Chefreporter Alexander von Däniken über die Kommunikationsdefizite der Luzerner Regierung
Alexander von Däniken
Und jährlich grüsst das Murmeltier. Kaum erarbeitet die Luzerner Regierung das Budget und den Aufgaben- und Finanzplan (AFP) inklusive Sparmassnahmen, ist im Kanton Feuer im Dach.
Der Regierungsrat giftelt gegen angeblich verräterische Verwaltungsangestellte und Interessenvertreter, weil einzelne Sparmassnahmen frühzeitig an die Öffentlichkeit gelangen. Wie ein Boxer, dessen Augen zugeschwollen sind, schlägt die Exekutive wild um sich. Droht gar mit Strafverfahren wegen Amtsgeheimnisverletzung (Ausgabe vom Mittwoch). «Dass diesmal auf inoffiziellen Kanälen die Medien mit den Verzichtsmassnahmen bedient wurden, verurteilt der Regierungsrat aufs Schärfste», heisst es exemplarisch in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage.
Als «Strategie des Schweigens» bezeichnen Kantonsräte die Kommunikation der Regierung. Sie empören sich zu Recht darüber, dass ihnen zwischen der Präsentation der Zahlen und der eigentlichen Debatte zu wenig Zeit bleibt. Konkret: Die Milizpolitiker wurden dieses Jahr am 22. Oktober zusammen mit den Medien offiziell über das Budget und den Finanzplan informiert. Bis zur Session vom 30. November, 1. und 7. Dezember bleiben ihnen nur gerade fünf Wochen, um sich mit dem über 300 Seiten starken Dossier zu befassen. Nur lesen reicht dabei nicht. Es gilt, die teilweise gut versteckten Sparmassnahmen herauszusuchen und allenfalls Alternativen zu erarbeiten.
Für die Öffentlichkeit ist es schwierig, die bislang bekannten Informationen richtig einzuordnen, weil die Regierung zu den meisten Massnahmen bis zur offiziellen Präsentation nichts sagen will. Medienanfragen zu Bildungsthemen zum Beispiel müssen schriftlich an die Staatskanzlei gestellt werden. Diese leitet die Fragen an das betreffende Departement weiter, das die Antworten schreibt. Die Antworten landen wieder bei der Staatskanzlei, die den Journalisten dann mitteilt, wer zitiert werden darf (meistens der parteilose Finanzdirektor Marcel Schwerzmann). Das Problem wie bei den Kantonsräten gibt es auch hier: Gibt es ausser den bereits bekannten Massnahmen noch gravierendere? Welches sind Folgen?
Diese Fragen stellen sich auch die Bürger. In den letzten Wochen haben zahlreiche Fragen unsere Redaktion erreicht, deren Beantwortung aufgrund des unübersichtlichen Materials der Regierung viel Zeit und Ressourcen beansprucht. Manche Bürger fragen sich auch zu Recht, warum nicht diejenigen Regierungsräte für jene Sparmassnahmen geradestehen, für die sie verantwortlich sind. So erklärt sich nicht Bildungsdirektor Reto Wyss (CVP) zu den Sparmassnahmen in der Bildung, sondern der Finanzdirektor.
Die Tragikomödie spielt sich nicht etwa erstmalig ab, wie die aktuelle Regierungsantwort suggeriert. Vielmehr ist es eine Dauerveranstaltung. Letztes Jahr hiess das Stück mit den bekannten Nebengeräuschen «Leistungen und Strukturen II», auch 2012 gelangte ein internes Papier mit Sparmassnahmen und Mehreinnahmen frühzeitig an die Öffentlichkeit. Dass sich künftig viel ändern wird, ist zu bezweifeln. Die Regierung kündigte am Dienstag gegenüber dem Parlament unverbindlich an, dass sie ihre Kommunikation im Rahmen des Konsolidierungsprogramms überprüfen wolle. Das Programm wird nächstes Jahr vorgestellt, zwischen 2017 und 2019 sollen jährlich 110 Millionen Franken eingespart werden.
So weit zur Bestandesaufnahme. Nun zu einer möglichen Lösung. Diese präsentiert sich in vier Punkten: