U20-Kolumne
Die Praxis der Unbildung

Unsere Kolumnistin wünscht sich ein Bildungssystem ohne Verwertungszwang. Denn im aktuellen System sei der Zusammenhang zwischen Bildung und Glück nicht gegeben.

Svenja Wyss, Kantonsschule Willisau
Svenja Wyss, Kantonsschule Willisau
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Bildung ist nicht nur die wichtigste Ressource für rohstoffarme Länder, erfüllt die Bedürfnisse der Umwelt und gleicht die sozialen Unterschiede zwischen den Menschen aus, sondern sie ist auch eine beständige Quelle des Glücks für den Einzelnen. Doch wie wäre es, wenn man einmal darüber nachdächte, inwiefern Bildung zum Glück der Menschen tatsächlich beiträgt?

Wie sollen wir jemanden glücklich nennen, der ständig aufgefordert wird, seine Skills zu schulen und Kompetenzen zu erwerben, um im Wettbewerb bestehen zu können? Jemand, der ständig grösserem Leistungsdruck ausgesetzt ist? Ab dem ersten Schultag in unserem Bildungssystem wird uns eingetrichtert, dass eine gute Ausbildung das Wichtigste im Leben ist. Die Grundausbildung, welche viele Schweizerinnen und Schweizer besuchen, ist jedoch sehr theorielastig und hat mit dem, was einem in einem ganz normalen Alltag im Leben blüht, nur wenig zu tun.

Inzwischen höre ich praktisch jeden Tag, dass bis zum Semesterende noch soundso viele Noten geschrieben werden sollen. Jede Prüfung zählt zu deinem Abschluss, du darfst nicht weniger Wert auf eine Prüfung setzen. Kaum ist eine Prüfung geschrieben, soll ich mich wieder aufs Neue fokussieren. Jeden Tag bin ich Stress, Druck und Herausforderungen ausgesetzt. Das nehmen nicht alle Jugendlichen auf die leichte Schulter. Eine aktuelle Studie zeigt, dass Schulstress und Leistungsdruck bei vielen Schülern und Schülerinnen zu Problemen führen. Wer aber möchte einen Menschen, der aufgrund seiner Bildung Probleme bewältigen muss, glücklich nennen?

Die Verbindung zwischen Glück und Bildung besteht tatsächlich, aber nicht in diesem Schulsystem, sondern in einer Form der Bildung ohne Verwertungs- und Praxiszwang, um jene Fähigkeiten zu entfalten, die uns allein als Menschen auszeichnen.

Hinweis

Svenja Wyss ist 18 Jahre alt und Schülerin an der Kantonsschule Willisau. In der U20-Kolumne äussern sich jeweils alle zwei Wochen Lernende von Kantonsschulen zu einem frei gewählten Thema. Ihre Meinung muss nicht mit derjenigen der Redaktion übereinstimmen.