Wahlen
Luzerner Regierungsrat Guido Graf tritt 2023 nicht mehr an

Der 64-jährige Mitte-Regierungsrat Guido Graf beendet seine politische Karriere im nächsten Sommer. Der Pfaffnauer ist seit 2010 Gesundheits- und Sozialdirektor.

Lukas Nussbaumer
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Gesundheits- und Sozialdirektor Guido Graf (64, Mitte) ist in diesem Jahr zum dritten Mal in seiner Karriere Regierungspräsident.

Gesundheits- und Sozialdirektor Guido Graf (64, Mitte) ist in diesem Jahr zum dritten Mal in seiner Karriere Regierungspräsident.

Bild: Dominik Wunderli (Luzern, 29. Juni 2022)

Nach dem parteilosen Marcel Schwerzmann verzichtet im kommenden Frühjahr auch Mitte-Regierungsrat Guido Graf auf eine erneute Kandidatur. Dies teilte der 64-jährige Gesundheits- und Sozialdirektor am Donnerstag mit Sperrfrist bis am Freitag um kurz nach Mitternacht mit. Graf, der seine Polit-Karriere 1991 als Bauvorsteher seiner Wohngemeinde Pfaffnau startete, wurde am 27. September 2009 als Nachfolger seines Parteikollegen Markus Dürr in die Regierung gewählt. Am 1. Januar 2010 übernahm er das Gesundheits- und Sozialdepartement, dem er seither treu blieb (siehe Box).

Gemeinderat, Fraktionschef, Regierungsrat

Der am 11. Juni 64 Jahre alt gewordene Guido Graf aus Pfaffnau ist einer der populärsten Luzerner Politiker. Bei den Regierungsratswahlen 2011, 2015 und 2019 schnitt er mit jeweils rund 60'000 Stimmen am besten ab und wurde stets im ersten Wahlgang bestätigt. Vor seiner Wahl in die Regierung gehörte der verheiratete Vater von drei Töchtern 14 Jahre dem Kantonsrat an. Zwischen 2005 und 2009 war er Fraktionschef. Zwischen 1991 und 2006 sass er auch im Gemeinderat von Pfaffnau.

Der diplomierte Bautechniker mit verschiedenen Weiterbildungen führte vor der Wahl in die Regierung ein eigenes Beratungsunternehmen im Verbands- und Bildungsmanagement. Im Militär bekleidete er den Rang des Oberstleutnants. Als Hobbys gibt er Jassen und Fischen an.

Grafs Verzicht kommt überraschend: Noch vor drei Wochen sagte er gegenüber unserer Zeitung, er freue sich auf die Wahlen. Auch zuvor bekräftigte er mehrmals, 2023 erneut antreten zu wollen. In der Mitteilung schreibt der aktuelle Regierungspräsident, sein Verzicht biete dem Gremium die Möglichkeit, sich «neu auszurichten für Entwicklungen, die von der Gesellschaft erwartet werden». Ausserdem seien 13 Jahre als Regierungsrat «ein guter Zeitpunkt für einen Rücktritt». Der Entscheid sei ihm nicht leicht gefallen, doch nun freue er sich, «nach der Zeit als Regierungsrat neue Herausforderungen anzupacken». Graf bedankt sich in der Mitteilung bei seiner Familie, die seine politische Laufbahn immer unterstützt habe. Sein Dank geht auch an die anderen Mitglieder des Regierungsrats - «für die gute Zusammenarbeit und ihre Kollegialität».

Aufgrund eines am Donnerstag nötig gewordenen medizinischen Eingriffs konnte Graf keine Fragen unserer Zeitung beantworten. Beispielsweise die, warum er sich trotz Beteuerungen, wieder antreten zu wollen, doch für einen Rücktritt entschlossen hat. Oder die, welche neuen Herausforderungen er 2023 denn anpacken möchte. Die unübliche Sperrfrist begründete das Gesundheits- und Sozialdepartement damit, Graf wolle im Laufe des Donnerstagnachmittags selber noch verschiedene Personen telefonisch über seinen Verzicht auf eine erneute Kandidatur informieren.

Mitte-Präsident wünscht sich eine Frauenkandidatur

Der Abgang von Guido Graf bietet der grössten Luzerner Partei die Möglichkeit, nach 2011 wieder mit einer Frau anzutreten. Damals schnitt Esther Schönberger im ersten Wahlgang schlechter ab als Reto Wyss, weshalb sie auf den zweiten Wahlgang verzichtete. In der offiziellen Mitteilung der Mitte heisst es, man werde nun den Nominations- und Nachfolgeprozess strukturieren. Die Partei habe «ein respektables Feld fähiger Personen, die für das Regierungsamt in Frage kommen».

Auf Nachfrage sagt Parteipräsident Christian Ineichen, man wolle zu Beginn des Prozesses keine Einschränkungen in Bezug auf die Geschlechter machen. Er stehe aber selbstverständlich zur vor etwas mehr als zwei Jahren gegenüber unserer Zeitung gemachten Aussage, die Mitte erachte es als eine ihrer Aufgaben, die nächste Vakanz weiblich zu füllen. Er selber wünsche sich eine Frauenkandidatur. Die Chancen, dass die Delegierten eine Frau nominieren, bezeichnet Ineichen als «sehr intakt». Das Anliegen einer Frauenvertretung in der Regierung sei wohl sogar grösser als das der Konkordanz. Von der Ankündigung Grafs sei die Parteileitung nicht überrascht worden. «Wir haben uns auf ganz viele Szenarien vorbereitet, weil es schwierig war, mit Guido Graf über die Frage einer erneuten Kandidatur zu reden.»

Die Mitte äussert sich in ihrem Communiqué aber nicht nur zum Nachfolgeprozess, sondern dankt Guido Graf auch für dessen Arbeit. Er habe die Herausforderungen der Pandemiebewältigung und die Folgen des Ukraine-Krieges «mit Macher-Qualitäten gemeistert» und in seinem Departement viel bewirkt. Ausserdem sei er mit seinem «Flair für ausgewogene politische Lösungen» auch bei anderen Parteien auf Akzeptanz gestossen. Die Mitte nominiert ihre Kandidierenden für den Regierungsrat am 26. Oktober.

Favoritin sagt: «Das Amt reizt mich sehr»

Zu den Anwärterinnen gehören Stadträtin Franziska Bitzi Staub sowie die Kantonsrätinnen Karin Stadelmann, Claudia Wedekind und Michaela Tschuor. Wedekind, die seit zwei Jahren im Kantonsparlament sitzt, macht aus ihren Ambitionen kein Geheimnis und sagt: «Das Amt einer Regierungsrätin reizt mich sehr. Ich kann mir einen Seitenwechsel gut vorstellen.» Sie gehe davon aus, ihre Partei werde eine Frau nominieren.

Karin Stadelmann, die auch die Mitte der Stadt Luzern präsidiert, will sich derzeit nicht äussern, ob sie als Kandidatin in Frage kommt. «Dafür ist es zu früh. Die Findungskommission der Mitte des Wahlkreises Luzern-Stadt wird nun Gespräche mit aus ihrer Sicht in Frage kommenden Personen führen.» Klar sei, dass die Mitte über sehr viele fähige Frauen verfüge.

Eine Kandidatur ebenfalls noch offen lässt Stadträtin Franziska Bitzi. Sie werde nun Gespräche mit der Partei und ihrem Umfeld führen. Regierungsrätin zu sein, wäre für sie aber «eine reizvolle Aufgabe». Gleichzeitig habe sie als Stadträtin «eine sehr schöne und abwechslungsreiche Funktion», und es stünden spannende Projekte an. Wie Claudia Wedekind erwartet die städtische Finanzdirektorin von ihrer Partei «auf jeden Fall die Nomination einer Frau». Michaela Tschuor war am Donnerstag für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

SP-Präsident David Roth begrüsst die Vakanzen in der Regierung auf Anfrage. «Sie schaffen die reale Möglichkeit, die Verteilung der Sitze auf die Parteien und Geschlechter neu zu diskutieren. Mit dieser Regierung ist Luzern im letzten Jahrhundert stehen geblieben.» Es sei gut, wenn die Erneuerung im Gremium «möglichst flächendeckend» sei. Auch in der Verwaltung brauche es «dringend neue Köpfe», sagt der Stadtluzerner Kantonsrat.

SP, Grüne und GLP treten mit Frauen an

Von den fünf Luzerner Regierungsräten treten Reto Wyss (Mitte, seit 2011 im Amt) und Fabian Peter (FDP, 2019 gewählt) am 2. April 2023 wieder an. Der parteilose Marcel Schwerzmann hat seinen Verzicht auf eine fünfte Kandidatur vor drei Wochen bekannt gegeben. Der 2015 ins Gremium gewählte Paul Winiker (SVP) will sich nach den Sommerferien zu seinen Plänen äussern.

Sicher zu den Regierungsratswahlen antreten werden die SP, die Grünen und die GLP. Letztere hat ihre Kandidatin mit Fraktionschefin Claudia Huser bereits nominiert. Die Parteileitung der Grünen schlägt der Basis Grossstadträtin Christa Wenger vor, die SP entscheidet sich im Herbst für eine Frau aus dem Trio Ylfete Fanaj, Melanie Setz und Yvonne Zemp.