber der kostengünstigeren ausländischen Produktion besser gewichtet werden können. Wir alle werden deshalb besser vor unerfreulichen Überraschungen bei Dumpingangeboten geschützt sein.

Streitfälle können weiterhin schlank und effizient in Einzelrichterbesetzung bearbeitet werden. Die Revision des Beschaffungsrechtes bringt einen grossen Mehrwert und verdient nach langem liberalen Engagement unsere Unterstützung.

SP: Das Geld gehört allen

Michael Ledergerber, SP, Luzern.

Michael Ledergerber, SP, Luzern.

Bild: PD

Der Jahresbericht zeigt klar: Die Auswirkungen der letzten 10 Jahre bürgerlicher Abbaupolitik sind horrend. Überall fehlt es an Ressourcen, um die kantonalen Aufgaben zu erfüllen. Wenn der Kanton Luzern Bundesrecht einhalten würde, müsste er 70 Millionen Franken mehr für Prämienverbilligung ausgeben.

Polizeiposten werden temporär geschlossen. An den Schulen stösst die integrative Sonderschulung an ihre Grenzen – zum Leidwesen aller. Gegen Menschenhandel zum Zweck sexueller Ausbeutung macht die Luzerner Polizei aufgrund knapper personeller Ressourcen zu wenig. Der Fachkräftemangel in Pflege, Bildung und Verwaltung verschärft die Situation zusätzlich. Der Druck auf das Personal ist enorm. Das Risiko krankheitsbedingter Ausfälle oder Abgänge steigt. Leider wurde dies durch die zahlreichen Sparpakete bewusst in Kauf genommen. Die restriktive Finanzpolitik des Kantons offenbart sich damit als ein Eigentor.

Die gute Konjunktur und die Rekordausschüttungen der Nationalbank spülen nun Geld in die Kasse. Die Welt hat sich darauf geeinigt, dass Grosskonzerne wieder mindestens 15 Prozent Gewinnsteuern bezahlen müssen. Statt mit den Mehreinnahmen der Bevölkerung wieder bessere Leistungen anzubieten, wollen die Bürgerlichen weitere Steuerprivilegien für Millionäre und Grossunternehmen. Deshalb müssen wir gleich zu Beginn einen Riegel schieben. Die Bevölkerung soll von besseren Leistungen und einer gerechteren Besteuerung profitieren.

Grüne: Statt Steuern senken ein menschenwürdiges Leben

Urban Frye, Grüne, Luzern.

Urban Frye, Grüne, Luzern.

Bild: PD

Wer versucht, mit 11 Franken am Tag Essen, Kleider und Hygieneartikel zu kaufen, merkt gleich, dass das nicht geht. Der Kanton verlangt dies von den vor dem Krieg geflüchteten Menschen. Zu Recht ist die Bevölkerung entsetzt. Basel-Stadt gibt 25 Franken, das Existenzminimum liegt bei 32 Franken. Wenn Kriegsflüchtlinge mit Hilfsarbeiten ihre Situation verbessern möchten, wird ihnen der Verdienst wieder von den 11 Franken abgezogen. Jetzt sollen jene, die wochenlang in Kellern vor dem Bombenhagel Schutz suchten, wieder in Bunkern einquartiert werden, der grösste Teil traumatisierte Frauen und Kinder.

Erbärmlicher kann sich der Kanton kaum zeigen, obwohl er satte Gewinne schreibt. Dafür planen die bürgerlichen Parteien, allen voran jene, die einmal für christliche Werte einstand, für die Reichen im Kanton weitere Steuersenkungen. Wir sind überzeugt: Würde die Partei, die früher ein C im Namen hatte, ihr Klientel fragen, ob sie nicht möchte, dass die Verletzlichsten unserer Gemeinschaft ein menschenwürdiges Leben führen können, anstatt 100 Franken weniger Steuern zu bezahlen, sie würden dem zustimmen.

Politische Verantwortung zu tragen, heisst auch den Mut aufbringen, für Werte und nicht nur für die wirtschaftliche Selbstoptimierung einzustehen. Die bürgerlichen Parteien aber wollen mit ihren Forderungen bei den traktandierten Finanzvorlagen den Gutbetuchten noch mehr geben. Die Grünen/junge Grüne stehen für Werte ein und bedauern, dass diese auf der rechten Ratsseite offenbar abhandengekommen sind.

GLP: Für Ökologie als Finanzgrundsatz

Riccarda Schaller, GLP, Malters.

Riccarda Schaller, GLP, Malters.

Bild: PD

Der Kanton Luzern stellt mit dem neuen Finanzleitbild den Kompass für die Finanzpolitik der kommenden Jahre. Das ist wichtig, weil die finanzielle Situation des Kantons sich stark verändert hat. Klimawandel, Pandemie und instabile Weltlage sind auch finanziell gewaltige Herausforderungen. Wir begrüssen, dass das Finanzleitbild weiterhin auf finanzielle Unabhängigkeit und sorgfältigen Umgang mit Staatsgeldern setzt.

Gleichzeitig möchten wir Grünliberalen weg von der stark ausgeprägten «Milchbüchlein»-Optik der Vergangenheit. Einnahmen und Ausgaben sollten stärker konjunkturellen Überlegungen folgen. Ein besonderes Augenmerk muss angesichts der aktuellen Krisen auf die finanzielle und soziale Sicherheit jener Personen gerichtet sein, die am stärksten von Armutsrisiko betroffen sind. Auch die Besteuerungsregeln ändern sich auf nationaler und europäischer Ebene. Wir Grünliberalen fordern eine Steuerreform, weil die bisherige Tiefsteuerstrategie nicht mehr ausreicht, um wettbewerbsfähig zu sein.

Um im Standortwettbewerb zu bestehen, sind längerfristige Investitionen in Bildung, Gesundheit und Infrastruktur nötig. Luzern hat hier gute Karten, vorne dabei zu sein. Zu guter Letzt müssen wir auf strategischer Ebene die Weichen für eine ökologisch handelnde Wirtschaft und Gesellschaft stellen. Das gehört als Grundsatz in unser finanzpolitisches Handeln. Dafür setzen wir Grünliberalen uns ein. Damit unser Kanton finanziell unabhängig, attraktiv und bereit ist für die Zukunft.