Kanton und Gemeinden einigen sich bei der Verteilung von Asylsuchenden auf ein Bonus-Malus-System. Die Umsetzung birgt Zündstoff.
Der Anreiz über das Portemonnaie ist ein effektives Mittel, wenn Staat oder Behörden ein Ziel erreichen wollen. In diesem Fall soll der Anreiz über die Gemeindekasse laufen: Kanton und Gemeinden haben sich darauf geeinigt, ein Bonus-Malus-System einzuführen bei der Verteilung von Asylsuchenden. Kurz: Gemeinden, die gemäss Verteilschlüssel vom Kanton zu wenig Plätze schaffen für Asylbewerber und Flüchtlinge, müssen künftig eine Ersatzabgabe entrichten. Gemeinden, die mehr aufnehmen als vorgegeben, sollen entschädigt werden.
So lautet jedenfalls ein Ergebnis der ersten sogenannten Asyl- und Flüchtlingskonferenz zwischen Bund, Kanton und Gemeinden. Geladen hatte am Dienstag Regierungsrat Guido Graf. Inhaltlicher Schwerpunkte war das neue Sozialhilfegesetz, das Anfang 2016 in Kraft tritt. Dazu zählt die Ersatzabgabe von bis zu 150 Franken pro Tag und fehlenden Platz für Gemeinden, die zu wenig Plätze schaffen für Asylsuchende und Flüchtlinge.
Die Forderung der Gemeinden: Die einbezahlten «Bussgelder» sollen jenen Gemeinden zukommen, die im Gegenzug mehr Plätze schaffen, als sie müssten. Denn diese derzeit 15 Gemeinden (siehe Box) tragen dafür je nachdem auch hohe Mehrkosten, etwa im Bereich Kindes- und Erwachsenenschutz oder im Schulbereich (Ausgabe vom 29. August). «Die Gemeinden wollen nicht, dass die Ersatzabgaben einfach an den Kanton fliessen», sagt Oskar Mathis, Vorstand des Verbandes Luzerner Gemeinden (VLG) und Horwer Sozialvorsteher (L20). Vielmehr solle dadurch die Solidarität gestärkt werden.
Für Regierungsrat Guido Graf steht denn auch fest: «Das Bonus-Malus-System ist unumstritten.» Und auch Graf steht dahinter, die Ersatzabgabe im Sinne eines Ausgleichsfonds zu gestalten. Im Rahmen der Verordnung zum Sozialhilfegesetz wird dies nun geregelt. Dabei wird die Regierung gemäss Graf die Anliegen der Gemeinden aufnehmen. Und hier liegt der Haken. «In der Ausgestaltung der Verordnung gibts noch Spielraum und viele offene Fragen», sagt Oskar Mathis vom VLG. Eine davon sei, wie die Ersatzabgaben berechnet würden. Auch müsse eine einheitliche Lösung gefunden werden für jene Gemeinden, welche die kantonale Vorgabe übererfüllen. Eine Gemeinde, die das derzeit tut, ist Hochdorf. Gemäss dem zuständigen Gemeinderat Daniel Rüttimann lassen sich die Zusatzkosten pro Flüchtling oder Asylbewerber nicht genau beziffern. «Das hängt immer davon ab, ob Einzelpersonen oder Familien kommen, ob die Integration gut klappt oder nicht.»
Für Diskussionsstoff dürfte auch sorgen, wann eine Gemeinde überhaupt die Ersatzabgabe entrichten muss. Für Charly Freitag, Gemeindepräsident von Beromünster, das derzeit ein klares Minus an Asylplätzen ausweist, ist klar: Bezahlen müssen nur Gemeinden, die sich unkooperativ verhalten bei der Suche nach Plätzen. «Oft ist es der Kanton, der Plätze als ungeeignet zurückweist.» Für Graf hingegen steht fest: «Wir müssen das vom Kantonsrat beschlossene Gesetz umsetzen.» Dennoch, räumt er ein, müsse auf die Lage der Gemeinden Rücksicht genommen werden.
Guy Studer