Reiden
Gemeindeversammlung heisst alle Einsprachen zu den Rückzonungen gut

Die Stimmberechtigten haben an der Gemeindeversammlung in Reiden über die Rückzonungen befunden. Über die Einzonung des SAG-Landes wird ausserdem an der Urne abgestimmt.

Fabienne Mühlemann
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258 Stimmberechtigte nahmen an der Gemeindeversammlung teil.

258 Stimmberechtigte nahmen an der Gemeindeversammlung teil.

Bild: Boris Bürgisser (Reiden, 24. Mai 2023)

Es war ein grosser Menschenauflauf am Mittwochabend in der Johanniterhalle in Reiden. 258 Stimmberechtigte fanden sich an der Gemeindeversammlung ein. Kein Wunder: Die drei traktandierten Themen – die Gemeindeinitiative zur Urnenabstimmung über die Einzonung des strategischen Arbeitsgebiets inklusive dem Gegenvorschlag des Gemeinderats, die Gewässerraumausscheidungen und die Rückzonungen – boten viel Diskussionsstoff.

Das war auch der Grund, weshalb der Gemeinderat zu Beginn der Versammlung über eine Redezeitbeschränkung abstimmen liess: Maximal drei Minuten sollte jede Person pro Votum erhalten. Dem wurde grossmehrheitlich zugestimmt. Josua Müller, der als Gemeindepräsident seine erste Gemeindeversammlung leitete, wies ausserdem daraufhin, dass die Diskussion sachlich geführt werden solle und schlug vor, auf Applaus zu verzichten. Das setzten die Anwesenden dann auch artig um.

Antrag auf Nichteintreten abgelehnt

Insbesondere die Rückzonungen – das letzte Traktandum – führte zu vielen Wortmeldungen. Zur Erinnerung: Die Rückzonungsstrategie hat der Kanton erarbeitet, um die Zersiedlungsinitiative, der die Schweizer Bevölkerung 2013 zugestimmt hatte, umzusetzen. Reiden muss 3,1 Hektaren rückzonen, rund 29 Grundstückbesitzer sind betroffen. Vor der Gemeindeversammlung waren neun Einsprachen unerledigt.

Bernhard Achermann stellte einen Antrag auf Nichteintreten. Er wollte damit gegenüber dem Kanton ein Zeichen setzen, wie es die Gemeinde Hitzkirch kürzlich gemacht habe. Der abgetretene Gemeindepräsident Hans Kunz (Mitte) bat daraufhin die Gemeindeversammlung, den Antrag abzulehnen – was sie letztlich mit 137 zu 73 Stimmen auch tat. «Nehmen wir uns das Recht, zu den Rückzonungen etwas zu sagen», so Kunz. Gemeinderat Willi Zürcher wies darauf hin, dass das Problem mit Nichteintreten nicht gelöst werde, so habe der Kanton in Hitzkirch ein Machtwort gesprochen und die Rückzonungen müssten trotzdem umgesetzt werden.

Peter Kistler, Mitglied der IG Reiden, wollte pauschal über die Rückzonungen befinden lassen. Josua Müller klärte dies kurz ab und kam zum Schluss: «Wir bewegen uns da rechtlich auf dünnem Eis. Das Risiko besteht, dass man die Versammlung wiederholen müsste.» Nachher ging es relativ schnell: Alle neun Einsprachen wurden von der Gemeindeversammlung gutgeheissen. Die Änderungen der Zonenpläne und des Bau- und Zonenreglements wurden in der Schlussabstimmung angenommen.

Wie der Kanton auf die Resultate reagiert, wird sich zeigen. Eine Möglichkeit ist, dass er die Rückzonungen wie in Rickenbach, wo die Gemeindeversammlung acht von neun Einsprachen guthiess, trotzdem anordnen wird. Den betroffenen Grundeigentümern stünde dann der Rechtsweg offen.

SAG-Gemeindeinitiative wurde angenommen

Zuvor hatten die Stimmberechtigten über die Gemeindeinitiative in Bezug auf das strategische Arbeitsgebiet und den Gegenvorschlag des Gemeinderats diskutiert. Das Resultat fiel zugunsten des Komitees aus: Die Gemeindeinitiative wurde mit 174 Stimmen angenommen, der Gegenvorschlag erhielt 78 Stimmen und wurde abgelehnt.

Auf dem strategischen Arbeitsgebiet (SAG) in Reiden, das im kantonalen Richtplan verankert ist, plante die Firma Swisspor ein Kompetenzzentrum für die Dämmstoffproduktion. Vergangenen Herbst lancierte daraufhin ein Komitee eine Initiative, mit der es eine Urnenabstimmung über die Einzonung des SAG-Landes in Mehlsecken erwirken wollte. Die Gemeinde arbeitete einen Gegenvorschlag aus, der noch weiter ging: Künftig soll über alle Änderungen des Zonenplans in Reiden an der Urne abgestimmt werden.

Der Gemeinderat wollte damit erreichen, dass die Entscheide breiter abgestützt sind. Man wolle einer moderneren Gesellschaft gerecht werden, sagte Müller. SVP-Kantonsrat Robi Arnold vom Initiativkomitee wies insbesondere auf die Kosten hin, die der Gegenvorschlag verursachen würde. «Wir sind eine Gemeinde, die mit den Finanzen zu kämpfen hat. Bei Annahme des Gegenvorschlags müssten jedes Mal Botschaften erstellt und eine Infoveranstaltung abgehalten werden.»

Drei Einsprachen gutgeheissen

Beim Traktandum der Gewässerraumausscheidungen, das die Festlegung der Gewässerräume an der Wigger und an Kleingewässern beinhaltete, wurde ein Antrag auf Nichteintreten gestellt – dieser wurde ebenfalls von den Stimmberechtigten abgelehnt. Insgesamt wurden drei der fünf Einsprachen gutgeheissen. Unter anderem jene des Gemeindeverbands ARA Oberes Wiggertal. Dieser forderte, dass auf die neue Baulinie verzichtet wird und machte übergeordnete Interessen geltend. Klar abgelehnt wurde die Sammeleinsprache der Umweltverbände, die schärfere Vorschriften entlang der Wigger forderten.

In der Schlussabstimmung folgten die Stimmberechtigten dem Gemeinderat und hiessen die Änderungen der Zonenpläne und des Bau- und Zonenreglements entlang der Wigger und bei den Kleingewässern gut.