Um an begehrte Ladenflächen zu kommen, werden riesige Summen geboten. Doch längst nicht alle Haus- oder Ladenbesitzer geben der Verlockung nach.
Immer mehr Uhren- und Schmuckfirmen und Kleiderboutiquen, dafür weniger Detaillisten: Der Branchenmix in Luzerns Altstadt verändert sich stark. Ein Grund dafür sind die steigenden Preise. Wie heiss begehrt Ladenflächen an bester Passantenlage in der Stadt Luzern sind, zeigt das Beispiel der Liegenschaft Grendelstrasse 2 am Schwanenplatz. Hier ist die Rigi-Apotheke eingemietet, ein Luzerner Traditionsunternehmen. Liegenschaftsbesitzerin ist Anita Schürmann. Sie hatte die Apotheke einst mit ihrem inzwischen verstorbenen Ehemann selber geführt. Heute vermietet sie die Apotheke weiter. «Ich erhalte häufig Angebote für eine andere Nutzung dieser Ladenfläche», sagt Anita Schürmann. Für einen vorzeitigen Mieterwechsel würden jeweils gewaltige Schlüsselgelder angeboten – «ab einer Million Franken aufwärts».
Schlüsselgelder sind einmalige Zahlungen, mit denen sich der künftige Mieter in die Liegenschaft einkauft. Sie werden in der Regel an den bisherigen Mieter ausbezahlt, damit dieser vorzeitig auszieht. Es können aber auch Provisionen für den Hauseigentümer selber sein. Der Eigentümer profitiert dann gleich doppelt: Neben dem Schlüsselgeld locken oft deutlich höhere Mieteinnahmen als beim bisherigen Mieter. Für ein einfaches Geschäftslokal in der Altstadt zahlt man heute schnell einmal monatlich 20 000 Franken oder mehr.
Auch Bruno Heini, Mitinhaber der alteingesessenen Luzerner Konditorei Heini, hat ähnliche Erfahrungen gemacht. Heini ist Liegenschaftsbesitzer in seinem Hauptgeschäft am Falkenplatz. Er unterhält aber auch eine Cafeteria an der Hertensteinstrasse, wo er eingemietet ist. «Für einen Mieterwechsel in unserer Lokalität an der Hertensteinstrasse ist uns schon ein Handgeld von 1,1 Millionen angeboten worden», sagt Bruno Heini. Von wem das Angebot stammt, will er nicht sagen.
Heini betont: «Ein solcher Mieterwechsel war uns keine Sekunde lang auch nur einen Gedanken wert.» Die Konditorei Heini wolle mit ihren Filialen weiterhin fest in der Luzerner Innenstadt verankert bleiben. Gleich sieht dies Anita Schürmann: «Dass wir einem unserer Mieter, etwa der Rigi-Apotheke, kündigen, ist für uns kein Thema. Wir haben 10-Jahres-Verträge mit Option für eine Verlängerung. An diese halten wir uns.»
Es seien vor allem grosse internationale Ketten der Uhren- oder Kleiderbranchen, die bereit seien, solche gewaltigen Handgelder zu bezahlen, sagt Schürmann. Was ist zu tun, um Eigentümer zu unterstützen, die für einen ausgewogenen Branchenmix in der Luzerner Altstadt sorgen? «Ein Eingreifen in die freie Marktwirtschaft von Seiten der Stadt ist nicht sinnvoll», sagt Bruno Heini. «Es gibt weiterhin Hauseigentümer, die nicht den allerletzten Franken an Rendite herausholen wollen – denen soll die Stadt Danke sagen.» Heini regte deshalb mit CVP-Grossstadtrat Albert Schwarzenbach die Schaffung eines Anerkennungspreises für vorbildliche Vermieter an (Ausgabe vom 20. Juli). Konkret sei in dieser Richtung noch nichts geplant, sagt der städtische Wirtschaftsbeauftragte Peter Bucher. «Die Stadt ist aber bestrebt, die Leistungen von Hauseigentümern vermehrt zu würdigen – nicht nur was den Branchenmix, sondern auch was Renovationen sowie innovative Ideen für Platznutzungen betreffe.
Um den Hausbesitzern der Altstadt den Puls zu fühlen, lud sie der Stadtrat am Dienstag zu einem Treffen ein. Über 120 Personen nahmen teil, mehr als ein Drittel aller eingeladenen Eigentümer, teilte die Stadt gestern mit. Diskutiert worden seien Themen wie Branchenmix, Bauprozesse, Verkehrserschliessung, Nutzung des öffentlichen Raums. «Die in dieser Form bisher einmalige Zusammenkunft zeigte, dass dieser Dialog hilfreich ist und fruchtbar weitergeführt werden soll», erklärt Peter Bucher.
Bruno Heini und Albert Schwarzenbach beharren derweil auf ihrer Idee eines symbolischen Anerkennungspreises für Vermieter. «Wertschätzung ist das eine, es geht aber in einem zweiten Schritt darum, vorbildliche Liegenschaftsbesitzer mit einem Award auf ein Podium zu heben», sagt Albert Schwarzenbach.
Hugo Bischof