Kommentar «Chefsache»
Verheiratet heisst benachteiligt – dieses Steuersystem muss endlich korrigiert werden

Die gesellschaftliche Realität hat das Steuersystem vieler Kantone überholt. Unverheiratete Partnerschaften und Familien sind längst eine Selbstverständlichkeit – und diese zahlen auch weniger Steuern als Verheiratete. Diese Ungerechtigkeit muss aufgehoben werden. Vor allem auch, um verheiratete, erwerbstätige Frauen nicht weiter zu benachteiligen.

Jérôme Martinu, Chefredaktor
Jérôme Martinu, Chefredaktor
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«Ja, ich will!» Die Eheschliessung ist in der Schweiz nach wie vor mit steuerlichen Nachteilen verbunden.

«Ja, ich will!» Die Eheschliessung ist in der Schweiz nach wie vor mit steuerlichen Nachteilen verbunden.

Symbolbild: Andrea Warnecke/Keystone

Heiratsstrafe. So nennt man die in vielen Kantonen nach wie vor herrschende steuerliche Ungleichbehandlung von verheirateten und ehelosen Partnerschaften. Die FDP-Frauen wollen mit einer nationalen Initiative die Individualbesteuerung einführen. Die zum Teil happigen Mehrkosten für Verheiratete sollen endlich weg. Denn auch Splittingmodelle federn nur ungenügend ab. Im Kanton Luzern fordert das Gleiche nun per Vorstoss die GLP, unterstützt von FDP, SP und Grünen.

Erstaunlich sind die Argumente von CVP und SVP, die sich gegen eine Anpassung des Steuersystems stellen. Für die Familienpartei ist die Individualbesteuerung ein «unnötiges Bürokratiemonster», also ob dies ein tragendes Argument zur Beibehaltung einer Ungleichbehandlung sein könnte. Für die SVP ist die Individualbesteuerung der Ehepartner kein Thema, weil dies Steuerausfälle zur Folge hätte. Richtig gelesen: Das Argument kommt von derjenigen Partei, die normalerweise jeden Gelegenheit nutzt, um gegen Steuererhöhungen oder gar für Senkungen zu trommeln. Das ist ziemlich unglaubwürdig.

Das Steuersystem ist gesellschaftlich realitätsfremd geworden. Und es stellt zweifellos eine nicht zu rechtfertigende Ungerechtigkeit dar. Verheiratete Frauen werden in unhaltbarer Weise benachteiligt und in der Gleichberechtigung behindert. Auch die Familien mit verheirateten Eltern werden kategorisch schlechter gestellt. Es braucht dringend eine Korrektur.